Manfred Stolpe wird 80

Landesvater mit umstrittenen Stasi-Kontakten

Der ehemalige Ministerpräsident von Brandenburg, Manfred Stolpe, spricht am 10. Mai 2016 während der Vorstellung des Buches "Manfred Stolpe - Von Pommern nach Potsdam" in der Landesvertretung Brandenburg in Berlin
Der ehemalige Ministerpräsident von Brandenburg, Manfred Stolpe, spricht am 10. Mai 2016 während der Vorstellung des Buches "Manfred Stolpe - Von Pommern nach Potsdam" in der Landesvertretung Brandenburg in Berlin © picture alliance / dpa / Gregor Fischer
Von Vanja Budde |
Zu DDR-Zeiten verhandelte Manfred Stolpe mit der Stasi. Nach der Wende war er Ministerpräsident Brandenburgs und Bundesverkehrsminister. Nun wird er 80 - und manche wissen nicht, ob sie ihn in liebevoller Erinnerung behalten oder wegen seiner Stasi-Kontakte verdammen sollen.
"Ich kenne Manfred Stolpe seit den 80er-Jahre aus der evangelischen Studentengemeinde in Berlin."
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, von der SPD, und damit auch Parteifreund des Jubilars:
" Er war für uns damals schon jemand, der immens wichtig war, auch für die Oppositionellen in der DDR, weil viele von uns auch seine Telefonnummer damals schon hatten, falls irgendwas passiert, falls irgendwie die Polizei, Stasi zuschlägt, dass wir wissen, welchen Anwalt wir anrufen können."
Manfred Stolpe arbeitet damals als Jurist für die Evangelische Kirche. Die Debatte um seine Stasi-Kontakte überschattet später seine Amtszeit als Ministerpräsident Brandenburgs von 1990 bis 2002. Er habe sich über die große Aufregung gewundert, sagt Stolpe heute:
"Denn jeder, der die Verhältnisse kannte, musste eigentlich wissen, dass wenn man etwas erreichen wollte, Leute aus dem Gefängnis holen oder Menschen die Ausreise vermitteln, dann musste man auch mit denjenigen reden, die den Schlüssel hatten."

Manfred Stolpe hat die Ampelkoalition gewagt

Axel Vogel ist Fraktionschef der oppositionellen Grünen im Potsdamer Landtag. Auch er kennt Manfred Stolpe schon seit Jahrzehnten:
"Natürlich wird im Rückblick vieles verstellt durch die Auseinandersetzung darüber, ob er IM gewesen ist, was man in der politischen Auseinandersetzung nicht behaupten darf, nach einem Verfassungsgerichtsurteil, das er erwirkt hatte."
Der stets freundliche Stolpe habe in seinem politischen Leben oft Mut bewiesen, lobt Vogel:
"Insbesondere, dass er es tatsächlich gewagt hat, 1990 nach der ersten Landtagswahl in Brandenburg nicht den einfachen Weg einer SPD-CDU-Regierung zu gehen, sondern sich in das Wagnis einer Ampelkoalition von SPD, FDP und Bündnis 90 zu stürzen."
In diesen bewegten Zeiten habe der unaufgeregte und auf Ausgleich bedachte Manfred Stolpe wie ein Rettungsanker gewirkt, erinnert sich Matthias Platzeck, der 2002 dessen Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten wurde.:
"Er hatte etwas ausgesprochen Einnehmendes, Beruhigendes und ein bisschen so was wie ein Fels. Also Manfred Stolpe hat dieses disparate, strukturschwache, überhaupt nicht selbstgewisse Land Brandenburg letztlich installiert, den Menschen Mut gemacht, sie zusammengehalten, und heute ist es ein Land, wo Institute wie Prognos sagen: Es hat im Osten mit die besten Zukunftsaussichten und Perspektiven und dafür hat Manfred Stolpe das Fundament gelegt."
Gemeinsam mit seiner Sozialministerin Regine Hildebrandt. Die Wahl von 1994 brachte Stolpe die absolute Mehrheit. Doch die SPD-Alleinregierung habe dem Land nicht unbedingt gut getan, meint der Grünen-Politiker Axel Vogel:
"Da hat er das gemacht, was sozialdemokratische Ministerpräsidenten üblicherweise machen: Sie treten für die Kohle ein, sie treten für die Industrie ein, sie sorgen dafür, dass möglichst große Autobahnen gebaut werden und möglichst alles zentralisiert wird. Im persönlichen Umgang war er ganz anders."

Stolpe würde heute misstrauischer sein

Als Stolpe das Amt 2002 überraschend aufgab, hinterließ er neben der am "Nein" der Brandenburger gescheiterte Länderfusion mit Berlin auch Investitionsruinen und für die Braunkohle abgebaggerte Dörfer. Im Amt des Bundesverkehrsministers musste er sich dann mit dem Scheitern der Lkw-Maut herumschlagen. Auf die Frage, was er heute anders machen würde, sagt er:
"Ich hätte misstrauischer sein müssen, auch bei Gesprächen in DDR-Zeiten, auch bei Gesprächen mit Wirtschaftsvertretern nach 1990. Ich habe erst lernen müssen, dass man nicht jedes freundliche Lächeln und jedes Versprechen glauben muss. Also es tut mir leid, aber ich hätte wirklich misstrauischer, man kann auch sagen sorgfältiger sein müssen."
Er habe aber nie jemanden hereingelegt oder irgendwie gelinkt, sagt Stolpe. Er wirkt im Reinen mit sich. Zusammen mit seiner Frau Ingrid, mit der er seit 1961 verheiratet ist, hat er ein Buch über beider schwere Krebserkrankungen geschrieben. Heute leben die Stolpes in einem Seniorenheim in Potsdam. Er kümmert sich mit um die Enkelkinder, ist im Deutsch-Russischen Forum aktiv und in einer Stiftung gegen Rassismus.
"Muss ein bisschen aufpassen, dass ich nicht so eine Art Leithammel hier werde. Das muss man aufpassen, dass man das eigene Zeitlimit und die eigenen Kräfte nicht überschätzt."
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