Die katholische Prägung, das Oktroyiert-Katholische, führt doch immer zu einer barocken Explosion und zu a bisserl was Lauterem. Der Witz ist lauter, die Kalauer sind lauter vielleicht. Des ist vielleicht der Unterschied.
Film "Willkommen in Siegheilkirchen"
"Willkommen in Siegheilkirchen" zeigt Österreich und seine Menschen, wie Manfred Deix sie sah. © Pandorafilm
Begegnung mit der anderen Welt
10:24 Minuten
Feiste Körper, irre Gesichter und große Hinterteile: Immer wieder nahm der 2016 gestorbene Österreicher Manfred Deix in seinen Bildern Bigotterie, Doppelmoral und Fremdenhass aufs Korn. Markus H. Rosenmüller hat daraus einen Animationsfilm gemacht.
„Willkommen in Siegheilkirchen“ spielt im Hinterland Österreichs in den 1960er-Jahren. Hier wohnt der von allen „Rotzbub“ genannte Sohn von Wirtsleuten, der die Enge der Heimat vom prügelnden Lehrer bis zum masturbierenden Pfarrer in Karikaturen festhält.
Marcus H. Rosenmüller hat aus den Karikaturen einen Animationsfilm erstellt, der an Szenen aus Manfred Deix Leben angelehnt ist. Rosenmüller gilt seit seinem Film „Wer früher stirbt, ist länger tot“ als Pionier des neuen deutschen Heimatfilms.
Rebellion gegen die Heimat
Die einzigen Begegnungen mit Deix' Werk habe er in einer Arztpraxis gehabt, erzählt Markus H. Rosenmüller. Im "Stern" habe er hin und wieder die Comicstrips des Karikaturisten Deix gelesen: "Da ich da noch jünger war, sind sie gut in Erinnerung geblieben, da sie doch recht derbe sind."
Es sei ein großes Glück gewesen, dass er gefragt worden sei, ob er den Film realisieren wolle. "Es war 'ne tolle Begegnung mit dem Animationsfilm und ich habe unglaublich viel gelernt."
In seiner Filmografie gehe es auch oft darum, dass ein junger Bub oder ein junges Mädel gegen die Heimat rebelliere, etwa in "Wer früher stirbt, ist länger tot", "Die Perlmutterfarbe" oder "Sommer in Orange". So entstehe ein neuer Blick auf die Heimat.
Er habe auf Reisen oft das Gefühl gehabt, überall sei man sich doch schön ähnlich, ob in Indien oder Mexiko. Die Ästhetik und die Art, Geschichten zu erzählen, unterscheide sich aber sehr wohl:
Deix hatte großen Anteil am Film
Manfred Deix habe seinerzeit die erste Drehbuchfassung freigegeben. Die Geschichte, der Plot sei aus seiner Biografie heraus entstanden: "Er ist der Bub, der in dem Dorf aufwächst, am Stammtisch." Deix´ Vater sei wirklich Kriegsinvalide gewesen, dem ein Arm fehlte. Da gebe es viele Parallelen.
Der größte Aspekt sei jedoch, dass der Film Deix' Ästhetik des Zeichnens übernommen habe, so etwas wie die Locations, die Natur, den Zeichenstil, der sei sehr aquarellig. Bis auf drei Figuren stammten der gesamte Cast, die Figuren, aus Deix' Œuvre. Von daher habe Deix einen großen Anteil am Film gehabt.
Kampf gegen das Scheinheilige und Frömmlerische
Rosenmüller und sein Team hätten sehr lange dran gearbeitet, "bis die Hauptthemen von Deix geschmeidig in einer Geschichte Platz hatten". Deix habe gegen das Scheinheilige in der Kirche gewettert, gegen das Frömmlerische in der Gesellschaft, was auch die Sexualität angehe, und die Scheinheiligkeit in der Politik.
Er sei im Wirtshaus aufgewachsen und habe zunächst das, was er dort von Ewiggestrigen gehört habe, für bare Münze genommen. Erst später habe er sich in ein Roma-Mädchen verliebt. "Und durch diese Begegnung mit der anderen Welt – das war einfach diese Aufgabe."
All sein künstlerisches Schaffen, seinen künstlerischen Inhalt, seine Ästhetik, sein echtes Aufwachsen geschmeidig zu erzählen, dass es eine runde Geschichte werde, an der man Spaß hat.
Denn das war ihm auch wichtig: Dass man Spaß hat!
(ros)