Martyrium der Minderjährigen
Für die Zuhälter ist es ein Riesengeschäft, für die Opfer ein Martyrium: Vier von fünf Zwangsprostituierten in Europa kommen aus Rumänien. Viele sind minderjährig, wenn sie zum ersten Mal auf den Strich geschickt werden.
Das ist Luana, eine 16-jährige Schülerin. Sie wohnt in Berzoaia, einem kleinen Dorf 20 Kilometer von Bukarest entfernt. Die großgewachsene Schülerin erzählt von einem ungewöhnlichen Angebot.
Ein Mitschüler habe sie angesprochen, erzählt sie. Ob sie nicht Lust hat, mit nach Deutschland zu kommen. Dort gebe es Leute, die gerne heiraten würden, verspricht der junge Mann. Heiraten natürlich nur pro forma. Damit die Leute an die rumänische Staatsbürgerschaft kommen. Luana lehnt ab. Sie hat einen Freund, erzählt sie.
Wir besuchen Luanas Schule. Es ist laut. Ein Zaun schützt vor Fremden. Und Videokameras passen mit auf, dass kein Unbefugter die Schule betritt. Anwerbeversuche, wie ihn Luana berichtet, gibt es immer wieder, die offizielle Statistik zählt für 2011 mehr als 300 minderjährige Opfer von Menschenhandel. Luanas Schulpsychologin erzählt:
"Die überwiegende Mehrheit der Opfer kommt aus armen Familien. Und sie werden meist mit attraktiven Dingen angelockt: Die Fahrt in einem schicken Auto. Einem Handy. Kleinen Geschenken, oder einfach ein bisschen Geld. Das sind die Anreize, um sie zu Opfern des Menschenhandels zu machen."
Regelmäßig kommen junge Mädchen in ihre Sprechstunde, erzählt die Psychologin, und berichten vom "Anfixen". Um ihre Schülerinnen immun gegen die Versprechungen der Zuhälter zu machen, zeigt sie Aufklärungsfilme der Polizei im Unterricht. Auch ein ehemaliger Zuhälter war schon da: Gruselstunde für junge rumänische Schülerinnen. Denn: Die minderjährigen Zwangsprostituierten landen auf dem Straßenstrich oder in Bordellen in ganz Europa, erzählt dieser Kripo-Beamte, der anonym bleiben will:
"Die Opfer werden hauptsächlich im Ausland ausgebeutet. Man kann schon von traditionellen Zielorten für die Opfer des Menschenhandels sprechen: Italien, Spanien, Griechenland, Deutschland. Neuerdings identifizieren wir auch immer mehr rumänische Opfer des Menschenhandels in skandinavischen Ländern."
Iona ist 16, als sie ihren späteren Zuhälter kennenlernt. Dem BR-Fernsehen erzählt sie ihre Geschichte. Ihren richtigen Namen will sie nicht nennen:
"Er kam immer zu uns auf den Schulhof. Er war reich, trug tolle Klamotten, war anders als die anderen Jungen. Und er war interessiert an mir. Er kaufte mir Zigaretten. Erfüllte mir jede Laune und fuhr mich in seinem Auto spazieren. Natürlich hat er mir den Kopf verdreht. Ich war naiv."
Für die junge Rumänin beginnt ein Martyrium. Auf einem Parkplatz, im Wald, einem kleinen Hotel nahe der Straße nach Timiºoara in Siebenbürgen muss sie die Freier bedienen. Unter Dauerbeobachtung ihrer Zuhälter:
"Ich wurde ständig terrorisiert. Musste Drogen nehmen, bis ich nicht mehr wusste, wer ich bin oder meine Eltern, nichts mehr. Sie zwangen mich, und wenn ich keine Drogen mehr wollte, schlugen sie mich blutig. So ging es allen Mädchen. Dann gossen sie Wasser über uns. Solange, bis wir taten, was sie wollten."
Ein halbes Jahr dauert Ioanas Leiden in den Händen der Zuhälter: Es ist eine ganze Roma-Familie: Vier Männer und zwei Frauen quälen sie. Schafft sie zu wenig an, muss sie zur Strafe in ein Erdloch im Hof:
"Es war eine Art kleiner Schacht, den sie mit einem Eisendeckel verschlossen. Man sah das Tageslicht nicht mehr. Außerdem bewachte uns ein Hund. So wollten sie uns einbläuen, dass wir nichts als Geldmaschinen sind, die für sie Geld produzieren müssen."
Als sie das erste Mal flieht, verfolgen sie die Peiniger bis ins Elternhaus, drohen, die Mutter zu ermorden. Zwingen sie zurück in die Prostitution. Auch die örtlichen Polizisten erweisen sich als Komplizen der Kriminellen. Wieder Schläge. Wieder Anschaffen. Schließlich erbarmt sich ein Freier, bringt sie zur Kripo. Die lässt den Zuhälter-Ring endlich auffliegen. Ioana sagt gegen ihre Peiniger aus. Die Täter werden zu langen Haftstrafen verurteilt. Heute sagt sie:
"Ein Schatten liegt weiter auf meinem Leben. Die Vergangenheit wird mich sicher immer verfolgen. Wenn ich vielleicht einmal heiraten will. Denn in meinem Dorf wissen es alle. Vielleicht wird mein Partner, den ich vielleicht einmal finden werde, erst sagen, meine Vergangenheit ist nicht wichtig. Aber irgendwann wird er sie mir vorhalten. Das verfolgt mich, diese Vorstellung werde ich mein Leben lang nicht los werden."
