Marc Goodman: "Global Hack"

Rezepte gegen die Gefahren aus dem Internet

Ein Passwort wird auf einem Laptop über die Tastatur eingegeben. Die Hände auf der Tastatur tragen schwarze Stulpen. Auf dem Monitor sind die Worte "Enter Password" zu lesen. Im Hintergrund erkennt man verschwommen weitere Bildschirme.
Marc Goodman glaubt, dass die User die Gefahren digitaler Vernetzung noch immer unterschätzten. © picture alliance / dpa / Oliver Berg
Von Vera Linß |
Marc Goodman berät das FBI und Interpol in Sachen Internetkriminalität. In "Global Hack" warnt er vor den Gefahren der digitalen Vernetzung. Die furchteinflößenden Fakten hätte er in seinem Buch aber weniger alarmistisch aufbereiten können.
Hacker, die das öffentliche Stromnetz lahmlegen. Kriminelle, die Identitäten stehlen. Geheimdienste, die das Handy ausspähen. Niemand ist heute mehr so naiv, das Internet als einen "Ort friedlicher Begegnung" zu betrachten. Marc Goodman jedoch hat da seine Zweifel. Er glaubt, die Gefahren durch die digitale Vernetzung würden stark unterschätzt und es gebe nichts, "womit wir die technologische Welt sicher machen können". Ein "Rezept zum Überleben des Fortschritts" will er deshalb in seinem Buch liefern, um den "Bedrohungen, die uns erwarten" entgegenzutreten.
Furchteinflößende Fakten alarmistisch präsentiert
Marc Goodman muss es wissen: Der Sicherheitsexperte berät das FBI und Interpol in Sachen Internetkriminalität. Vor einigen Jahren hat er das "Future Crimes Institute" gegründet, um mit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt die Verbrechen der Zukunft und Abwehrstrategien zu erforschen. Datenmissbrauch im digitalen Raum ist die Grundlage seines Geschäftsmodells. Das macht ihn zum Fachmann, ohne Frage, scheint aber auch den alarmistischen Ton zu erklären, mit dem Goodman die Fakten präsentiert. Und die sind furchteinflößend.
In einem Parforceritt durch die "Geschichte organisierter Verbrecher" zeigt er, wie sehr die Gesellschaft schon jetzt bedroht ist durch Cyberkriminelle. Es gebe kein Computersystem, das nicht gehackt worden sei. Der Angriff auf die Sony Playstation 2001, der Hack des US-Einzelhändlers Target, die Sicherheitslücke Heartbleed – viele prominente Beispiele, die Goodman anführt, kennt man. Dennoch, die Zahlen beeindrucken. 49 Millionen Schadprogramme seien 2010 durchs Netz rotiert. Täglich kämen 50.000 neue Viren in Umlauf, 100 Milliarden Dollar müssten Unternehmen bis 2017 in ihre Sicherheit investieren. Allerdings mit wenig Aussicht auf Erfolg. Da die Rechenleistung von Computern und die Datenmengen exponentiell wüchsen, breite sich auch das Verbrechen exponentiell aus.
Die Intelligenz der User ausgeblendet
Goodmans Szenario ist so erdrückend, dass es paralysiert - aber auch verärgert. Denn der Experte konzentriert sich nur auf Entwicklungen, die der Gesellschaft schaden. Eingeschlossen die Aushöhlung der Privatsphäre durch Google & Co, die er zu Recht ebenfalls kritisiert. Gegenbewegungen in der Zivilgesellschaft und die Intelligenz der User aber blendet er aus. Auf ein Phishing – eine gefälschte Email etwa – würden die sofort hereinfallen, so der Autor. In Wirklichkeit aber sind viele Menschen längst sensibilisiert.
Vor diesem Hintergrund wirkt Marc Goodmans "Überlebensrezept" nicht ganz so schillernd, wie er es vielleicht gern hätte. Klug sind einige seiner Vorschläge trotzdem. Die Software-Hersteller müssten für unsichere Programme haften, ähnlich wie die Autoindustrie für Fehler gerade stehen muss. Oder Verschlüsselungstools sollten in Betriebssystemen standardmäßig eingeschaltet sein. Wie man solch sinnvolle Ideen umsetzen kann, lässt Goodman allerdings offen.

Marc Goodman: Global Hack. Hacker, die Banken ausspähen, Cyber-Terroristen, die Atomkraftwerke kapern, Geheimdienste, die unsere Handys knacken
Aus dem Englischen übersetzt von Henning Dedekind, Kathleen Mallett und Karin Miedler
Hanser Verlag, München 2015
552 Seiten, 24,90 Euro

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