Marina Weisband über politische Kommunikation

"Junge Leute merken sehr schnell, wer ehrlich zu ihnen ist"

05:16 Minuten
Marina Weisband bei der Aufzeichnung der WDR-Talkshow Kölner Treff im WDR am 26. Februar 2016
Marina Weisband über die Kommunikation mit jungen Menschen: Es geht um Zuhören und Respekt. © imago stock&people
Marina Weisband im Gespräch mit Julius Stucke · 31.05.2019
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Die traditionellen Volksparteien CDU, CSU und SPD haben Probleme, die junge Generation zu erreichen. Marina Weisband war eine führende Stimme der Piratenpartei und ist heute Mitglied der Grünen. Sie sagt: Immerhin ein CDU-Politiker kommuniziere schon so, dass es klappt.
Egal ob #FridaysForFuture oder das Video des Youtubers Rezo – die traditionell großen Parteien der Bundesrepublik, CDU und SPD, finden keinen glücklichen Zugang zu einem Teil der Menschen im Land, vor allem zu den jungen Menschen nicht.
Marina Weisband arbeitet als Expertin für digitale Bildung und Beteiligung. Sie war früher politische Geschäftsführerin der Piraten, ist heute Mitglied der Grünen und berät die Partei auch bei der Erarbeitung des Grundsatzprogramm zu netzpolitischen Fragen.

Politiker in der Filterblase

CDU und SPD müssten den Kontakt zu jungen Menschen suchen, wenn sie überleben wollen, sagt Marina Weisband. "Wenn nicht, dann nicht!" Sie vermutet, dass es den Parteien auch deshalb nicht recht gelinge, die jüngere Generation zu erreichen, weil Politiker im Alltag nur wenig mit jungen Menschen zu tun hätten. "Man umgibt sich mit einer eigenen Filterblase, immer nur mit denselben Leuten, und bekommt den politischen Diskurs der jungen Generation gar nicht mehr mit."
Die Psychologin verweist allerdings auf eine Ausnahme: Ruprecht Polenz, bis 2013 für die CDU im Bundestag, habe eine sehr positive Entwicklung durchgemacht. Der 73-jährige lasse sich auf die jungen Menschen ein. "Er kommuniziert auf Facebook und auf Twitter hervorragend", sagt Weisband. §Er hat ziemlich früh auf Rezo geantwortet und hat sehr auf Augenhöhe geschrieben. Dass er ihm in vielen Punkten recht gibt - einige Punkte sieht er anders -, das hat er dann begründet. Und das ist eigentlich genau die Kommunikation, wie junge Leute sie sich wünschen."

"Respekt und Zuhören"

Es gehe um Respekt und Zuhören, nicht darum, die krassesten Hashtags zu verwenden oder Emojis oder Memes, sagt Weisband zu den Anforderungen an die Kommunikation mit der Generation der Digital Natives. "Junge Leute merken sehr schnell, wer ehrlich zu ihnen ist und wer nicht."
Letztlich gehe es um die Frage, wie man als Politiker die Umwelt betrachte und welche Haltung man zu den Menschen habe: "Betrachtet man sie als dumpfe Wählermasse, die man in erster Linie ruhig halten muss? Oder sieht man sie als Potenzial?"
Falls die Volksparteien jetzt erkennten, dass sie die Krise ignoriert haben, dann sei das einzige, was sie tun könnten, das einzugestehen.
Auf die Frage, ob das Land mit #FridayForFuture oder den Youtubern um Rezo gerade eine außerparlamentarische Opposition erlebe, Greta Thunberg als Rudi Dutschke, sagt Weisband:
"Die außerparlamentarische Opposition? Das ist ja eigentlich das Volk in einer Demokratie! Das erleben wir gerade! Wir erleben gerade die mündigen, interessierten und lauten Bürger, die wir eigentlich immer offiziell produzieren wollten. Unser Schulsystem ist darauf ausgelegt, das zu machen."
(mfu)
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