Streit um die Nutzung von Turnhallen
Jeder wirft dem anderen vor, er setze die Prioritäten falsch: Der Berliner Senat sagt, er brauche viele Turnhalle für die vielen Flüchtlinge. Und der Berliner Sport sagt: Schafft andere Unterkünfte, denn den Sport und damit auch die Turnhallen braucht ihr für die Integration.
Abends 21 Uhr in einer Sporthalle in Berlin Zehlendorf. Die Hockeymädchen aus Zehlendorf spielen gegen die aus Spandau. Mehr Kinder als sonst, spätere Hallenzeiten, die Vereine sind zusammengerückt. Erst gegen halb elf werden die Spandauer Mädchen zuhause sein.
"Viel weitere Anreise, großes Verständnis der Eltern, viel Fahrerei, Fahrgemeinschaften bilden usw.", klagt Marie Theres Gnauert vom Deutschen Hockey Bund. Knapp 50 Sporthallen sind in Berlin mit Flüchtlingen belegt, viele andere sind baufällig und nicht nutzbar. Ein Drittel der Trainingszeiten haben die Hockeyspieler verloren und das mache sich bemerkbar: "Und man sieht schon deutlich die ersten Resultate. Wer nicht fleißig trainiert und weniger Trainingszeit zur Verfügung hat, da sieht man sofort das Resultat, gerade in der Jugend."
Unklarheit über möglicherweise noch weitere Hallenschließungen
Die Berliner U16 Auswahl war gerade beim Länderpokal so schlecht wie nie. Für die Vereine bedeutet das im kommenden Jahr weniger Zuschüsse und viele verzeichnen die ersten Austritte, sagt Trainer Christian Popitz: "Da kommt Unzufriedenheit rein, die Eltern sind enttäuscht, immer wieder müssen wir neue Trainingspläne schreiben, was für uns auch bedeutet, nicht nur die Spieler und die Sportler haben kein Sport, sondern die Trainer, die das alles bei uns nebenberuflich machen, verlieren ihre Trainingszeiten, die sind auf das Geld schon angewiesen, planen damit und haben nun große Probleme, ihren Alltag damit zu bewältigen."
Ob die Vereine noch mehr Hallen verlieren ist unklar. Die Berliner Sozialverwaltung hält sich die Belegung weitere Hallen offen. Als erster Bezirk in Berlin hat Spandau nun die Reißleine gezogen. Freiwillig gebe er keine Sporthalle mehr her sagt Bürgermeister Helmut Kleebank. Helfen wird ihm diese Ankündigung vermutlich nicht. Der Senat hat das Recht, die Hallen auch gegen den Willen des Bezirks zu beschlagnahmen: "Das kann der Senat tun. Das muss er dann aber auch tun. Wir aus Spandau werden aber keine einzige Sporthalle mehr zur Verfügung stellen."
Einige Hallen sind in Berlin bereits beschlagnahmt worden. Für Klaus Böger, den Präsidenten des Landesportbunds Berlin ist das keine gute Idee, denn auch für Flüchtlinge sei das Vereinssportsystem wichtig: "Sporthallen sind dann unabweisbar in Katastrophenfällen. Nun ist die Flüchtlingsfrage eine riesige Herausforderung, aber kein Katastrophenfall. Mehr als 100 Sportvereine in Berlin bieten aktiv Integrationshilfe an. Wie wollen Sie überhaupt die Integration meisten, wenn nicht über Sport und Sportangebote?"
Senat prüft offenbar kaum Alternativen
Von den Bezirken angebotene Alterativen seien nicht geprüft worden. Sporthallen wegen der vorhandenen sanitären Anlagen eben eine einfach Lösung, so Böger. Betroffen ist auch schon Berlins wichtigste Leichtathletikhalle, in der nun nicht mehr für den Spitzensport trainiert werden kann, sagt Frank Schlizio, der Leistungssportbeauftragte des Sportbundes:
"Wir haben ja im nächsten Jahr olympische Spiele, wir müssen ja unseren Auftrag erfüllen, mögliches viele Sportler aus Berlin nach Rio zu bringen. Und da gehören die Leichtathleten zu sehr aussichtsreichen Kandidaten und da gehören auch die Volleyballer und die Handballer zu denen, auf die wir hoffen und insofern ist es für uns natürlich schwierig. Obgleich wir natürlich nicht aufwiegen wollen, das Schicksal von flüchtenden Menschen gegen den Leistungssport."
Also bauen die Sportler, die bereits mehrmals völlig überrascht vor verschlossenen Türen standen, dann eben zusammen mit anderen freiwilligen Helfern Betten für Flüchtlinge auf. Ein Dauerzustand kann das für den Berliner Sport nicht sein.