"Es handelt sich da um sehr grundlegende Kämpfe"
28:44 Minuten
Mit ihren Kolumnen fordert Margarete Stokowski das Patriarchat heraus - oder das, was davon übrig geblieben ist. Im Gespräch spricht sie darüber, warum ihre schärfsten Kritiker sich selbst entblößen.
Als Kolumnistin zunächst bei der "Taz" und dann bei SpiegelOnline ist die feministische Publizistin Margarete Stokowski einem größeren Publikum bekanntgeworden. Ihr neues Buch, eine Sammlung bereits zuvor erschienener Texte und Artikel, trägt den provokanten Titel "Die letzten Tage des Patriarchats".
Ein langsamer gesellschaftlicher Wandel
Auf die amüsierten Nachfragen, um wie viele Tage es sich dabei denn handle, könne sie zwar keine konkrete Antwort geben, sagte Stokowski im Deutschlandfunk Kultur:
"Es geht da um einen sozialen Wandel, bei dem es natürlich nicht so ist, dass man sagen könnte: ‚Wir rufen jetzt die Gleichberechtigung aus und die ist dann ab dem nächsten Tag auch tatsächlich der Fall!‘ Sondern es ist ein System, das sich langsam abschafft, das sich dagegen aber auch sehr wehrt.
Wir sehen ja jeden Tag in den Nachrichten, wie stark der Backlash ist, wie laut es wird, wenn Frauen sich gegen Ungerechtigkeiten aussprechen und dann sozusagen der Rückschlag kommt. An dieser Tatsache sehen wir auch, dass es wirklich um etwas geht. Bis vor ein paar Jahren gab es wohl noch mehr Leute als heute, die gesagt haben: ‚Eigentlich ist Gleichberechtigung schon erreicht. Da gibt es noch so ein bisschen Kleinkram, aber das wird sich mit der Zeit von alleine erledigen.‘ Ich glaube, jetzt sehen wir, dass es sich um wirklich sehr grundlegende Kämpfe handelt."
Insbesondere auch an hart umkämpften juristischen Änderungen und Auseinandersetzungen ließe sich das nachvollziehen: Die "Ehe für Alle" wurde eingeführt, das Sexualstrafrecht wurde verschärft und die "Pille danach" ist jetzt rezeptfrei erhältlich. Andererseits wolle aber etwa die AfD die "Ehe für Alle" wieder abschaffen.
Je fragiler das Patriarchat, desto lauter die Reaktion
Für ihre Kolumnen erfährt Stokowski viel Gegenwind in den Kommentarspalten und auf den Sozialen Medien. Hier habe das alte Medium "Buch" gegenüber der Onlinewelt dann doch Vorteile:
"Das Praktische an Büchern ist, dass es keinen Kommentarbereich gibt. Wenn Leute hinten Notizen machen, kriege ich das ja nicht mit."
Dass ihre Kolumnen so viel Gegenwind erfahren, erklärt sie sich so:
"Wenn man etwas hat, was sehr fragil ist, dann verteidigt man es besonders stark. Und ein bestimmtes Konzept von Männlichkeits- und Weiblichkeitsbildern ist einfach over. Leute, die das aber noch vertreten, ticken dann sofort aus, selbst wenn sie nur ganze kleine Informationen bekommen, dass zum Beispiel Frauenkörper anders bewertet werden als Männerkörper. Bestimmte Sachen wollen die nicht wahrhaben."
Die Vehemenz der Angriffe empfindet sie als Eigentore der Gegenseite. Denn:
"Offensichtlich denken sie, dass ihre Gründe nicht gut genug sind."
Wobei Stokowski auch unterstreicht:
"Ich kriege mehr positive als negative Rückmeldung zu meinen Texten. Aber die Leute sind eben immer sehr interessiert an diesen Hass-Sachen: ‚Was macht das mit Dir? Ist das krass?‘ Ich werde aber nie gefragt: ‚Was macht das mit Dir, dass so viele Leute Deine Texte mögen?‘"