Nachruf

Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa gestorben

Mario Vargas Llosa steht vor einem schwarzen Hintergrund. Er trägt ein dunkles Sakko und eine blau-gemusterte Krawatte.
Mario Vargas Llosa, geboren 1936, starb am 13. April 2025 in seinem Heimatland Peru © picture alliance / AP Photo / Francisco Seco
Von Tobias Wenzel |
Mit seinem Debüt „Die Stadt der Hunde“ gelang Mario Vargas Llosa 1963 der literarische Durchbruch. 2010 erhielt er den Literaturnobelpreis. In jungen Jahren ein Anhänger der kubanischen Revolution, distanzierte er sich später vom Kommunismus.
„Im ersten Kapitel des Romans „Das böse Mädchen“ rufe ich die Erinnerungen an die Zeit wach, in der man vom Kind zum Jugendlichen wird. Ich war damals geprägt von der Existenz des Mambos. Diese Musik hat eine Revolution bei den Jugendlichen meiner Generation ausgelöst. Als Jugendlicher war ich, man mag es kaum glauben, ein guter Mambo-Tänzer.“
Mario Vargas Llosa kam 1956 in Arequipa in Peru zur Welt. Noch vor seiner Geburt hatten sich seine Eltern getrennt. Er wuchs bei seiner Mutter auf, verbrachte seine Kindheit in Bolivien und Peru. Mit zehn Jahren lernte er seinen Vater, einen Rundfunkjournalisten kennen, und zog mit seiner Mutter zu ihm in die Hauptstadt Lima.
„Er kam mir immer wie ein Fremder vor. Er zwang mir seine Autorität auf. Er erschlug mich geradezu damit. Er erdrückte mich. Da erschien mir das Reich der Fantasie, die Welt der Fiktion als eine Zuflucht. Nach und nach wurde es für mich zur Gewohnheit, dass ich mir diese Ersatzwelt schuf.“

Debüt: Gewalt und Korruption an Kadettenschule

Er verschlang Romane und schrieb schon bald selbst Geschichten. Sein Vater hatte ihn auf eine Militärschule geschickt. Diese Zeit verarbeitete Mario Vargas Llosa 1962 in seinem Debütroman „Die Stadt und die Hunde“. Darin beschrieb er die Gewalt und Korruption der Kadettenschule. Die Kritik saß. Der Roman wurde in Lima öffentlich verbrannt und in 20 Sprachen übersetzt. Das war der literarische Durchbruch. Anfangs arbeitete Mario Vargas Llosa noch parallel als Journalist.
Sein Studium der Literaturwissenschaften hatte er in Madrid mit einer Doktorarbeit über den kolumbianischen Schriftsteller Gabriel García Márquez abgeschlossen. Die beiden waren befreundet, bis Mario Vargas Llosa 1976 García Márquez ein blaues Auge schlug.

Kritik an Stalinismus und Kommunismus

Mario Vargas Llosa hatte sich schon als junger Mann von der Idee des Kommunismus verabschiedet, im Gegensatz zu Gabriel García Márquez, Fidel Castros Freund und Unterstützer.
„Die zeitgenössische Geschichte ist doch voll von Künstlern, Schriftstellern und Intellektuellen, die mitunter brillant, aber politisch blind gewesen sind. War nicht der größte moderne Philosoph Heidegger ein Nazi? Er hat auch sein Parteibuch mit ins Grab genommen. Einige Intellektuelle haben den Stalinismus und den Maoismus unterstützt, ungeachtet des Gulags und der Kulturrevolution.“
1989 widmete er sich ganz der Wirklichkeit und ließ sich in Peru als Präsidentschaftskandidat aufstellen, verlor aber die Stichwahl gegen Alberto Fujimori.
Aber auch auf die humorvollen Töne verstand er sich. Das beste Beispiel, sein stark autobiografischer Roman "Tante Julia und der Kunstschreiber" von 1978. Darin verliebt sich der 18-jährige Mario in seine 14 Jahre ältere Tante. Was die beiden verbindet, die Liebe zum Hörspiel. Mithilfe eines bestechlichen Bürgermeisters gelingt es den beiden zu heiraten.
Im wirklichen Leben heiratete Mario Vargas Llosa mit 19 Jahren Julia Urquídi Illanes, eine zehn Jahre ältere Verwandte. Die beiden trennten sich später. Und er verliebte sich in seine Cousine Patricia Llosa. Seit 1965 war er mit ihr verheiratet und hatte mit ihr drei Kinder.

Vargas Llosa: "Die Liebe muss ein Wagnis sein"

„Ich denke, eine Liebe, die nicht gewissen Prüfungen ausgesetzt ist, vergeht sehr schnell. Die Liebe muss in gewisser Weise ein Wagnis sein. In dem gleichen Maß, in dem die Liebe jene Menschen glücklich macht, die sie erfahren, macht sie andere unglücklich. Aber ohne die Liebe wäre doch das Leben viel düsterer und unangenehmer.“
2006 veröffentlichte Mario Vargas Llosa den Roman „Das böse Mädchen“. Die Geschichte einer obsessiven Liebe, die, wie die meisten Bücher von Vargas Llosa, ihren Ausgangspunkt in Peru hat. Zuletzt lebte der Weltbürger und Weltliterat Mario Vargas Llosa nur noch selten in Peru. Dafür lebte das Land umso mehr in seinem Gedächtnis.
„Die Jahre, die in meiner Erinnerung überwiegen, sind die Jahre meiner Jugend. Die Zeit der großen Illusionen, der intellektuellen wie der literarischen und politischen. Ich verfolge heute noch, was in Peru so vor sich geht. Aber in meinem Gedächtnis überwiegt die lebhafte Erinnerung an meine Jugend in Peru.“
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