Markus Lüpertz in China

Der verschwundene Kunstschatz

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Der Künstler Markus Lüpertz
Der Künstler Markus Lüpertz © picture alliance / AP / Matthias Schrader
Von Axel Dorloff |
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342 Werke von deutschen Künstlern im Wert von 300 Millionen Euro sind in China verschollen. Der Maler, Grafiker und Bildhauer Markus Lüpertz ist derzeit in Peking − weil er sich Sorgen um seine Arbeiten macht. Er prangert "kriminelle Methoden" an.
Ein echter Lüpertz in einem Fünf-Sterne-Hotel in Peking: Er trägt rosa Hemd mit großem weißem Kragen, eine schwarze Krawatte, Spitzbart und den obligatorischen Gehstock. Der deutsche Künstler Markus Lüpertz ist nach China gekommen, um seine verschollenen Bilder zu suchen.
"Ich mach mir echte Sorgen um die Arbeiten! Weil es eben wichtige Arbeiten sind. Das ist fast ein Lebenswerk, wenn Sie so wollen. Es sind aus jeder Epoche wichtige Werke und beim Anselm Kiefer ist es genauso. Wenn so Sachen unkontrolliert plötzlich verschleudert werden, das ist absurd! Vornehmlich das Hauptproblem ist, dass wir nicht wissen, wo die Arbeiten sind und nicht wissen, wie sie gelagert sind und ob sie auch Schutz und Pflege haben."

Die Firma des Partners ist pleite

Die Geschichte ist kompliziert. Die Werke gehören Maria Chen-Tu, eine Deutsche mit taiwanesischen Wurzeln. Sie hat aus ihrer Sammlung 342 Kunstwerke von Lüpertz, Anselm Kiefer und Renate Graf an einen Herrn Ma Yue verliehen. Ein chinesischer Geschäftsmann mit einer Firma in Hamburg, die aber mittlerweile pleite ist. Er sollte dafür sorgen, dass die Kunstwerke in Chinas Museen gezeigt werden. Das hat er anfangs auch getan: Es gab mehrere Ausstellungen für moderne deutsche Kunst mit den Arbeiten aus der Sammlung von Maria Chen-Tu.
"Daraufhin habe ich ihn gebeten, alle Werke der MAP-Sammlung, die sich in China befinden, auf mein Lager in Hongkong zu bringen. Dieser Bitte kam er nicht nach, ich hatte ihm mehrere Fristen gesetzt. Er hat die Fristsetzung immer wieder ignoriert. Daher habe ich am 3. Juli 2019 in Peking die Strafanzeige wegen Betrug gestellt. Seither habe ich keinerlei Nachricht von der Behörde erhalten, wie dieser Sachverhalt nun ist."

Schwarzes Schaf am Telefon

Die Kunstwerke sind verschollen. Nach Meinung von Sammlerin Chen-Tu und Künstler Lüpertz ist Geschäftspartner Ma Yue das schwarze Schaf. Er habe die Prämien für Versicherungen nicht bezahlt, er behalte die Kunstwerke ein und verschweige Details zur aktuellen Lagerung.
Ma Yue wiederum behauptet, der mündlich abgeschlossene Leihvertrag über die Arbeiten von Lüpertz, Kiefer und Graf gelte für zehn Jahre. Per Telefon meldet er sich aus Shanghai:
"Erstens haben wir das Recht, die Kunstwerke auszustellen, zu präsentieren und den Verkauf dieser Arbeiten anzubieten. Wir haben in diese Ausstellungen investiert, damit Sammler und interessierte Käufer auf die Kunstwerke aufmerksam werden. Aber Frau Chen-Tu bricht jetzt Vereinbarungen, weil sie das kommerzielle Ziel hat, selbst diese Kunstwerke zu verkaufen."

Der Skandal nervt Lüpertz

Das bestreitet wiederum Maria Chen-Tu. Während die Kunstsammlerin den Sachverhalt wenig präzise erläutert und angebliche Beweise an die Wand wirft, greift Künstler Markus Lüpertz zum Bleistift und zeichnet mit schnellen Strichen auf den hoteleigenen Papierblock. Der Skandal um seine Arbeiten nervt ihn sichtbar, er ist extra deshalb nach China gereist.
"Ich weiß ja nicht, wie die Rechtslage ist. Frau Tu ist die Eigentümerin, aber da sie die ja quasi freiwillig übergeben hat, ist offensichtlich der andere der Besitzer. Und das ist eben das Problem. Meine Sorge gilt den Arbeiten. Es muss doch möglich sein, dass man feststellt, ihn zwingt zu sagen: Wo sind die Arbeiten? Dass die betrachtet werden. Man kann nichts in Haft nehmen, in keinem Land der Welt. Und das ist eben, dass diese Art der Methode einfach kriminell ist – in meinen Augen. Und dass er damit so durchkommt! Ich meine, das geistige Eigentum bin immer noch ich. Die kann man doch nicht einfach verstecken und ich weiß nicht, wo die sind – das ist absurd."
Der ganze Fall ist absurd: verschwundene Kunstwerke im Wert von rund 300 Millionen Euro, dazu rätselhafte Protagonisten und eine Mischung aus Naivität, krimineller Energie und sich widersprechenden Aussagen. Ein Krimi aus der Kunstszene, der noch nicht zu Ende ist. Ein Teil der Werke soll in Hongkong sein – geöffnet wurden die Kisten bislang nicht.
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