Marienkäfer im pervertierten Kampfeinsatz
Wenn die Waffen der Natur sich ins Gegenteil verkehren: Vor wenigen Jahren wurden asiatische Marienkäfer aus amerikanischer Zucht als Nützlinge in Europa eingeführt. Nun gibt es Ärger mit dem Käfer. Ist der Nützling vielleicht doch ein Schädling?
Der neue Marienkäfer aus Asien war die Wucht: Er ist hübsch anzusehen, jedes Exemplar leuchet in anderen Farben, und dabei verputzt es die Blattläuse im Eiltempo – pro Käfer hunderte von Schädlingen am Tag. Die Freunde des biologischen Pflanzenschutzes waren beeindruckt. Flugs wurde der neue Hoffnungsträger in den Obstplantagen und Weingärten ausgesetzt - für Obst und Wein ohne giftige Insektizide.
Inzwischen macht sich Ernüchterung breit. Naturschützer fürchten um die einheimischen Marienkäfer. Die Import-Käfer sind absolut robust und nicht kaputtzukriegen, denn sie stecken voller Antibiotika, die sie in Marke Eigenbau produzieren. Ein ganzes Potpourri von Giften schützt sie vor Feinden, das wichtigste trägt den vielversprechenden Namen Harmonin. Zunächst hoffte man, dass die winterlichen Fröste den Neuankömmlingen den Garaus machen würden, so dass sie keine langfristige Gefahr fürs Ökosystem darstellen. Doch die Käfer waren schlauer. Wenn der Winter kommt, ziehen sie um die Häuser und suchen sich ein warmes Plätzchen in der Nähe der Menschen. Die Bewohner klagen dann über Allergien.
Die Ökoverbände, die natürlich wissen, wie risikoreich der biologische Pflanzenschutz für die Umwelt sein kann, versuchen nun, daraus ein Multikultimärchen zu stricken. Nun würden sich die Marienkäfer aller Länder ein Stelldichein geben und sich im friedlichen Miteinander üben. Außerdem seien die neuen Käfer viel besser für den Biolandbau als die einheimischen Arten, denn sie seien beim Futter nicht heikel. Stimmt, die Nützlinge fressen alle Arten von Läusen, hin und wieder sogar Rebläuse. Und natürlich auch jene Läuse, die den Honigtau für die Bienen liefern. Dann wird eben der Waldhonig seltener und teurer. Die Ökologie ist kein Wunschkonzert, sie kennt keine Guten und keine Bösen.
Inzwischen macht sich Ernüchterung breit. Naturschützer fürchten um die einheimischen Marienkäfer. Die Import-Käfer sind absolut robust und nicht kaputtzukriegen, denn sie stecken voller Antibiotika, die sie in Marke Eigenbau produzieren. Ein ganzes Potpourri von Giften schützt sie vor Feinden, das wichtigste trägt den vielversprechenden Namen Harmonin. Zunächst hoffte man, dass die winterlichen Fröste den Neuankömmlingen den Garaus machen würden, so dass sie keine langfristige Gefahr fürs Ökosystem darstellen. Doch die Käfer waren schlauer. Wenn der Winter kommt, ziehen sie um die Häuser und suchen sich ein warmes Plätzchen in der Nähe der Menschen. Die Bewohner klagen dann über Allergien.
Die Ökoverbände, die natürlich wissen, wie risikoreich der biologische Pflanzenschutz für die Umwelt sein kann, versuchen nun, daraus ein Multikultimärchen zu stricken. Nun würden sich die Marienkäfer aller Länder ein Stelldichein geben und sich im friedlichen Miteinander üben. Außerdem seien die neuen Käfer viel besser für den Biolandbau als die einheimischen Arten, denn sie seien beim Futter nicht heikel. Stimmt, die Nützlinge fressen alle Arten von Läusen, hin und wieder sogar Rebläuse. Und natürlich auch jene Läuse, die den Honigtau für die Bienen liefern. Dann wird eben der Waldhonig seltener und teurer. Die Ökologie ist kein Wunschkonzert, sie kennt keine Guten und keine Bösen.
