Manchmal ein Schweben auf der Bühne
Vocalive ist ein junger Chor aus Griesheim. Er möchte poppig klingen und damit bewusst anders als klassische Chöre. Mit seinem Jazz-Repertoire hat er sich weit über Südhessen hinaus einen Namen gemacht.
Eine Kneipe in Griesheim, es ist kurz vor Mitternacht. Die Probe von Vocalive ist eigentlich längst vorbei. Aber ein Teil des Chores ist danach noch weitergezogen; rund 20 Sängerinnen und Sänger sitzen nun an langen Tischen.
"Fünf, vier, drei, zwei, eins!"
Eine Sopranistin hat Geburtstag; sie wird 25. Ständchen inklusive. Einen Einsatz braucht Chorleiterin Stephanie Miceli um diese Uhrzeit nicht mehr zu geben. Es läuft ja auch so. Wie an jedem Dienstagabend hat die 46-jährige Berufsmusikerin fünf Chorproben hinter sich. Auch wenn das erschöpfend sei: Vocalive, sagt Miceli, gebe ihr auch nach dem langen Tag noch viel Energie. Unter den Amateurchören, die sie leite, sei er vermutlich der Beste.
"Also wenn ich jetzt nach Hause fahren würde, dann könnte ich, wenn ich mich jetzt sofort ins Bett legen würde, nicht schlafen. Weil ich noch sehr aufgepuscht bin, auch von der schönen Musik, die wir zusammen machen. Die hören auch gar nicht auf zu singen ... Aber hier mit den Leuten, mit denen du eben Musik gemacht hast noch von acht bis zehn dann eben noch ein Gläschen zu trinken, das ist eigentlich der gelungene Abschluss für so einen Abend."
Bei Vocalive singen zwischen 50 und 60 Menschen mit, zwei Drittel Frauen, ein Drittel Männer. Es ist ein junger Chor; das Durchschnittsalter liegt knapp über 30. Manch einer kann deshalb von sich sagen, schon das halbe Leben mitzusingen. Mindestens.
"Mein Name ist Verena. Ich bin 28 und seit 16 Jahren hier im Chor mit dabei. – Mein Name ist Claus-Bernhard Reichenbach und ich hab' den Chor 1995 kennengelernt, und das war für mich ein Chor, den hab' so noch nie gehört in dieser Art und Weise. – Janine Hanauer, ich bin seit 1995 dabei, also jetzt 17 Jahre. Ich hab kleine Pausen eingelegt, sozusagen lebenslaufbedingt. So Geschichten wie Abitur, oder Auslandsaufenthalt, Au-pair und so weiter. Aber die Gruppe hat einen immer auf dem Laufenden gehalten. Bis nach Irland kam dann Post: Wir vermissen dich, wir freuen uns, wenn du wieder da bist!"
Der Chor beherrscht ein Repertoire aus Pop, Soul, ein wenig Funk und Gospel. Seit kurzer Zeit gibt es eine CD: Für den Amateurchor ist es die erste.
"Das war eine Riesensache: einmal, dass wir vier Tage am Stück zusammen waren, am Stück von morgens bis abends, da wirklich diese gesammelte Masse an Klang versammelt zu haben. Und es war grandios für die Stimmung im Chor."
... erzählt Raphael Darius, der sowohl Tenor als auch Bass singt – je nachdem, was gebraucht wird.
"Ehrlich gesagt kann ich nicht mal Noten lesen. (lacht)"
Die Altistin Eva Schmied: "Also, ich hab' nie´ne Ausbildung gehabt oder so, es ist wirklich einfach, ich hör' mir das an und sing's nach und verändere es dann so nach und nach ein bisschen, dass es dann zu meinem Solo wird."
Miceli: "Wir sind zwar ein Chor, aber dass die Leute nicht wie ein Chorsänger singen, sondern jeder auch so ein kleines bisschen sich fühlen darf wie ein Solist. Das ist natürlich eine Gratwanderung, weil ich niemanden raushören möchte."
Das ist in der Vergangenheit mehrmals gelungen – beim Hessischen Chorwettbewerb vor drei, und beim Deutschen Chorwettbewerb vor zwei Jahren.
Sängerin: "Der letzte Satz, den die Steffi immer sagt, bevor wir auf die Bühne gehen, also neben der Anspannung, die natürlich immer herrscht, ist immer: Geht da raus und habt Spaß."
Bei beiden Wettbewerben gewann Vocalive den ersten Platz in der Kategorie "Jazz vokal et cetera – a cappella".
Miceli: "Auf der Bühne, da war auf einmal eine Magie da. Ohne Witz. Wir waren auf einmal so dermaßen gut zusammen, und das haben wir auch alle gespürt. Ich glaube, wir hatten alle das Gefühl, wir schweben. Und es war null verkrampft, also, ich kann dir nicht sagen, wieso das so war."
Vocalive soll poppig klingen – und damit bewusst anders als klassische Chöre.
"Ich glaub', wir machen auch manchmal Sachen, die vielleicht in einem traditionell-klassischen Chor vielleicht sogar verboten sind. Dass wir zum Beispiel ganz oft sehr breite 'A's' singen, wo man alle oberen Zähne sieht. Und wenn du in einem klassischen Chor singst und hast ein 'A' oder ein 'O' zu singen, dann ist der Mund immer sehr rund."
Für die Proben nimmt mancher auch weite Anfahrten auf sich – die Vocalive-Sänger verteilen sich auf einen Radius von 50 Kilometern rund um Griesheim.
Miceli: "Wollen wir uns mal gemischt stellen? Das war keine Frage! Stellt euch bitte gemischt."
