Marsmission als Himmelsfahrtkommando

Von Guido Meyer · 06.08.2009
Ein Menschheitstraum könnte in Erfüllung gehen: In etwa 20 Jahren will die Nasa zum Mars fliegen. Dabei ist der sechsmonatige Hinflug noch die kleinste Hürde. Denn die Position von Erde und Mars zueinander erlauben eine Rückkehr der Astronauten erst nach 16 Monaten. Ein Himmelfahrtskommando, sagen Weltraum-Experten.
Alle zwei Jahre stehen Erde und Mars in einer günstigen Reisekonstellation. Dann ist der Trip zum Nachbarplaneten mit relativ wenig Treibstoff in relativ kurzer Zeit möglich. Die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA hat in den letzten Jahren jedes dieser Startfenster genutzt – für ihre beiden kleinen Rover Spirit und Opportunity, für den Mars Reconnaissance Orbiter in der Umlaufbahn und zuletzt für den Lander Phoenix am Nordpol. Für eine bemannte Expedition zum Roten Planeten hingegen gibt es noch kein Startdatum.

"Damit man zum Mars fliegen kann, muss man erst mal wieder zum Mond kommen. Dazu wäre wichtig, erst mal eine Station auf dem Mond zu errichten, herauszufinden, kann man Menschen wirklich über längere Zeit auf ´nem anderen Himmelskörper überleben lassen, schafft man das. Und wenn man dann auf dem Mond einigermaßen Erfahrungen gesammelt hätte, dann könnte man den Sprung zum Mars wagen."

Der Münchner Astrophysiker Harald Lesch zu den Risiken eines bemannten Mars-Fluges. Denn der dauert – Hin- und Rückflug sowie Aufenthalt vor Ort eingeschlossen - bis zu drei Jahre. Die ersten sechs Monate wird die Crew dabei eingeschlossen in ihrer Kapsel verbringen müssen, wie Rupert Gerzer erläutet, der Direktor des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt:

"Das ist ihr Wohnzimmer. Die fliegen ja ein halbes Jahr hin und haben nun vielleicht nicht so viel zu tun und nicht so ´ne große Aufgabe. Wenn sie dann auf dem Mars gewesen sind, ist es noch schlimmer, dann haben sie die Aufgabe schon erledigt, und dann sitzen sie da in ihrem Raumschiff für ein halbes Jahr auf engem Raume. Und wir wissen, wenn Astronauten längere Zeit unterwegs sind, dann entwickeln sie auch Besonderheiten, ihre persönlichen Eigenheiten. Und deshalb haben wir da Sorgen, dass die dann entweder depressiv auf der einen Seite, unzufrieden auf der anderen Seite, auch aggressiv sind, dass es zwischenmenschliche Probleme gibt."

In verschiedenen Habitaten trainieren derzeit Freiwillige genau diese Situation: auf engem Raum mit mehreren Personen über längere Zeit regelrecht eingesperrt zu sein. In der Wüste von Utah und in der Arktis gibt es solche Stationen, und in Moskau ist gerade erst der Vorläufer des Projektes Mars 500 zu Ende gegangen – möglicherweise Vorläufer einer abenteuerlichen Mission in Echtzeit. Lesch:

"Eine Reise zum Mars ist ein Himmelfahrtskommando. Da muss man denjenigen, die diese Reise unternehmen, von vornerein sagen: Ihr seit völlig auf Euch allein gestellt. Wenn da irgendwo 'ne Krise auf dem Flug passiert, dann vergeht möglicherweise erstmal 'ne Viertelstunde, eh die Nachricht überhaupt bei uns ankommt. Dann können wir uns überlegen, ob wir denen überhaupt noch helfen können, denn wenn's 'ne dramatische Krise ist, dann ist auf diesem Raumschiff längst alles vorbei. Das ist also 'ne völlig andere Qualität an Abenteuer – in Anführungsstrichen."

Sollte die NASA es schaffen, 2020 mit dem Bau einer Mondbasis zu beginnen, dürfte der nächste Schritt, und damit der nächste "große Sprung für die Menschheit", ein bemannter Flug zum Mars, nicht vor 2030 getan werden.