Markus Lüpertz-Ausstellung

Ein Künstler hat Federn gelassen

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Maler Markus Lüpertz. Hier in seiner Ausstellung "Kunst, die im Wege" steht in Karlsruhe vor dem Dädalus-Zyklus. © picture alliance/dpa/Uli Deck
Von Rudolf Schmitz |
„Kunst, die im Wege steht“, so heißt die Ausstellung von Markus Lüpertz im ZKM Karlsruhe. Lüpertz gibt den Malerfürsten wie eh und je - unser Autor fühlte sich vom Auftritt des angriffslustigen Malers ausgezeichnet unterhalten. Seine Kunst dagegen wirke harm- und hilflos.
Was immer man über die Malerei von Markus Lüpertz auch denkt – der Unterhaltungswert dieses Künstlers ist über jede Kritik erhaben. Ein wie immer sorgfältig gekleideter Maler, mit Einstecktuch und Gehstock mit Silberknauf, bestritt die Pressekonferenz in glänzender Laune. Den kleinlichen Gedanken, die Zeit der Malerei sei längst vorüber und gehöre in die Rumpelkammer der Geschichte, wies er mit olympischer Gelassenheit zurück:
"Sie kann nicht abgeschafft werden, nichts Göttliches kann der Mensch abschaffen. Aber wie alle Götter: Wir können verdämmern. Und wir müssen reichlich tun, und deswegen stelle ich aus auch an kriegerischen Orten, um also nicht göttlich zu verdämmern".
Kriegerischer Ort, damit war natürlich das ZKM (Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe) gemeint, das sonst eher die aktuelle Medienkunst zeigt oder sich ihrer Archäologie widmet, also den vergessenen Pionieren von Video-, Computer- oder Synthesizer-Produktionen.
"Eigentlich ist ja das ZKM der Feind. Das ist ja die andere Seite, wenn man so will. Aber das ist eben der große Verdienst von Professor Weibel, dass er einfach weiß, dass wir in dem Vergleich existieren. Und dass man eben die Malerei als Kriterium braucht, um sagen wir mal auch das zu beurteilen, was er produziert".

Bonmots zur aktuellen Kunst

Genüsslich platzierte Markus Lüpertz dann noch einige Bonmots zu aktuellen Tendenzen in der Kunst, die sich ja zunehmend politisch versteht, als Kommentatorin des Zeitgeschehens, als sozial eingreifende Aktionsform, wie es die documenta 14 in Athen gerade vorgeführt hat.
"Von den Künstlern wird ja mittlerweile gefordert, dass sie zu allen politischen Geschichten, zu allen Umweltdingen permanent Haltung nimmt, und das machen ja auch viele. Eigentlich 99 Prozent. Und das machen sie gerne. Wissen Sie warum? Weil sie auf die Qualität verzichten können".

Nachdem die Messlatte so hoch gelegt war, ging es dann in die Ausstellung, die sich in den zwei Lichthofräumen des ZKM ausbreitet. Zumindest mit der Größe, sprich: mit den Ausmaßen seiner Werke, kann Markus Lüpertz noch immer überraschen.
Markus Lüpertz ist deutscher Maler, Grafiker und Bildhauer.
Markus Lüpertz war auch zu Besuch im Deutschlandfunk Kultur.© Deutschlandradio / Ellen Wilke

Unheilschwangere Landschaft

Da sieht man dann eine monumentale Leinwandvorzeichnung von 1975, zu einer Gemäldeserie aus dem Krematorium Berlin Ruhleben. Sie breitet eine unheilschwangere deutsche Landschaft mit Architekturresten aus. Zu ihren Füßen Steingussfragmente einer zwölf Meter großen Merkur-Statue. Markus Lüpertz versteht sich, entsprechend der deutschen Nachkriegsgeschichte, als Zertrümmerer und Aufbauer in einer Person. An den Wänden dann Druckstöcke für Holzschnitte aus der Serie "Parsival – Männer ohne Frauen", zumeist androgyn wirkende Köpfe.
"Das war eine Suite und die habe ich ja quasi als Bilder entdeckt. Das sind ja Zufälligkeiten, das sind ja Fundstücke, wenn Sie so wollen. Und ich habe in diesen Druckstöcken eine Art von Malerei entdeckt, die mich fasziniert hat. Wie Aquarelle. Das sieht ja letztlich aus wie große Aquarelle, wenn man will. Diese Lasurfarben, wie sie ineinander übergehen, das sind ja Zufälligkeiten".
Lüpertz' Begeisterung für die eigenen Werke wirkt durchaus ansteckend. Und in vielen seiner Bilder und Skulpturen entdeckt man die fortwährende Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte, mit Max Beckmann, mit Ernst Wilhelm Nay, mit Picasso, mit Matisse oder Maillol.
"Also gut, das ist ja das, was ich in der Malerei propagiere: Es gibt in der Malerei nichts Neues, sondern es gibt in der Malerei nur neue Künstler. Wenn Sie mal genau drüber nachdenken, stimmt das. Die Malerei ist ein Vokabular. Und diesem Vokabular fühle ich mich verpflichtet".

Rhetorisch fit - künstlerisch mau

Markus Lüpertz ist rhetorisch überaus fit und hat es verstanden, seine Malerei als gefährliche Herausforderung der Gegenwartskunst und unserer kulturlosen Massengesellschaft zu positionieren. Doch so sehr der Löwe auch brüllt: Diese Bilder sind leider vorwiegend harmlos. Um nicht zu sagen: hilflos.
Eine Ausnahme machen da die frühen Werke der 60er Jahre. Und grade die sind in dieser retrospektiv genannten Ausstellung nicht zu sehen. Danach verliert sich Markus Lüpertz delirierend in der griechischen Mythologie, im Kampf gegen eine nicht akzeptierte Abstraktion. Mit dem 33-teiligen Dädalus-Zyklus von 2002 serviert die Karlsruher Ausstellung ungewollt das symbolträchtige Leitmotiv der Ausstellung: Federn lassend stürzt da ein hochgemuter Herausforderer der Sonne in die Versenkung.
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