Ein Mitschüler habe sie angesprochen, erzählt sie. Ob sie nicht Lust hat, mit nach Deutschland zu kommen. Dort gebe es Leute, die gerne heiraten würden, verspricht der junge Mann. Heiraten natürlich nur pro forma. Damit die Leute an die rumänische Staatsbürgerschaft kommen. Luana lehnt ab. Sie hat einen Freund, erzählt sie.
Wir besuchen Luanas Schule. Es ist laut. Ein Zaun schützt vor Fremden. Und Videokameras passen mit auf, dass kein Unbefugter die Schule betritt. Anwerbeversuche, wie ihn Luana berichtet, gibt es immer wieder, die offizielle Statistik zählt für 2011 mehr als 300 minderjährige Opfer von Menschenhandel. Luanas Schulpsychologin erzählt:
"Die überwiegende Mehrheit der Opfer kommt aus armen Familien. Und sie werden meist mit attraktiven Dingen angelockt: Die Fahrt in einem schicken Auto. Einem Handy. Kleinen Geschenken, oder einfach ein bisschen Geld. Das sind die Anreize, um sie zu Opfern des Menschenhandels zu machen."
Regelmäßig kommen junge Mädchen in ihre Sprechstunde, erzählt die Psychologin, und berichten vom "Anfixen". Um ihre Schülerinnen immun gegen die Versprechungen der Zuhälter zu machen, zeigt sie Aufklärungsfilme der Polizei im Unterricht. Auch ein ehemaliger Zuhälter war schon da: Gruselstunde für junge rumänische Schülerinnen. Denn: Die minderjährigen Zwangsprostituierten landen auf dem Straßenstrich oder in Bordellen in ganz Europa, erzählt dieser Kripo-Beamte, der anonym bleiben will:
"Die Opfer werden hauptsächlich im Ausland ausgebeutet. Man kann schon von traditionellen Zielorten für die Opfer des Menschenhandels sprechen: Italien, Spanien, Griechenland, Deutschland. Neuerdings identifizieren wir auch immer mehr rumänische Opfer des Menschenhandels in skandinavischen Ländern."
Iona ist 16, als sie ihren späteren Zuhälter kennenlernt. Dem BR-Fernsehen erzählt sie ihre Geschichte. Ihren richtigen Namen will sie nicht nennen:
"Er kam immer zu uns auf den Schulhof. Er war reich, trug tolle Klamotten, war anders als die anderen Jungen. Und er war interessiert an mir. Er kaufte mir Zigaretten. Erfüllte mir jede Laune und fuhr mich in seinem Auto spazieren. Natürlich hat er mir den Kopf verdreht. Ich war naiv."
Für die junge Rumänin beginnt ein Martyrium. Auf einem Parkplatz, im Wald, einem kleinen Hotel nahe der Straße nach Timiºoara in Siebenbürgen muss sie die Freier bedienen. Unter Dauerbeobachtung ihrer Zuhälter:
"Ich wurde ständig terrorisiert. Musste Drogen nehmen, bis ich nicht mehr wusste, wer ich bin oder meine Eltern, nichts mehr. Sie zwangen mich, und wenn ich keine Drogen mehr wollte, schlugen sie mich blutig. So ging es allen Mädchen. Dann gossen sie Wasser über uns. Solange, bis wir taten, was sie wollten."
Ein halbes Jahr dauert Ioanas Leiden in den Händen der Zuhälter: Es ist eine ganze Roma-Familie: Vier Männer und zwei Frauen quälen sie. Schafft sie zu wenig an, muss sie zur Strafe in ein Erdloch im Hof:
"Es war eine Art kleiner Schacht, den sie mit einem Eisendeckel verschlossen. Man sah das Tageslicht nicht mehr. Außerdem bewachte uns ein Hund. So wollten sie uns einbläuen, dass wir nichts als Geldmaschinen sind, die für sie Geld produzieren müssen."
Als sie das erste Mal flieht, verfolgen sie die Peiniger bis ins Elternhaus, drohen, die Mutter zu ermorden. Zwingen sie zurück in die Prostitution. Auch die örtlichen Polizisten erweisen sich als Komplizen der Kriminellen. Wieder Schläge. Wieder Anschaffen. Schließlich erbarmt sich ein Freier, bringt sie zur Kripo. Die lässt den Zuhälter-Ring endlich auffliegen. Ioana sagt gegen ihre Peiniger aus. Die Täter werden zu langen Haftstrafen verurteilt. Heute sagt sie:
"Ein Schatten liegt weiter auf meinem Leben. Die Vergangenheit wird mich sicher immer verfolgen. Wenn ich vielleicht einmal heiraten will. Denn in meinem Dorf wissen es alle. Vielleicht wird mein Partner, den ich vielleicht einmal finden werde, erst sagen, meine Vergangenheit ist nicht wichtig. Aber irgendwann wird er sie mir vorhalten. Das verfolgt mich, diese Vorstellung werde ich mein Leben lang nicht los werden."