Maschinen mit menschlichen und tierischen Zügen

13.04.2010
Unser Leben ohne Roboter – geht das überhaupt noch? Nein! Erfrischend unbekümmert belegen Christian Weymayr und Helge Ritter in ihrem Buch: Roboter sind allgegenwärtig, und es wäre müßig, über Sinn und Nutzen zu lamentieren. Besser also man kennt sich aus. Und so nehmen einen die beiden Autoren mit in die Welt der Robotik. Anschaulich und umfassend erklären sie, wie Roboter funktionieren, wie sie sprechen, gestikulieren und sich in ihrer Umwelt zurechtfinden.
Dabei ist das Buch übersichtlich aufgebaut: In drei großen Teilen werden Roboter als Helden der Freizeit dargestellt, als Arbeitsspezialisten und als Begleiter der Zukunft. Ein Verzeichnis am Ende führt noch einmal alle Roboter von A bis Z auf.

Und so lernt man den Roboterhund "Aibo" genauso kennen wie den Roboterjungen "Zeno", mit all ihren Fähigkeiten, ihren Einsatzgebieten und ihren Nachteilen. Kein Roboter, der bis heute gebaut ist, bleibt außen vor.

Der 1961 entwickelte Roboter "Unimate", der erste Industrieroboter etwa war nach heutigen Maßstäben in seinem Können noch recht beschränkt: Er hob Teile hoch und legte sie an anderer Stelle wieder ab. Mehr nicht. Anders der Marsroboter "Spirit" aus dem Jahr 2003. Er war voll programmierbar und sollte Fotos auf dem Mars schießen, die Landschaft des Planeten vermessen, Steine und Sand analysieren. Hat er auch – und zwar viel länger als geplant, seine Mission sollte nach nur drei Monaten enden, hat sie aber nicht, Ende 2009 war er immer noch aktiv.

"Ein Baby für die Ältesten" ist hingegen Roboter-Robbenbaby "Paro". "Paro" heult, wenn man ihn schlecht behandelt, er wendet seinen Kopf in die Richtung, aus der man ihn ruft, und wenn er Hunger zeigt, dann füttert man ihn über einen Schnuller mit Strom. Er ist aber nicht für Kinder gedacht, sondern für Menschen in Alters- oder Pflegeheimen – "Paro" ist ein sogenannter therapeutischer Roboter. Versuche in Japan haben gezeigt, dass alte Menschen mit "Paro" etwas haben, das sie beschäftigt und anregt. Paro-Besitzer sind weniger aggressiv und bleiben geistig länger fit. Auch davon erzählt dieses kluge Buch und zeigt damit, wie verschieden Roboter einsetzbar sind und wahrgenommen werden.

Während in Europa viele Menschen es nicht mögen, dass ein Roboter menschliche Eigenschaften und Fähigkeiten hat, finden die meisten Japaner Roboter großartig. Die Autoren erklären diesen Unterschied damit, die japanische Religion würde lehren, dass alle Dinge eine Seele haben. Roboter mit menschlichen Zügen sind also nur konsequent. In den USA dagegen werden Roboter vor allem dann mit Begeisterung aufgenommen, wenn sie eine Waffe tragen.

Das Buch lebt aber nicht nur von den Geschichten, sondern auch von den vielen Fotos. Besonders beeindruckend das Foto zweier Roboterhände, die fast schon menschlich wirken, während sie einen Papierflieger falten. Oder aber das Bild des knallorangefarbenen Industrieroboters Titan, der mit 1000 Kilogramm den Weltrekord im Gewichtheben hält.

Der Verlag empfiehlt das Buch Jugendlichen ab 14 Jahren, aber für Erwachsene ist es nicht minder geeignet. Für jeden, der sich einen Überblick verschaffen möchte, ist es geradezu eine Roboter-Fundgrube, ohne detailverliebten technischen Schnickschnack.

Biografie:

Christian Weymayr, geboren 1961, ist promovierter Biologe und arbeitet als Wissenschaftsjournalist. Er schreibt unter anderem für die "ZEIT" und das Magazin "brand eins". Bei Bloomsbury K & J erschien von ihm bereits "Hippokrates, Dr. Röntgen & Co. Berühmte Pioniere der Medizin" (2007).

Helge Ritter ist Professor für Neuroinformatik an der Universität Bielefeld. 2001 erhielt er für seine Arbeiten den Leibnizpreis.


Besprochen von Roland Krüger

Christian Weymayr, Helge Ritter: Roboter – Was unsere Helfer von morgen heute schon können
Bloomsbury Kinderbücher und Jugendbücher, Berlin Verlag 2010
224 Seiten, 17,90 Euro