Desolate Sportstätten

Mit dem Unnaer "Elterntaxi" zum Training nach Bergkamen

05:37 Minuten
Die Bergkamener Spielerinnen Claudia Weltermann, links, und Alena-Laura Hahn stehen während der Partie  ECDC Memmingen Indians vs EC Bergkamener Bären an der Bande der Auswechselbank.
Die Bergkamener Spielerinnen Claudia Weltermann, links, und Alena-Laura Hahn haben gut lachen, obwohl sie ihre Eishalle mit vielen anderen teilen müssen. © imago images/Nordphoto/Hafner
Von Heinz Schindler  · 27.03.2022
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Tausende Sporthallen sind baufällig und geschlossen. In Unna gibt es seit Jahren "Elterntaxis", um den Nachwuchs des Königsborner Eishockey-Jugendclubs zum Training ins 14 Kilometer entfernte Bergkamen zu fahren. Aber auch dort ist die Halle marode.
Die Eishalle in Weddinghofen, ganz am Rande der Stadt Bergkamen, ist seit mittlerweile vier Jahren Ausweichstätte des Königsborner Jugendeishockeyclubs aus Unna. Bei aller Dankbarkeit, die der Mannschaftsleiter Dirk Kimpel empfindet, sagt er:
„Wir sind mit sieben Gruppen da, von der U9 bis zur U20, zuzüglich der Damenmannschaft. Es ist kein Zuhause. Wir sind angekommen über die Jahre, Corona hat es natürlich auch nicht einfacher gemacht. Es läuft, aber es könnte schöner sein.“

Es wird eng auf dem Eis und in den Kabinen

Denn außer von seinem Verein wird die Halle auch noch von Eiskunstläufern aus Unna belegt, vom EC Bergkamen, vom ESV Bergkamen sowie einer privaten Eishockeyschule. Der öffentliche Eislauf kommt noch hinzu.
„Wir trainieren montags, dienstags, mittwochs und donnerstags, haben dann an den Wochenenden in jeder Liga circa zehn Heimspiele über die Saison verteilt", sagt Dirk Kimpel. "Die Trainingszeiten liegen ab 17 Uhr, 17:30 Uhr bis 22 Uhr. Wir dürfen natürlich nach hinten raus, das lässt der Betreiber ganz locker zu – was aber leider dann der Arbeitgeber bei dem einen oder anderen nicht mehr toleriert.“ 
Je zwei oder auch mal drei Jugendmannschaften müssen sich beim Training die Eisfläche teilen. In den zwei Kabinen der 40 Jahre alten Halle wird es dann schon eng. Die Notlösung ist nicht mehr als eben das, wie Kimpel erklärt:
„Es sind bis zu vier Container aufgestellt worden. Natürlich liegen die Container außerhalb, sind mit Schlittschuhen dann nicht zur Eisfläche begehbar. Man kann sich umziehen und muss dann in der Eishalle die Schuhe schnüren. Oder eben die Kabinen werden nicht wirklich kalt.“

Talentscouts können nicht klagen

Improvisieren – das gehört zum Eishockeysport oftmals mit dazu. Und so kann die Vorsitzende des Frauen-Bundesligisten EC Bergkamen, Ilona Pollmer, der Situation in der Halle sogar noch etwas Positives abgewinnen:
„Ich muss sagen, dadurch, dass wir jetzt mit mehreren Vereinen hier in der Halle sind, tun sich für uns auch Möglichkeiten auf, um junge Talente, die gerade in den U9-, U13-, U15-Mannschaften unterwegs sind, auch für unsere Bundesliga oder für unsere Liga Nord zu gewinnen. Von daher kann ich nicht sagen, dass es für uns schlechter geworden ist.“
Als Mannschaft der ersten Stunde in der Eishalle Bergkamen hat der Bundesligist, der keine Jugendmannschaft am Start hat, keine Einbußen bei den Trainingszeiten hinnehmen müssen.
„Wir sind natürlich der Platzhirsch aufgrund der 40-jährigen Vereinsgeschichte und der höchsten Spielklasse, in der wir spielen", sagt Pollmer. "Wir sind auch in ganz enger Zusammenarbeit mit der Stadt Bergkamen, die natürlich sehr froh darüber ist, dass sie eine Mannschaft in der Spielklasse hier auch vertreten hat.“

Die Bürgerinitiative „Unna braucht Eis“

Der Verein als sportliches Aushängeschild der Stadt – so würde es sich Dirk Kimpel vom Königsborner Jugendeishockeyclub auch in Unna wünschen. 120 Mitglieder hat sein Verein, 100 davon sind Jugendliche. Seit vier Jahren nun rollen die "Elterntaxis" ins elf Kilometer entfernte Bergkamen. Mit dem öffentlichen Nahverkehr dauert das eine Dreiviertelstunde. Doch die großen und schweren Eishockeytaschen im Bus zu befördern, ist ein Problem, der Busfahrplan ein weiteres. Einmal die Stunde fährt der Bus, der letzte kurz vor 20 Uhr.
Um die Eishalle in Unna wird derweilen weiterhin gestritten. Die Bürgerinitiative „Unna braucht Eis“ engagiert sich für deren Erhalt:
„Das erste Bürgerbegehren ist durchgegangen mit knapp 16.000 Befürwortern. Dieses ist aber dann von der Politik ausgesessen worden über den Zeitraum der zwei Jahre und wurde dann von dem Rat der Stadt Unna wieder abgewiegelt. Die UBE – Unna braucht Eis – hat dann ein zweites Bürgerbegehren auf den Weg gebracht und dann geht das Ganze von vorne los", sagt Kimpel.

Zweiter Anlauf

3000 Unterschriften waren für das erneute Bürgerbegehren notwendig, 4300 sammelte man binnen drei Wochen. Das macht Hoffnung, dass der Puck nach dem 15. Mai, dem Tag der Abstimmung, dann wieder bei der Politik liegen wird. Dirk Kimpel, dessen Tochter Eishockey spielt, hat sich eingelesen, hat Land, Bund, Verbände und Abgeordnete kontaktiert und will nicht aufgeben:
„Über den 'Goldenen Plan' des Landes NRW besteht auch für die Kommunen die Möglichkeit des Sportstättenneubaus, wenn die alte Sportstätte nicht mehr reaktivierbar ist. Da sollen sich eben jetzt die hohen Herren entscheiden. Wichtig ist, dass die Kinder und Jugendlichen sportlich gefördert werden und einfach aufs Eis kommen.“

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