"Wir können kaum noch schlafen"
Regisseurin Maren Ade hat mit "Toni Erdmann" endlich wieder einen deutschen Film in den Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes gebracht. Ihre Hauptdarsteller sind Sandra Hüller und Peter Simonischek als Tochter und Vater. Wie wird der Beitrag ankommen?
Prominenter kann das Filmplakat von "Toni Erdmann" kaum hängen: an der Croisette, direkt gegenüber vom Festivalzentrum, an einer Fassade, riesig groß. Ein dunkles Fell ist auf dem Bild zu sehen, dazwischen ein blonder Schopf. Außerdem ganz groß die Namen der beiden Hauptdarsteller: Sandra Hüller und Peter Simonischek.
"Wir sind wahnsinnig aufgeregt. Wir können kaum noch schlafen. Und sind jetzt sehr gespannt."
Das sagt die Produzentin Janine Jackowski. Sie war schon auf einigen Festivals, bei der Berlinale zum Beispiel mit Maren Ades letztem Film "Alle Anderen". Aber der Druck ist groß in Cannes. Wim Wenders war mit "Palermo Shooting" 2008 der letzte deutsche Regisseur im Wettbewerb.
"Wir haben jetzt auch nichts großartig anderes gemacht als alle anderen auch. Wir haben den Film eingereicht. Aber dadurch, dass Marens letzter Film im Wettbewerb der Berlinale gelaufen ist und dort zwei Bären gewonnen hat, ist da schon eine gewisse Aufmerksamkeit da. Das heißt man hat die Filmemacher wahrscheinlich auf dem Schirm als Festival, die interessant sein könnten, die den Film gerade fertig haben. Und die werden dann mit einer größeren Aufmerksamkeit geschauten, sagen wir’s mal so. Aber ansonsten ist es eine ganz normale Einreichung."
Seit 16 Jahren arbeiten Janine Jackowski und Maren Ade zusammen. Noch während ihres Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen in München haben sie die Produktionsfirma Komplizen-Film gegründet und sich fortan daran gemacht, ungewöhnliche Arthouse-Filme zu produzieren, eine Balance zu schaffen zwischen – wie es die "ZEIT" mal schrieb - "Kamikaze, Geschäft und Kino". Viele der von ihnen produzierten Filme stammen von Frauen – Vanessa Jopp, Barbara Albert, Sonja Heiss.
"Ich habe immer das Gefühl, dass Frauen ein bisschen mehr psychologischere Stoffe machen. Und das sind die Stoffe, die mich vor allem am meisten interessieren."
Immer wieder Szenenapplaus
Und das ist auch bei Maren Ades Arbeit nicht anders. Die 39-jährige Regisseurin hat eine ausgeprägte Liebe dafür, Alltagsrealität und Beziehungswahnsinn mit viel Humor in Filme zu gießen. Auch in Toni Erdmann.
Filmausschnitt: I have to arrest you. – Witzig, Papa, nun mach das auf. – Ich weiß nicht, wo der Schlüssel ist.
Papa wollte einen Scherz machen und hat sich und der Tochter Handschellen angelegt. Jetzt ist der Schlüssel weg. Und die Tochter, die in Bukarest bei einer Consulting-Firma arbeitet, muss ihren Vater angekettet mit zum nächsten Termin nehmen. Das kommt nicht so gut an. Dabei wollte er doch die Tochter nur besuchen und das Verhältnis zu ihr verbessern. Aber die Tochter ist genervt von den ständigen Witzen, alte Konflikte brodeln unterschwellig weiter und beiden scheinen sich nicht annähern zu können.
Jackowski: "Im Endeffekt geht’s ja darum, dass ein Festival Filme spielen will, die überraschen, die außergewöhnlich sind, die sich was trauen, die halt nicht diesen normalen typischen Erzählmuster bedienen, sondern die sich was trauen."
Wie sehr auch das Publikum das bei "Toni Erdmann" zu schätzen weiß, wird sich heute Nachmittag bei der Premiere zeigen. Erst dann dürfen auch Kritiken veröffentlicht werden. Nur so viel sei schon verraten: Die Presse hat den Film bereits gesehen. Und es gab Szenenapplaus. Immer und immer wieder.