Jetzt steht der Chor nicht mehr nach Stimmen getrennt, sondern ein Bass neben einem Sopran, der neben einem Tenor. Vocalive bildet einen engen Kreis. Das ist Hörtraining, auch einmal andere Stimmen als gewöhnlich neben sich zu haben.
Das letzte Stück für heute – zumindest, bevor es dann beim Bier in der Kneipe weitergeht.
Viele Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.
"Fünf, vier, drei, zwei, eins!"
Eine Sopranistin hat Geburtstag; sie wird 25. Ständchen inklusive. Einen Einsatz braucht Chorleiterin Stephanie Miceli um diese Uhrzeit nicht mehr zu geben. Es läuft ja auch so. Wie an jedem Dienstagabend hat die 46-jährige Berufsmusikerin fünf Chorproben hinter sich. Auch wenn das erschöpfend sei: Vocalive, sagt Miceli, gebe ihr auch nach dem langen Tag noch viel Energie. Unter den Amateurchören, die sie leite, sei er vermutlich der Beste.
"Also wenn ich jetzt nach Hause fahren würde, dann könnte ich, wenn ich mich jetzt sofort ins Bett legen würde, nicht schlafen. Weil ich noch sehr aufgepuscht bin, auch von der schönen Musik, die wir zusammen machen. Die hören auch gar nicht auf zu singen ... Aber hier mit den Leuten, mit denen du eben Musik gemacht hast noch von acht bis zehn dann eben noch ein Gläschen zu trinken, das ist eigentlich der gelungene Abschluss für so einen Abend."
Bei Vocalive singen zwischen 50 und 60 Menschen mit, zwei Drittel Frauen, ein Drittel Männer. Es ist ein junger Chor; das Durchschnittsalter liegt knapp über 30. Manch einer kann deshalb von sich sagen, schon das halbe Leben mitzusingen. Mindestens.
"Mein Name ist Verena. Ich bin 28 und seit 16 Jahren hier im Chor mit dabei. – Mein Name ist Claus-Bernhard Reichenbach und ich hab' den Chor 1995 kennengelernt, und das war für mich ein Chor, den hab' so noch nie gehört in dieser Art und Weise. – Janine Hanauer, ich bin seit 1995 dabei, also jetzt 17 Jahre. Ich hab kleine Pausen eingelegt, sozusagen lebenslaufbedingt. So Geschichten wie Abitur, oder Auslandsaufenthalt, Au-pair und so weiter. Aber die Gruppe hat einen immer auf dem Laufenden gehalten. Bis nach Irland kam dann Post: Wir vermissen dich, wir freuen uns, wenn du wieder da bist!"
Der Chor beherrscht ein Repertoire aus Pop, Soul, ein wenig Funk und Gospel. Seit kurzer Zeit gibt es eine CD: Für den Amateurchor ist es die erste.
"Das war eine Riesensache: einmal, dass wir vier Tage am Stück zusammen waren, am Stück von morgens bis abends, da wirklich diese gesammelte Masse an Klang versammelt zu haben. Und es war grandios für die Stimmung im Chor."
... erzählt Raphael Darius, der sowohl Tenor als auch Bass singt – je nachdem, was gebraucht wird.
"Ehrlich gesagt kann ich nicht mal Noten lesen. (lacht)"
Die Altistin Eva Schmied: "Also, ich hab' nie´ne Ausbildung gehabt oder so, es ist wirklich einfach, ich hör' mir das an und sing's nach und verändere es dann so nach und nach ein bisschen, dass es dann zu meinem Solo wird."
Miceli: "Wir sind zwar ein Chor, aber dass die Leute nicht wie ein Chorsänger singen, sondern jeder auch so ein kleines bisschen sich fühlen darf wie ein Solist. Das ist natürlich eine Gratwanderung, weil ich niemanden raushören möchte."
Das ist in der Vergangenheit mehrmals gelungen – beim Hessischen Chorwettbewerb vor drei, und beim Deutschen Chorwettbewerb vor zwei Jahren.
Sängerin: "Der letzte Satz, den die Steffi immer sagt, bevor wir auf die Bühne gehen, also neben der Anspannung, die natürlich immer herrscht, ist immer: Geht da raus und habt Spaß."
Bei beiden Wettbewerben gewann Vocalive den ersten Platz in der Kategorie "Jazz vokal et cetera – a cappella".
Miceli: "Auf der Bühne, da war auf einmal eine Magie da. Ohne Witz. Wir waren auf einmal so dermaßen gut zusammen, und das haben wir auch alle gespürt. Ich glaube, wir hatten alle das Gefühl, wir schweben. Und es war null verkrampft, also, ich kann dir nicht sagen, wieso das so war."
Vocalive soll poppig klingen – und damit bewusst anders als klassische Chöre.
"Ich glaub', wir machen auch manchmal Sachen, die vielleicht in einem traditionell-klassischen Chor vielleicht sogar verboten sind. Dass wir zum Beispiel ganz oft sehr breite 'A's' singen, wo man alle oberen Zähne sieht. Und wenn du in einem klassischen Chor singst und hast ein 'A' oder ein 'O' zu singen, dann ist der Mund immer sehr rund."
Für die Proben nimmt mancher auch weite Anfahrten auf sich – die Vocalive-Sänger verteilen sich auf einen Radius von 50 Kilometern rund um Griesheim.
Miceli: "Wollen wir uns mal gemischt stellen? Das war keine Frage! Stellt euch bitte gemischt."
Jetzt steht der Chor nicht mehr nach Stimmen getrennt, sondern ein Bass neben einem Sopran, der neben einem Tenor. Vocalive bildet einen engen Kreis. Das ist Hörtraining, auch einmal andere Stimmen als gewöhnlich neben sich zu haben.
Das letzte Stück für heute – zumindest, bevor es dann beim Bier in der Kneipe weitergeht.
Viele Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.