Maria Tudor

Die blutige Gegenreformatorin

Die englische Königin Maria I. (1516 - 1558) in einer Miniatur von Antonis Mor. Sie regierte drei Jahre, vom 19. Juli 1553 bis zu ihrem Tod.
Die englische Königin Maria I. (1516 - 1558) in einer Miniatur von Antonis Mor. © Imago / United Archives International
Von Winfried Dolderer |
Als "die Blutige" ist Englands erste Königin Maria Tudor in das historische Gedächtnis eingegangen. An ihrem großen Ziel, England für den Katholizismus zu retten, ist sie gescheitert. Heute vor 500 Jahren wurde sie im Palast zu Greenwich geboren.
Englands König Heinrich VIII. musste sich auf die freudige Nachricht hin selbst Mut zusprechen. "Wir sind ja noch jung." So antwortete der 25-jährige Monarch dem Botschafter Venedigs, der zur Geburt der Tochter Maria gratuliert, zugleich aber sein Bedauern ausgesprochen hatte, dass das Neugeborene ein Mädchen war.
Immerhin hatte Heinrichs Gattin Katharina von Aragon nach einer Serie von Fehl- und Totgeburten am 18. Februar 1516 im Palast zu Greenwich ein lebensfähiges Kind zur Welt gebracht. Doch Heinrichs Hoffnung auf einen männlichen Thronerben für die Tudor-Dynastie war unerfüllt geblieben und blieb es weiterhin. Das brachte den König schließlich auf die Idee, sich von seiner Gemahlin scheiden zu lassen, um sich mit der Hofdame Anne Boleyn zusammenzutun. Die politischen Verwicklungen, die daraus folgten, endeten mit der Trennung der englischen von der römisch-katholischen Kirche.

Misstrauen gegenüber Teilen der politischen Elite

Maria war elf, als das Ehedrama ihrer Eltern begann. Es wurde zum Trauma ihres Lebens. Sie hielt aus ganzem Herzen zu ihrer Mutter, die sich dem Scheidungsbegehren Heinrichs kompromisslos widersetzte. Sie verabscheute die reformatorischen Bestrebungen ihres Vaters und seiner Berater und klammerte sich mit umso größerer Hartnäckigkeit an den alten Glauben.
"In Leben und Tod werde ich die katholische Religion unserer Mutter, der Kirche, nicht aufgeben, auch wenn man versucht, mich mit Drohungen oder Gewalt zu zwingen."
"Sie wurde zumindest zeitweilig sehr stark auf die Seite geschoben. Das ist dann in den 1540er-Jahren etwas besser geworden. Aber während Anne Boleyn Königin war, hatte sie eine sehr prekäre Stellung, eine sehr schlechte Stellung", sagt der Freiburger Frühneuzeit-Historiker und England-Experte Ronald Asch.
"Sie ist sicherlich durch diese Erfahrung geprägt worden. Das hat auch wahrscheinlich ein gewisses Misstrauen gegenüber Teilen der politischen Elite bei ihr hinterlassen."
Dass sie im Sommer 1553 als Englands erste Königin den Thron bestieg, schien aller Wahrscheinlichkeit zu widersprechen. Ihr Vater hatte die Ehe ihrer Mutter für ungültig und sie selbst zum Bastard erklären lassen. Ihr Vorgänger und jüngerer Halbbruder Eduard VI., der Sohn, den eine der späteren Gattinnen Heinrichs VIII. doch noch geboren hatte, hatte sie von der Thronfolge ausgeschlossen, bevor er nur 15-jährig gestorben war. Die neue Monarchin trat ihre Herrschaft mit einem großen Projekt an. Sie wollte die von Vater und Halbbruder betriebene Reformation in England rückgängig machen.
"Ihre Majestät wünscht sehr und wäre froh, wenn die Religion, zu der sie sich selber immer bekannt hat und weiterhin bekennt, von all ihren Untertanen in Frieden und Liebe angenommen würde."

Etwa 300 englische Protestanten als Ketzer verbrannt

Im Europa der Glaubensspaltung hielt sich Maria an die katholische Partei unter Führung Kaiser Karls V. Sie heiratete sogar dessen Sohn, den späteren spanischen König Philipp II. Unmöglich schien das Vorhaben nicht, auch England zum alten Glauben zurückzuführen.
"Soweit wir das einschätzen können, waren die wirklich überzeugten Protestanten in England selber, als Maria ihre Regierung antrat 1553, eigentlich doch eine Minderheit. Keine ganz kleine Minderheit, konzentriert vor allem im Südosten Englands, aber doch eine Minderheit. Die Mehrheit der Bevölkerung, auch die Elite, hat sich mit ihrer Herrschaft arrangiert."
Dennoch sind unter Marias Regierung in nur drei Jahren, von 1555 bis zu ihrem Tod im November 1558, an die 300 englische Protestanten als Ketzer verbrannt worden. Das prominenteste Opfer war der Erzbischof von Canterbury, Thomas Cranmer. In Frieden und Liebe, wie Maria gewünscht hatte, war die Rückkehr zum Katholizismus offenbar nicht zu haben. Als sie im Alter von 42 Jahren starb, setzte ihre Nachfolgerin und Halbschwester Elisabeth I. den katholischen Bestrebungen ein Ende. Elisabeth wird als Begründerin englischer Glorie bis heute verehrt, während Maria unter dem Beinamen "die Blutige" im Gedächtnis blieb.
"Es blieb das Trauma in England: Der Herrscher kann den Protestantismus verraten."
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