Russland greift Ukraine an

"Das ist eine Wegscheide"

04:30 Minuten
Russische Panzer in einer Winterlandschaft
Erst waren es nur Militärmanöver, jetzt schickt Russland Truppen über die Grenze zur Ukraine: Moskau wolle eine andere Sicherheitsordnung als der Westen, sagt Markus Kaim von der SWP. © imago/ITAR-TASS
Markus Kaim im Gespräch mit Ute Welty |
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Russland verändert mit seinem Angriff auf die Ukraine die europäische Sicherheitsordnung grundlegend. Diese Analyse trifft der Sicherheitsexperte Markus Kaim. Deutschland müsse seine Haltung überdenken, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern.
Russland greift militärische Ziele in der Ukraine an. Das hat der russische Präsident Putin angeordnet. Angeblich handelt es sich um einen Einsatz in den sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Die Separatistenführer dort hatten zuvor Russland um militärischen Beistand gebeten.
Allerdings gibt es Berichte über Angriffe auch jenseits dieser Gebiete in der Ostukraine. In einer Fernsehansprache rief Putin die ukrainische Armee auf, die Waffen niederzulegen. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg.

Europäische Sicherheitsordnung ist hinfällig

Die Folgen für die europäische Sicherheitsarchitektur sind gravierend: "Ich glaube, das ist wirklich eine Wegscheide", sagt Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Die europäische Sicherheitsordnung, wie sie sich nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes entwickelt habe, sei "hinfällig" geworden.
Der Sicherheitsexperte verweist dabei zum Beispiel auf die Charta von Paris, auf einen "kooperativen Modus Operandi" und eine gemeinsame Haltung, nach der Dinge wie militärische Gewalt der Vergangenheit angehörten.

Die russische Armee greife die Ukraine aus mehreren Richtungen an, berichtet unser Moskau-Korrespondent Florian Kellermann. Die Invasion habe sich vorher schon abgezeichnet. In Russland selber bekomme man davon nichts mit, so Kellermann. Im Fernsehen werde Putins Botschaft aus der Nacht permanent wiederholt: Darin hatte er „absurde Begründungen“ für den Angriff geliefert .

Die jüngsten Entwicklungen zur russischen Militäroperation in der Ukraine können Sie auch im Newsblog des Deutschlandfunk verfolgen.

Diese Ordnung gelte noch für Westeuropa, für das NATO-Gebiet, werde aber nicht mehr für den gesamten OSZE-Raum geteilt, so Kaim: "Wir müssen uns damit arrangieren, so schwer das ist, dass Russland mit seiner gegenwärtigen Führung eine ganz andere Ordnung befürwortet. Deren Konturen sehen wir gerade im Entstehen begriffen."

Konflikt eskalierte auch ohne deutsche Waffen

Mit Blick auf die Haltung Deutschlands zu Waffenlieferungen sagt Kaim: "Das deutsche Argument hat ja nie gestimmt, dass wir Waffen nicht in Krisengebiete liefern. Das haben wir unter verschiedenen Umständen häufig getan."
Die "argumentative Front" gegen Waffenlieferungen werde immer schwächer: Auch ohne die Lieferung deutscher Waffen sei der Konflikt eskaliert.
(bth)
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