Unersättlich: Marienkäfer frisst Artgenossen
Die asiatischen Kollegen fressen aber nicht nur Läuse sondern auch Artgenossen – vor allem die Eier und Larven anderer Marienkäfer. Nun pflegen diesen schönen Brauch auch unsere hiesigen Arten. Doch hier es gibt einen gravierenden Unterschied. Die asiatischen Käfer können sich an den europäischen Arten sattfressen – die europäischen Marienkäfer sterben wie die Fliegen, wenn sie asiatische Brut erwischen. Denn diese Nützlinge enthalten als Biowaffe eine Sorte Pilzsporen, sogenannte Mikrosporidien, die für unsere Marienkäfer tödlich ist.
Die sechsbeinigen Gastarbeiter im chemiefreien Obst- und Weinbau sind wirklich nicht wählerisch. Wenn es nichts Anständiges mehr zu fressen gibt, werden sie zur Not zu Vegetariern – und damit zu Schädlingen: Sie ziehen sich in Schwärmen in die Weinberge zurück und fressen an den Trauben. Das wäre an sich nicht weiter schlimm, wenn sie nicht auch noch den Wein verderben würden. Marienkäfer enthalten gallebittere Abwehrstoffe, die Fressfeinden den Appetit verderben sollen. In diesem Falle trifft es den Weintrinker, wenn die bunten Krabbler bei der Weinlese mitgekeltert werden. In den USA, in denen die Käfer schon länger als Läusebekämpfer arbeiten, entstanden den Winzern bereits erhebliche wirtschaftliche Schäden. Inzwischen klagen auch die Weinbauern in Franken über Käferwein.
Nun verbreiten interessierte Gruppen im Internet Meldungen, die Entwarnung geben. Schließlich würden die Käfer im Wein erst ab drei Stück pro Kilo Traube durchschmecken. Ein Blick in die Originalliteratur zeigt, dass dies nur die halbe Wahrheit ist: Ab drei Käfern – was bei einem Schwarm nicht gerade viele sind – bemerkt bereits jeder zweite Kunde den "Käferton" im Glas. Da sitzen vier in der Weinstube und zwei von ihnen würden den edlen Trunk am liebsten in den Blumentopf kippen. Vermutlich werden sie irgendein Pestizid als Ursache verdächtigen. Und so ganz Unrecht haben sie da nicht. Denn selbst niedliche Marienkäfer greifen zum Gift, um Konkurrenten zu beseitigen. Mahlzeit!
Literatur:
- Kögel S: Risikoabschätzung von Harmonia axyridis, dem asiatischen Marienkäfer, für den Deutschen Obst- und Weinbau. Dissertation Julius Kühn-Institut, Quedlinburg 2012
- Everts S: Invading ladybugs carry bioweapons. C&EN 2013, 27. May: 44-45
Röhrich CR et al: Harmonine, a defence compound from the harlequin ladybird, inhibits mycobacterial growth and demonstrates multi-stage antimalarial activity. Biology Letters 2012; 8: 308–311
- Schmidtberg H et al: A switch from constitutive chemical defence to inducible innate immune responses in the invasive ladybird Harmonia axyridis. Biology Letters 2013; 9: 20130006.
Cudjoe E et al: Headspace gas-chromatography mass spectrometry: a fast approach to the identification and determination of 2-alkyl-3-methoxypyrazine pheromones in ladybugs. Analyst 2005; 130: 152-155.
