Martin Walser

"Mein Roman ist kein Beitrag zur Metoo-Debatte"

Martin Walser mit Hut und Mantel. Links ist das Titelblatt seines neuesten Romans "Gar alles oder Briefe an eine unbekannte Geliebte" zu sehen.
Martin Walser hat einen neuen Roman veröffentlicht. © Rowohlt / dpa picture alliance/ Felix Kästle
Noemi Schneider im Gespräch mit Sigrid Brinkmann |
Martin Walsers neuer Roman "Gar alles" wurde bisher mit Häme aus dem Feuilleton bedacht: "Selbstentblößung" und "Reflexionen eines alten geilen weißen Mannes", so die kritischen Schlagworte. Im Münchner Literaturhaus stellte der 91-jährige Autor sein Werk vor.
Im neuen Werk von Martin Walser geht es um Briefe eines Philosophen, der sich als Jurist unmöglich gemacht hat und Briefe an eine Unbekannte schreibt. Der Protagonist steht zwischen zwei Frauen - seiner Ehefrau und seiner Geliebten - und er schreibt an die unbekannte Dritte, in der Hoffnung, von ihr aus diesem Dilemma befreit zu werden.
Bei der Buchvorstellung im Münchner Literaturhaus las Walser, wie gewohnt, an einem Pult stehend und erstmals - mit 91 Jahren - mit Lesebrille, wie er selbst betonte. Walser habe vehement von sich gewiesen, dass seine Roman-Figuren mit der Metoo-Debatte zu tun haben könnten, sagte Noemi Schneider in Deutschlandfunk Kultur.
Walser: "Alle Figuren des Romans sind Verführte und keine Verführer. Gewalt kommt in meinen Romanen nicht vor. Das sind andere Romane. Aber jetzt lese ich in jeder dritten Kritik, dass der Roman mein Beitrag zur Metoo-Debatte sei. Ich sage jetzt mal optimistisch: Die Metoo-Debatte geht vorbei und dann gibt's das Buch immer noch."
Noemi Schneider sagte, die ausverkaufte Lesung sei ein illustrer Abend gewesen: "Es waren viele, viele Fans da - nicht nur in Martin Walsers Alter - und es wurde viel gelacht. Egal ob man den Text nun Roman nennt oder nicht, es ist nicht so einfach, den Roman in die Tonne zu treten. Dazu ist er zu hintersinnig und er ist voller Spiegelungen." Walser habe zudem die Einwände im Gespräch mit dem Publikum immer schon vorweg genommen.
Am Ende des Abends sei es dann doch noch ein bisschen ernst geworden. Aber auch zum Sterben habe Walser ein klare Haltung gezeigt: "Ich glaube nicht daran, dass man über das Sterben sprechen kann. Man muss darüber fantasieren, und alles mögliche darf man sich einfallen lassen."
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