Wie fälschungssicher sind Passfotos?
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Passfotos sollen bald nur noch bei den Behörden aufgenommen werden. Das plant das Innenministerium und will damit verhindern, dass Fotos digital manipuliert werden. Gegen diesen Plan regt sich Widerstand – nicht nur von Fotogeschäften.
In Zukunft sollen Passfotos direkt auf dem Bürgeramt entstehen und nicht mehr im Fotogeschäft. Das sieht ein Entwurf des Bundesinnenministeriums zur Änderung des Passgesetzes vor. Damit soll verhindert werden, dass Fotos für Pass oder Personalausweis manipuliert werden.
Hintergrund ist das sogenannte Morphing. Dabei werden zwei digitale Fotos zu einem verschmolzen. Das Bild, das dann entsteht, stellt keine reale Person dar, sondern enthält die biometrischen Merkmale von zwei verschiedenen Menschen. Damit können theoretisch beide den Ausweis nutzen, ohne dass es auffällt.
Dass es möglich ist, einen Pass mit einem gemorphten Foto zu bekommen, hat das Künstlerkollektiv "Peng" vor zwei Jahren bewiesen. Eine Aktivistin hat nach eigenen Angaben ihr Foto mit dem der damaligen EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini "gemorpht" und damit einen Pass beantragt.
Drei Fälle sind bekannt
Die Mitarbeiterin des Bürgeramts stutzte zwar, aber anscheinend nicht, weil sie eine Fälschung vermutete, sondern um der Antragstellerin späteren Ärger zu ersparen. So hat es die Aktivistin dem "Spiegel" erzählt. Am Ende hatte sie einen echten Pass mit einem gefälschten Foto. Das Strafverfahren gegen sie wurde später eingestellt.
Dem Bundesinnenministerium sind nach Auskunft der Pressestelle drei Fälle bekannt, in denen versucht wurde, Passbilder entsprechend zu manipulieren. Wie viele Fälle es gibt, die nicht aufgeflogen sind, kann natürlich niemand sagen.
Aber nicht nur deshalb sieht das Ministerium Handlungsbedarf. Wie ein Sprecher sagt, gehe es bei der Gesetzesänderung auch darum, eine EU-Verordnung zur Sicherheit von Personaldokumenten umzusetzen.
Wie das am Ende aussehen soll, ist noch offen, ebenso die technische Umsetzung. Bisher hat sich noch nicht einmal das Bundeskabinett mit dem Entwurf befasst, aber die Debatte darüber läuft.
Ein "Schlag ins Gesicht" der Fotofachhändler
Dafür hat die Bundesdruckerei sich schon auf die anstehenden Änderungen vorbereitet. Sie hat ein sogenanntes Self-Service-Terminal vorgestellt, mit dessen Hilfe die Bürger sämtliche persönlichen Daten inklusive Passbild für die Antragstellung selber erfassen können.
Das soll nicht nur sicherer sein, sondern auch die Mitarbeiter entlasten. Möglich wäre nach Auskunft des Bundesinnenministeriums aber zum Beispiel auch der Einsatz digitaler Kameras direkt am Schreibtisch eines Behördenmitarbeiters.
Für viele Fotoläden stellen diese Pläne ein großes Problem dar. Sie fürchten Umsatzeinbrüche, die viele Geschäfte in ihrer Existenz bedrohen. Der zuständige Bundesverband Technik des Einzelhandels BVT spricht von einem "Schlag ins Gesicht" der Fotofachhändler und schlägt eine Alternative vor.
Zusammen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik arbeite man an einem Konzept, das eine sichere und einfache Bildübertragung aus dem Laden in das Bürgeramt gewährleistet. Steffen Kahnt, der Geschäftsführer des BVT, sagt: "Wir reichen dem Innenministerium die Hand."
Ein Algorithmus gegen gemorphte Fotos
Das Bundesinnenministerium kennt den Vorschlag, weist aber darauf hin, dass dann die Fotoläden zertifiziert werden müssten, was Sache der Bundesländer wäre - und einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bedeute. Die Länder könnten im weiteren Gesetzgebungsverfahren darüber entscheiden.
Dabei gibt es eine Möglichkeit, gemorphte Fotos zu erkennen. Wissenschaftler vom Fraunhofer Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut, haben einen Algorithmus entwickelt, mit dem man manipulierte Bilder erkennen kann. Das hat im Testlauf schon in 90 Prozent der Fälle geklappt, die Forschungen sind aber noch nicht abgeschlossen.
Eine ganz andere Frage ist die des Datenschutzes. Unter anderem dürfen Fahnder und Geheimdienste seit 2017 automatisch auf Daten, also auch auf Ausweisbilder der Meldeämter, zugreifen. Dagegen hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte Verfassungsbeschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden wurde.