Ein "Akt der Menschlichkeit"
Seit Jahrzehnten gräbt die Archäologin Margarete van Ess auf dem Gebiet des heutigen Irak. Die Region ist Schauplatz von Krieg und Gewalt. Derzeit zerstört die Terrorgruppe ISIS wertvolle Kulturgüter. Wie arbeitet man unter solchen Bedingungen?
"Mein Beruf ist kein Job, er ist eine Passion", sagt die Wissenschaftliche Direktorin der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin, Margarete van Ess. Seit mehr als drei Jahrzehnten gräbt die Spezialistin für Vorderasiatische Archäologie auf dem Gebiet des heutigen Irak. Dort sorgt heute die islamistische Terrorgruppe ISIS für Angst und Schrecken und früher Diktator Saddam Hussein.
"Selbstverständlich muss man sich überlegen, ob man in Ländern einer Diktatur einfach archäologisch forschen geht", sagt Margarete van Ess rückblickend auf ihre Erfahrungen in der Herrschaftszeit von Saddam Hussein. "Ich tue es ganz bewusst, weil ich dort und in dieser Zeit gelernt habe, mit welchem Interesse und welchem Engagement meine irakischen Kollegen an diesem Fach hängen und wie wichtig es für sie ist, im internationalen Kontakt zu bleiben." Insofern sei es auch ein "Akt der Menschlichkeit", den Kontakt aufrechtzuerhalten. Und nur so könne sich vor Ort etwas ändern.
Ihr Herzensprojekt ist die antike Stadt Uruk, die erste Großstadt der Menschheit im Südirak, errichtet um 5000 v. Chr. Hier regierte König Gilgamesch, der Held des gleichnamigen Epos. "Uruk ist meine wissenschaftliche und emotionale Heimat. Sie ist eine der Schlüsselorte in der Vorderasiatischen Archäologie, weil dort so viele Dinge initiiert wurden, die für die Menschheit wichtig sind." Die Bewohner von Uruk verfügten über ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem, sie bauten Hochhäuser und arbeiteten mit einem effektiven, Wirtschafts- und Verwaltungssystem. Sie erfanden die Keilschrift - und tranken Bier.
Viele Kulturgüter unwiederbringlich zerstört
Der Irak ist aber auch Schauplatz mehrerer Kriege, die die Arbeit der Archäologen stark beeinträchtigt haben - und viele Kulturgüter unwiederbringlich zerstörten. Gerade musste Margarete van Ess ihre lang erhoffte Rückkehr in das Grabungsgebiet absagen, wegen der Drohungen der islamistischen Terrorgruppe ISIS.
Wie gräbt sie in diesen Kriegsgebieten? Was fasziniert sie nach all den Jahren an der Archäologie?
Darüber spricht Matthias Hanselmann am Montag, 21.7., um 9:07 Uhr mit Margarete van Ess.