Manifest der freien Straße

"Denken Sie sich mal die Autos weg!"

05:48 Minuten
Illustration einer begrünten Straße in der Stadt
Blick in eine mögliche Zukunft der Stadt: Auch dem Klima und damit dem Leben künftiger Generationen kommen "befreite Straßen" zugute, argumentieren die Initiatoren des Manifests. © Manifest der freien Straße / paper planes e.V.
Weert Canzler im Gespräch mit Ute Welty |
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Private Autos abschaffen und so mehr Lebensqualität in den Städten gewinnen: Das fordert eine Initiative in einem sieben Punkte umfassenden Manifest. Der Mobilitätsforscher Weert Canzler erklärt, was alles auf freiem Parkraum möglich wäre.
Es ist ein typisches Bild: Deutsche Städte sind weitgehend zugeparkt. Muss das so sein – und vor allem: Muss das so bleiben? Die Initiative "Straße befreien" will dazu animieren, sich eine andere Szenerie vorzustellen, und ruft zum Handeln auf. Hinter dem Projekt steht nach eigener Darstellung "eine breite Allianz aus Wissenschaft, Forschung und Initiativarbeit". Drei Berliner Akteure bildeten den Kern: paper planes e.V., WZB und TU Berlin.

"Die Nutzung des Stadtraums als Parkplatz ist ein fundamentales Missverständnis. Echte Freiheit beginnt jenseits unserer privaten Autos. Befreien wir uns von ihnen!"

Mobilitätsthese, Manifest der freien Straße

Das ist eine Kernthese von insgesamt sieben, die in dem "Manifest der freien Straße" aufgeführt werden. Dabei liefern die Autorinnen und Autoren jeweils auch geschichtliche Hintergründe, führen Zahlen auf, erklären Begriffe und benennen Problematiken: "Ganz konfliktfrei wird der Übergang nicht sein", schreiben sie beispielsweise zu ihrem Zukunftsszenario ohne Privatautos.

Parkfläche so groß wie der Flughafen Tempelhof

Der beteiligte Mobilitätsforscher Weert Canzler wirbt dafür, die radikal erscheinende Forderung aus einem anderen Blickwinkel als dem gewohnten zu betrachten: "Denken Sie sich mal die Autos weg!" Es sei schließlich nicht immer so gewesen.
Viele Autos parken am Straßenrand vor Häusern. Auf der Straße fährt ein Auto.
Platz für Autos, kein Ort der Begegnung: Straße in Berlin© imago / Steinach
"Jahrzehntelang ist alles dafür getan worden, dass das 'Auto für jeden' zum Ideal wurde, und die mussten irgendwo abgestellt werden – und jetzt haben wir den Salat." Seit den 1950er-Jahren seien für dieses Leitbild "mit allen Mitteln der Kunst" die Infrastruktur, aber auch rechtliche und steuerliche Anreize geschaffen worden.

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Das Ergebnis, so Canzler: "In Berlin beispielsweise ist die zusammengenommene Parkfläche so groß wie der gesamte frühere Flughafen Tempelhof." Die Autos stünden "23 Stunden am Tag" herum; die jeweils 12 Quadratmeter fehlten für anderes.

Die Straße ist unser Treffpunkt mit dem Fremden. Verändern wir Straße – verändern wir Gesellschaft.

Nachbarschaftsthese, Manifest der freien Straße

Der Platz werde gebraucht: zum Wohnen und Verweilen, für Kinder, die dort spielen, und für andere Verkehrsmittel als das Auto. Auch Arbeitsräume, die sich vom Erdgeschoss in den Straßenraum hin ausbreiten, könnten laut Canzler so möglich werden.
Kinder spielen auf einer Straße in der Stadt ohne Autos.
Befreite Straßen seien "charmante Einladungen", heißt es im Manifest. Man sei auf ihnen "sicher, gesund und gerne unterwegs".© Manifest der freien Straße / paper planes e.V.
Das Manifest wolle dafür die Augen öffnen, nicht nur mit Argumenten und historischen Herleitungen, sondern auch mit Bildern. Eine "von Autos befreite, beruhigte Straße" müsse baulich so gestaltet werden, dass sie zum Verweilen einlade, betont der Forscher.
Es reiche nicht, wie auf der Berliner Friedrichstraße, "nur mit ein bisschen Farbe einen Fahrradstreifen" aufzumalen.
(bth)

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