- Kögel S. et al: Influence of Diet on Fecundity, Immune Defence and Content of 2-Isopropyl-3-Methoxipyrazine in Harmonia axyridis PALLAS – Journal of Chemical Ecology 2012; 38: 854-864
- Brucker RM, Bordenstein SR: The hologenomic basis of speciation: gut bacteria cause hybrid lethality in the Genus Nasonia. ScienceExpress 18. July 2013
- Reynolds SE: Immunity and invasive species. Science 2013; 340: 816-817
- Kögel S et al: Diversity and frequencies of methoxypyrazines in hemolymph of H. axyridis and C. septempunctata in and their influence on the taste of wine. European Food Research and Technology 2012; 234: 399-404.
Die sechsbeinigen Gastarbeiter im chemiefreien Obst- und Weinbau sind wirklich nicht wählerisch. Wenn es nichts Anständiges mehr zu fressen gibt, werden sie zur Not zu Vegetariern – und damit zu Schädlingen: Sie ziehen sich in Schwärmen in die Weinberge zurück und fressen an den Trauben. Das wäre an sich nicht weiter schlimm, wenn sie nicht auch noch den Wein verderben würden. Marienkäfer enthalten gallebittere Abwehrstoffe, die Fressfeinden den Appetit verderben sollen. In diesem Falle trifft es den Weintrinker, wenn die bunten Krabbler bei der Weinlese mitgekeltert werden. In den USA, in denen die Käfer schon länger als Läusebekämpfer arbeiten, entstanden den Winzern bereits erhebliche wirtschaftliche Schäden. Inzwischen klagen auch die Weinbauern in Franken über Käferwein.
Nun verbreiten interessierte Gruppen im Internet Meldungen, die Entwarnung geben. Schließlich würden die Käfer im Wein erst ab drei Stück pro Kilo Traube durchschmecken. Ein Blick in die Originalliteratur zeigt, dass dies nur die halbe Wahrheit ist: Ab drei Käfern – was bei einem Schwarm nicht gerade viele sind – bemerkt bereits jeder zweite Kunde den "Käferton" im Glas. Da sitzen vier in der Weinstube und zwei von ihnen würden den edlen Trunk am liebsten in den Blumentopf kippen. Vermutlich werden sie irgendein Pestizid als Ursache verdächtigen. Und so ganz Unrecht haben sie da nicht. Denn selbst niedliche Marienkäfer greifen zum Gift, um Konkurrenten zu beseitigen. Mahlzeit!
Literatur:
- Kögel S: Risikoabschätzung von Harmonia axyridis, dem asiatischen Marienkäfer, für den Deutschen Obst- und Weinbau. Dissertation Julius Kühn-Institut, Quedlinburg 2012
- Everts S: Invading ladybugs carry bioweapons. C&EN 2013, 27. May: 44-45
Röhrich CR et al: Harmonine, a defence compound from the harlequin ladybird, inhibits mycobacterial growth and demonstrates multi-stage antimalarial activity. Biology Letters 2012; 8: 308–311
- Schmidtberg H et al: A switch from constitutive chemical defence to inducible innate immune responses in the invasive ladybird Harmonia axyridis. Biology Letters 2013; 9: 20130006.
Cudjoe E et al: Headspace gas-chromatography mass spectrometry: a fast approach to the identification and determination of 2-alkyl-3-methoxypyrazine pheromones in ladybugs. Analyst 2005; 130: 152-155.
- Kögel S. et al: Influence of Diet on Fecundity, Immune Defence and Content of 2-Isopropyl-3-Methoxipyrazine in Harmonia axyridis PALLAS – Journal of Chemical Ecology 2012; 38: 854-864
- Brucker RM, Bordenstein SR: The hologenomic basis of speciation: gut bacteria cause hybrid lethality in the Genus Nasonia. ScienceExpress 18. July 2013
- Reynolds SE: Immunity and invasive species. Science 2013; 340: 816-817
- Kögel S et al: Diversity and frequencies of methoxypyrazines in hemolymph of H. axyridis and C. septempunctata in and their influence on the taste of wine. European Food Research and Technology 2012; 234: 399-404.