Man kann sich fragen, was Atwood hier selbst sagen würde. Und ich würde mal einfach vermuten, dass sie sagen würde: Wenn so bedrohlich agiert wird, wenn die Härte von Kontrolle, von Verbot und Strafe wieder salonfähig werden, dass da leise Töne nicht genügen.
Margaret Atwoods "Der Report der Magd"
Für das Recht auf Abtreibung: Protestierende in Washington lehnen sich mit ihrem Outfit an den Bestseller „Der Report der Magd" von Margaret Atwood an. © imago images/NurPhoto/Allison Bailey
Feuerfestes von der Visionärin
07:13 Minuten
Margaret Atwood hat sich mit einer aufsehenerregenden Aktion gegen konservative Abtreibungsgesetze in den USA gewandt. Ihren Bestseller „Der Report der Magd“ gibt es jetzt auf feuerfestem Papier. Die Autorin griff dafür selbst zum Flammenwerfer.
Margaret Atwoods Bücher werden in den USA immer wieder zensiert. So haben Schulbibliotheken ihre Werke aus dem Sortiment genommen. Aus Protest gegen konservative Abtreibungsgesetze in den USA hat die kanadische Schriftstellerin jetzt eine feuerfeste Ausgabe ihres feministischen Bestsellers von 1985 „Der Report der Magd“ herausgebracht.
Dieser Roman spielt in der Zukunft, Frauen dürfen nichts mehr besitzen und sind gezwungen, Kinder zu gebären. In einem aktuellen Werbespot für das Buch versucht Margaret Atwood selbst, das Buch mit einem Flammenwerfer zu verbrennen.
Für die Literaturwissenschaftlerin Bernadette Conrad ist diese „Bücherverbrennung“ eine „spektakuläre“ Aktion und ein „starkes Symbol“. Jetzt, wo es den USA einen großen Backlash in Sachen Frauenrechte und Selbstbestimmung gebe, erzeuge Margaret Atwood damit viel Lärm.
Ein Buch der politischen Wirklichkeiten
Dass vor allem konservative und rechte Kreise gegen das Buch so massiv vorgehen würden, habe damit zu tun, dass es ein „sehr furchtloses Buch ist“, sagt Bernadette Conrad. Niemand könne es einfach ins Reich der Fantasie verweisen, sondern das Buch sei selbst aus der Anschauung politischer Wirklichkeiten entstanden.
Im Vorfeld der Veröffentlichung im Jahr 1985 sei sie in Afghanistan gewesen und habe sich dort die Lage der Frauen angeschaut. Außerdem habe sie eine Weile in Ost-Berlin gelebt. Alle diese Realitäten seien damals mit in das Buch eingeflossen.
Die "Zu-Ende-Denkerin"
Man könne Margaret Atwood eine große „Zu-Ende-Denkerin“ nennen, so Bernadette Conrad. Mit „Der Report der Magd“ zeige sie, „wohin es führen kann, wenn Frauen und die weibliche Fähigkeit des Gebärens für politische Zwecke in dieser Weise benutzt und missbraucht werden“.
Schon immer sei die Schriftstellerin eine „hellwache Zeitgenossin“ gewesen, die Zusammenhänge oft früher als andere erkannte habe. Das mache sie zu einer „Visionärin“, sagt die Literaturwissenschaftlerin. „Ich denke zum Beispiel an ‚Survival‘. Da hat sie in den 70er-Jahren einen ganz neuen Blick auf kanadische Literatur geworfen.“