Marwecki: "Absolution?"

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Buchcover zu "Absolution? Israel und die deutsche Staatsräson" von Daniel Marwecki
© Wallstein Verlag

Daniel Marwecki

Absolution? Israel und die deutsche StaatsräsonWallstein Verlag, Göttingen 2024

212 Seiten

22,00 Euro

Von Catherine Newmark |
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Die Beziehung zwischen Deutschland und Israel beruht auf einem Austauschverhältnis, schreibt der Historiker Daniel Marwecki in seinem Sachbuch "Absolution?": Mit wirtschaftlicher und militärischer Hilfe für Israel repariert Deutschland seinen Ruf.
Dass Israel und Deutschland in besonderer Weise verbunden sind, ja, dass Israels Sicherheit Teil der „deutschen Staatsräson“ sei, wie es Angela Merkel 2008 formulierte, ist gerade dieser Tage, im aktuellen Gaza-Krieg, immer wieder Thema: von der offiziellen Beteuerung der Bundesregierung „an der Seite Israels“ zu stehen bis hin zu den linken Demonstranten, die im Herbst vor dem Auswärtigen Amt „Free Palestine from German Guilt“ skandierten.
Historisch gesehen ergibt sich die enge Verbindung natürlich aus dem nationalsozialistischen Genozid an den europäischen Juden: Die Mehrheit für den UN-Beschluss zur Errichtung einer Heimstätte für das verfolgte jüdische Volk (und die in Europa zerstreuten jüdischen Überlebenden) kam nicht nur, aber auch unter dem Eindruck des Holocausts zustande. Und die Bundesrepublik Deutschland, die die Rechtsnachfolge des NS-Staates antrat, sah sich mit Fragen der Wiedergutmachung konfrontiert.

Frühphase der deutsch-israelischen Beziehungen

Dass die Reparationszahlungen, die der westdeutsche Staat ab den 1950ern an Israel leistete, nicht unbedingt vorrangig aus einem moralisch schlechten Gewissen resultierten, und dass sie schon gar nicht in Freundschaft oder gar dem „Wunder der Versöhnung“ mündeten, das zeichnet der Historiker Daniel Marwecki in seinem Buch „Absolution?“ faktenreich nach. Die bereits 2020 auf Englisch erschienene Studie widmet sich insbesondere der Frühphase der deutsch-israelischen Beziehungen im Detail: vom Luxemburger Entschädigungsabkommen 1952 bis zum Sechstagekrieg 1967.
Marwecki geht dabei an gegen das Bild einer vom Schuldempfinden geplagten deutschen Gesellschaft, die sich zu wirtschaftlich schmerzhaften Zahlungen an die Opfer ihrer Mordtaten durchrang. Die Reparationszahlungen von 3,45 Milliarden Deutsche Mark, zu denen sich Deutschland 1952 verpflichtete, waren kein sonderlich großer Budgetposten und wurden überdies vorwiegend in Waren ausgezahlt, was auch die deutsche Wirtschaft ankurbelte.

Rehabilitation des deutschen Rufes

Das junge, politisch und wirtschaftlich fragile Israel brauchte hingegen die Hilfe dringend und rang sich darum zu einer engen Beziehung zur Täternation durch. Es entstand eine im Laufe der Jahre immer intensiver werdende wirtschaftliche und dann auch militärische Kooperation, von der beide Seiten, und das ist Marweckis Hauptpunkt, praktischen Nutzen zogen: Israel baute sich als Nation auf und Deutschland konnte seinen internationalen Ruf reparieren – auch ohne allzu strenge Entnazifizierung zu Hause.
Nach 1967 verlor Deutschland seine Rolle als wichtigster Partner an die USA, und bemühte sich – einigermaßen taktlos und ganz im Sinne der Schlussstrichmentalität – um „Normalisierung“ der Beziehungen. Und noch später, mit dem allmählichen Einsetzen der eigentlichen Aufarbeitung der NS-Diktatur, wurde der Tonfall moralischer, was er bis heute geblieben ist.
Marwecki zeigt trotz mancher Redundanzen insgesamt sehr anschaulich die Entwicklung der Beziehungen zwischen Deutschland und Israel in den letzten 70 Jahren und entwickelt entlang der wechselnden moralischen und politischen Tonfälle und Großwetterlagen ziemlich überzeugend seine zentrale These: Die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel beruhen von Anfang an und bis heute auf einem Austauschverhältnis: wirtschaftliche und militärische Hilfe für Israel gegen Rehabilitation des internationalen Rufes (und des Selbstbildes) für Deutschland.
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