Marie NDiaye: "Die Chefin. Roman einer Köchin"
Übersetzt von Claudi Kalscheuer
Suhrkamp Verlag, Berlin 2017
333 Seiten, 22 Euro
Kulinarischer Lesegenuss
Eine Frau aus bescheidenen Verhältnissen wird zu einer berühmten Chefköchin. Dabei bleibt sie ohne die gewohnten Attitüden. Eine Künstlerin, die sich der lauten Szene verschließt und den Fokus ganz auf ihr Kochen legt. Die überragende Stilistin Marie NDiaye verknüpft auf eindringliche Weise das Porträt einer Frau aus der bildungsfernen Unterschicht mit einer feinen Analyse der französischen Bourgeoisie. Eine meisterhafte Erzählung!
Worum geht es?
Ich verschenke "Die Chefin. Roman einer Köchin" von Marie NDiaye, einer französischen Autorin. In dem Buch geht es um eine Frau, die aus sehr, sehr ärmlichen Verhältnissen kommt, vom Land in der Nähe von Bordeux. Sie ist Analphabetin, war schlecht in der Schule, aber sie hat ein ganz besonderes Talent: Sie kann kochen! Und aus diesem Talent, da macht sie sehr viel. Und zwar wird sie zu einer Starköchin mit Michelin-Sternen. Sie kommt so in einer Szene an, die sie komplett aus ihrem sozialen Umfeld heraushebt, aber ohne irgendwelche Attitüden zu entwickelt, die man mit dieser Szene verbindet. Sie wird nicht überheblich, sondern sie bleibt eine unscheinbare, verschlossene Frau, die ein Geheimnis in sich birgt. Man könnte auch sagen: Sie ist eine Künstlerin, die sich nur ihrem Kochen widmet und darüber hinaus nichts mit dem Rest der Welt zu tun haben will.
Was ist das Besondere?
Das Besondere an diesem Buch ist einerseits der wunderbare Stil, die sehr eindringliche Beschreibung dieser Frau aus ganz verschiedenen Perspektiven. Das gelingt der Autorin Marie NDiaye sehr, sehr gut. Es ist eine Verbindung aus einem Porträt dieser Person und der französischen Gesellschaft: einerseits der Bourgeoisie, die sich den Freuden der Haute Cuisine hingibt, weil es eben schick ist. Andererseits diese Frau, aus dieser bildungsfernen Unterschicht, für die Kochen eine Passion ist, eine Leidenschaft - ja man kann fast sagen es ist ihr einziger Lebensinhalt und sie geht ganz und gar in ihrer Tätigkeit auf. Zwei völlig getrennte Welten, die da aufeinander treffen, das ist meisterhaft konstruiert, erzählt und geschrieben.
Wem wollen Sie es denn schenken – und warum?
Ich werde das meinem Freund Herbert schenken, der den kulinarischen Vergnügungen auch extrem zugetan ist und der auch eine ganz eigene und besondere Persönlichkeit ist.