Marc-Uwe Kling: "Qualityland"
Ullstein Verlag, 2017
384 Seiten, €18
Wenn Algorithmen das komplette Leben bestimmen
Bekannt wurde Marc-Uwe Kling auf Lesebühnen mit seinen "Känguru-Chroniken". Jetzt erscheint sein erster Roman "Qualityland". Der schildert eine mögliche Zukunft, in der Technik das ganze Leben dominiert. Der Autor selbst spricht von einer "lustigen Dystopie".
Das Tempodrom in Berlin mit seinem schon von Weitem auffälligen weißen Dach, einer Mischung aus Kathedrale und Zirkuszelt, ist ein Ort, der in der Regel eher die Fans von Popstars wie Tori Amos, Madness oder Alice Cooper oder Liedermachern wie Reinhard Mey und Hannes Wader anlockt. Anders am gestrigen Abend – da sollte Lesebühnenstar Marc-Uwe Kling - fast allein und ohne Känguru, dafür aber mit seinem ersten Roman "Qualityland" - die Halle füllen. Lange Schlangen am Einlass – Publikum von ca. 7 bis 70 Jahren.
Publikumsumfrage:
"Also ich mag Marc-Uwe Kling, witzig gesellschaftskritisch, das gefällt mir. Nicht nur flache Witze."
"Wir sind große Fans von Marc-Uwe Kling und vom Känguru und wir wollen mal hören, was er sonst noch so schreibt."
"Also ich mag Marc-Uwe Kling, witzig gesellschaftskritisch, das gefällt mir. Nicht nur flache Witze."
"Wir sind große Fans von Marc-Uwe Kling und vom Känguru und wir wollen mal hören, was er sonst noch so schreibt."
Die Erwartungen sind hoch, die Stimmung ist gut.
Schiebermütze, Dreitagebart, roter Pullover - visuell ein unauffälliger Typ. Sehen und gesehen werden, das ist nicht seine Welt. Apropos Welt: Um die geht es in seinem neuen Roman "Qualityland", der am 22. September als Buch und Hörbuch erscheint. Der Autor selbst spricht von einer "lustigen Dystopie". Im "Qualityland" wird der Alltag erschreckend gut vorstellbar von der Technik dominiert:
Trailer: "Willkommen in der Zukunft. Hier läuft alles rund, Arbeit, Freizeit und Beziehungen sind von Algorithmen optimiert. Quality-Partner weiß, wer am besten zu dir passt, das selbstfahrende Auto weiß, wo du hin willst und wer bei 'Der Shop' angemeldet ist, der bekommt alle Produkte, die er haben will, automatisch zugeschickt, ohne sie bestellen zu müssen, denn das System weiß, was du willst."
Lesung: "Peter Arbeitsloser hat genug. Niemand, sagt er. Ja Peter?, fragt Niemand. Niemand ist Peters persönlicher digitaler Assistent. Peter selbst hat diesen Namen gewählt, denn er hat oft das Gefühl, dass Niemand für ihn da ist, Niemand spricht mit ihm. Peter bildet sich sogar ein, dass Niemand ihn mag."
Es herrscht fast schon andächtige Stille – das Publikum hört aufmerksam zu, als es vom Autor in der ihm so typischen entspannten, manchmal schnodderig wirkenden Art und Weise auf eine Reise in die digitale Zukunft mitgenommen wird.
Buch-Elemente musikalisch verpackt
Lesung: "Exakt in dem Augenblick, als Peter zu Hause ankommt, trifft eine Lieferdrohne von The Shop ein. Über Zufälle dieser Art wundert sich Peter schon lange nicht mehr. 'Peter Arbeitsloser', sagt die Drohne fröhlich, 'ich komme von The Shop, dem größten Versandhändler'. Peter nimmt das Paket – er hat nichts bestellt. Das System errechnet für jeden Kunden, was er will und wann er es will."
Den digitalen Overkill gibt es in der Show nicht. Auf der Bühne stehen ein Stuhl, ein Tisch und als Special-Effekt wird der Vorhang im Hintergrund immer wieder in unterschiedlichen Farben beleuchtet. Doch einfach nur Lesen ist in diesem Rahmen vielleicht doch zu wenig - zur Unterstützung hat Marc-Uwe Kling Boris "The Beast" mitgebracht, einen Bassisten, der einer Hardrockband entsprungen scheint. Dieser verpackt u.a. bestimmte Elemente des Buchs musikalisch.
Lesung: "Es gibt das Buch in zwei Farben: Hell mehr Dur, Dunkel mehr Moll – die Geschichte ist die Gleiche, aber die Nachrichten und die Werbung ist anders."
Lust auf mehr
Hin und wieder greift Kling zur Gitarre und Boris "The Beast" darf von seinem Barhocker aufstehen, auf dem er den Großteil des Abends fast regungslos sitzt.
Songausschnitt: "Es geht alles viel zu schnell, ist alles nur noch virtuell. Mich gibt's nur noch im Netz, bin ein Geist ohne Leib, sagte ich zu meinem Psychotherapeuten – auf Skype."
Kurzweilig ist dieser Lese-Abend. Marc-Uwe Kling erzählt und singt von einer Zukunft, die er konsequent durchdacht zu haben scheint. Die Ausschnitte aus seinem ersten, fast 400 Seiten starken Roman machen auf jeden Fall Lust auf mehr.
Publikumsumfrage:
"Gut hat es uns gefallen."
"Ich fand das total cool."
"Das war ein erheiternder Abend, nicht spektakulär, aber ich bin erstaunt, wie so ein junger Mann in seiner schluffigen Jeans fast drei Stunden die Leute unterhalten kann und einen Saal mit 3000 Leuten füllt – hat mir gefallen."
"Ja, ich hab mehr gekriegt, als ich erwartet habe: mehr Lacher, mehr Nachdenken, mehr tieferen Sinn."
"Gut hat es uns gefallen."
"Ich fand das total cool."
"Das war ein erheiternder Abend, nicht spektakulär, aber ich bin erstaunt, wie so ein junger Mann in seiner schluffigen Jeans fast drei Stunden die Leute unterhalten kann und einen Saal mit 3000 Leuten füllt – hat mir gefallen."
"Ja, ich hab mehr gekriegt, als ich erwartet habe: mehr Lacher, mehr Nachdenken, mehr tieferen Sinn."