Vom Buchtitel zum Hashtag
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Der Debütroman der Autorin Jasmin Schreiber ist gerade erschienen, im Netz ist er schon seit Tagen Gesprächsthema. Die etablierte Literaturkritik beobachte das mit einer gewissen "Nervosität", sagt der Literaturwissenschaftler Johannes Franzen.
Die Autorin Jasmin Schreiber ist Biologin, Sterbebegleiterin und Comiczeichnerin – und vor allem unglaublich gut vernetzt in den sozialen Medien: 30.000 Follower hat sie auf Twitter, 5000 auf Instagram. Seit Tagen wird unter dem Hashtag #Marianengraben über ihr erstes Buch gesprochen.
Nach Angaben des Verlags Eichborn gibt es bereits 10.000 Vorbestellungen. Die Aufmerksamkeitsmaschinerie läuft also. Der Pianist Igor Levit empfahl das Buch bereits über Twitter, Sascha Lobo steht auf dem Klappentext.
An den klassischen Gatekeepern vorbei
Über Twitter hat auch der Literaturwissenschaftler Johannes Franzen bereits erfahren, dass es sich um ein Roadmovie im Stile von Wolfgang Herrndorfs "Tschick" handle. Von einer emotionalen "Achterbahnfahrt" sei die Rede gewesen.
Zwar sei das nicht das erste Phänomen dieser Art, sagt Franzen, es sorge aber im klassischen Betrieb schon für etwas "Nervosität" bei der etablierten Literaturkritik, "weil natürlich dieses Buch jetzt an den klassischen Gatekeepern, also an den Menschen, die in etablierter Weise Macht im Literaturbetrieb haben, so ein bisschen vorbeigeschleust wurde." Dieses Buch habe bereits jetzt Erfolg, "ohne, dass die klassischen Kritiken überhaupt ihre Meinung dazu gesagt haben."
Kritisch könnte es werden, ergänzt Franzen, wenn in Zukunft eine Art "Name Economy" entstehe und vor allem die Bücher von Menschen publiziert werden, die bereits eine bestimmte Bekanntheit hätten und ein entsprechendes Netzwerk hinter sich wüssten.
(sed)