Ein Märchenschloss als Zankapfel
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Vermarktet wird Schloss Marienburg als Symbol der Liebe. Doch das ist schwierig, seit Ernst August Prinz von Hannover die Schenkung an seinen Sohn wegen groben Undanks widerrief. Nun streitet man darüber, wer der Eigentümer der Welfenburg ist.
Auf einer Anhöhe über dem Leinetal erhebt sich Schloss Marienburg mit dem mächtigen Turmquader in der Mitte. Ein Schloss wie aus dem Bilderbuch, das tatsächlich gern als Filmkulisse genutzt wird.
Redakteurin Michaela Herold von Radio Bremen: "Wir haben Schlösser gescoutet für den Märchendreh und uns für Schloss Marienburg entschieden, weil es zwei Vorteile hat: Einmal unglaublich schöne Außenperspektiven, eine Treppe hier, kleine Türmchen da, einen farbigen Aufgang dort - und es hat eine wahnsinnig toll ausgestatte Küche. Messingtöpfe, einen phantastischen Herd - und das haben wir mit Freuden genommen."
Einst ein Liebesgeschenk an die Ehefrau
Nicht nur an Märchendrehs, sondern auch an Konzerten oder Führungen wächst das Interesse. Von 30.000 im Jahr 2005 stieg die Zahl der Besucher in zehn Jahren auf 200.000 an. Den Prozess hat Ralph Jarrett begleitet, er ist zuständig für Marketing der Betreibergesellschaft EAC GmbH:
"Wir haben im Jahr rund 500 Veranstaltungen der unterschiedlichsten Art - all dieses kann nur in der Hauptsaison durchgeführt werden und nicht in den Wintermonaten, bedingt dadurch, dass wir keine Heizung haben."
Denn das Schloss ist ein kalter Kasten mit rund 140 Zimmerchen und Zimmern. Hier und da blättern Putz und Farben - und nicht nur die Fenster sind alt. Der 35-jährige Ernst August, Erbprinz von Hannover, könne die Lasten nicht mehr tragen und wollte die Burg am liebsten für einen symbolischen Euro in die Verantwortung des Landes Niedersachsen übergeben. Das Schloss, erst 150 Jahre alt und ein Liebesgeschenk an seine Ehefrau Marie, wurde von den Welfen nur ein Jahr lang bewohnt. Es soll zur Bauzeit eines der modernsten seiner Art gewesen sein - und nun ein Sanierungsfall. Von 27 Millionen Euro Renovierungskosten ist die Rede.
"Man darf ja nicht vergessen, dass das Schloss 1867, nachdem Königin Marie auch ins Exil nach Österreich gegangen ist, bis 1945 unbewohnt war. Man kann sich vorstellen, dass in fast allen Bereichen etwas restauriert werden muss."
Grüne gegen Sonderbehandlung der Eigentümer
Gegen den Verkauf hat Vater Ernst August von seinem Wohnsitz in Österreich aus Veto eingelegt. Er habe die Schenkung an den Sohn von 2004 schon vor zwei Jahren widerrufen, zur Hochzeit des Erbprinzen mit Ekaterina Malysheva, einer russischen Designerin. Ernst August Senior, der seinen Ruf als Rüpel nie losgeworden ist, lebt seit fast zehn Jahren getrennt von Caroline von Monaco in Österreich. Zur Hochzeit seines Sohnes in Hannover kam er nicht. Ernst August Junior ist der ältere von zwei Söhnen aus erster Ehe - und sollte Erbfolger werden. Nun wird immer deutlicher, dass es zwischen beiden nicht nur um Streit in einer reichsten Adelsfamilien Europas geht, sondern um ein sehr grundsätzliches Verhältnis zum kulturellen Erbe, nicht nur innerhalb der Familie, sondern auch zwischen Land und Adel. Wer trägt eigentlich welche Verantwortung? Die Kritik am Verkauf wächst. Stefan Wenzel, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im niedersächsischen Landtag:
"Ich halte es für notwendig dieses Objekt, was ja ein Kulturgegenstand ist, und den Eigentümer genauso zu behandeln wie jeden anderen Eigentümer von einem Kulturdenkmal auch. Und das heißt, er ist unterhaltspflichtig - und wenn er mit seinem Geld nicht auskommt, kann er einen Antrag stellen und Unterstützung beantragen. Dann gibt es, wie bei jedem anderen Niedersachsen auch, eine Bedürftigkeitsprüfung."
2005 zum Beispiel wurden rund 20.000 Kulturgegenstände versteigert - mit einem Sensationserlös von 44 Millionen Euro, von dem nur wenige Millionen ins Schloss investiert wurden. Wenzel hat rund um die Schenkung und die Verkäufe der letzten Jahre ein paar Fragen:
"Ist da mal Schenkungssteuer gezahlt worden? Ist Erbschaftssteuer gezahlt worden? Wie wurde das deklariert? Was ist aus den 44 Millionen geworden, sind die versteuert worden? Man kann nicht einfach sagen, die sind weg! Und jeder Steuerzahler würde diese Fragen beantworten müssen – und auch die Welfenfamilie muss sich dem stellen."
Aber nicht nur die Opposition, auch CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer signalisiert Widerstand gegen seinen Parteikollegen Björn Thümler:
"Weil die derzeitige Rechtslage so kompliziert ist, dass beim besten Willen nicht sicher feststellbar ist, wer wirklich Eigentümer der Burg ist."
Man solle eine andere Lösung finden. Zum Beispiel prüfen, ob nicht der Erbprinz selbst die Burg kostendeckend betreiben könne - oder eine Stiftung.
"Es geht ja nicht nur um das Schloss, sondern es geht ja auch um die noch vorhandenen Kunstschätze, die einen Wert von sechs Millionen Euro haben sollen. Warum packt man nicht gleich beides in eine Stiftung – die Kunstgegenstände und das Gebäude -, das wäre eine denkbare Lösung."
Das Land und die Welfen
Das Schloss ist aber nur ein Beispiel für bedeutsames Kulturgut, das noch im Besitz der Welfen ist. Ob Gebäude oder Gemälde – oft hängt daran jahrhundertealte europäische Geschichte, beginnend mit Heinrich dem Löwen im 12. Jahrhundert. Eine seiner Burgen, Alt-Calenberg, ist heute eine Ruine – und immer noch im welfischen Besitz, der direkt unterhalb von Schloss Marienburg liegt.
"Ich beobachte seit 40 Jahren, wie diese alte Stammburg Alt-Calenberg verfällt. Und das begann schon zur Zeit des Großvaters des jetzigen Erbprinzen", erklärt der Historiker Carl-Hans Hauptmeyer. Land und Welfen müssten auf vielen Ebenen klären, wie man mit dem gemeinsamen Erbe umgehen wolle.
"Wenn ich mir das im Rückblick anschaue, dann habe ich den Eindruck, dass sowas wie ein permanenter runder Tisch gefehlt hat, an dem die welfischen Interessen, die Interessen des Landes Niedersachsen und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger immer mal wieder miteinander abgewogen wurden."
Der Klärungsbedarf jedenfalls ist groß. Und er geht weit über das Schloss Marienburg hinaus.