Das Ende des Freiheitskampfes der Indianer
Am 29. Dezember 1890 tötete die US-Kavallerie in einem Lager am Fluss Wounded Knee über 300 Lakota. Als ein Indianer einen Schuss abgab, feuerten die Weißen aus Kanonen auf halb verhungerte Gefangene.
Zu Tode erschöpft, von Krankheiten und Entkräftung gezeichnet, schleppen sich 350 Lakota-Indianer, unter ihnen viele Frauen und Kinder, am 28. Dezember 1890 mit letzter Kraft vorwärts. Sitting Bull, Crazy Horse und viele andere große Häuptlinge sind tot. Im dichten Schneesturm im Süden Dakotas hat der Treck von Häuptling Big Foot nur noch ein Ziel: das Pine-Ridge-Reservat. Dort, an der Grenze zu Nebraska, wollen sich die gehetzten Indianer auf der Flucht vor der US-Kavallerie mit ihren von Red Cloud geführten Lakota-Brüdern vereinigen.
"Alle Indianer müssen tanzen, überall – dürfen nicht aufhören zu tanzen. Bald, im nächsten Frühling, kommt Großer Geist."
Der feste Glaube an die neue Religion des Geistertanzes, ins Leben gerufen von Wovoka, dem Messias der Paiutes, hält die zerlumpten Lakota am Leben.
Viele demoralisierte Indianer Nordamerikas nahmen Wovokas um das Jahr 1890 verbreitete Visionen erleichtert auf, versprach der Heilsbringer doch jenen, die den Geistertanz vollführten, eine bessere Welt, auf der außer Tieren nur Indianer und die Geister ihrer Ahnen existieren dürften.
"Wenn Großer Geist zurückkommt, gehen alle Indianer hoch hinauf in die Berge, fort von den Weißen. Dann können Weiße Indianern nichts tun."
Doch die Realität war alles andere als paradiesisch. Big Foot und seine 350-köpfige, halb verhungerte Gruppe werden auf ihrem verzweifelten Marsch durch den Schneesturm von der US-Kavallerie gestoppt. Major Samuel Whitside hat Befehl, die Indianer zu verhaften und lässt die Gefangenen in ein Lager am nahen Fluss bringen.
"Es dämmerte, als die Kolonne über den letzten Hügel und den Hang hinunter zum Opi Wakpala zog, dem Fluss, den man Wounded Knee nannte."
Der amerikanische Historiker Dee Alexander Brown hat in seinem Buch "Bury my Heart at Wounded Knee" das Leiden und den Untergang der Indianer Nordamerikas beschrieben:
"Das Zwielicht und die winzigen Eiskristalle, die im Halbdunkel tanzten, ließen die düstere Landschaft unwirklich erscheinen. Irgendwo an diesem mit Eis bedeckten Fluss lag an einem geheimen Ort das Herz von Crazy Horse. Und die Indianer glaubten, dass sein Geist ungeduldig auf die neue Erde wartete, die sich ausbreiten würde, wenn im Frühling das Gras grünte."
300 Indianer und 25 Soldaten sterben
Als die Lakota am nächsten Morgen, dem 29. Dezember 1890, entwaffnet werden, kommt es zu einem tragischen Zwischenfall. Ein Schuss löst sich aus dem Gewehr eines taubstummen Lakota, der seine Waffe nicht abgeben will. Sofort bricht Panik aus. Weitere Schüsse fallen. Von einem Hügel aus feuert die Armee Granaten aus Hotchkiss-Kanonen auf das Gefangenenlager. 25 Soldaten fallen. Fast 300 Indianer sterben.
Schon lange bevor die Freiheit der Indianer 1890 mit dem Massaker am Wounded Knee ihr symbolisches Ende fand, war ihre Lebenskultur dem Untergang geweiht. Seit der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten im Jahre 1776 waren die amerikanischen Ureinwohner betrogen, verfolgt und zum Teil systematisch ermordet worden.
Enteignung und Vertreibung geschahen immer wieder nach demselben Muster. Verträge, die ihren Besitz garantieren und Schutz gewähren sollten, wurden von Washington kurzerhand gebrochen, um die Gier nach Land, die eine immer größer werdende Bevölkerung vom Osten in den Westen trieb, zu befriedigen.
Nach dem Bürgerkrieg, der das Ende der Sklaverei herbeigeführt hatte, verlieh der Kongress 1866 sämtlichen in den USA geborenen Personen – mit Ausnahme der Indianer – gleiche Rechte. Viele Stämme, die seit Generationen frei durch ihre weiten Jagdgründe gezogen waren, wurden in Reservate gepfercht, wo sie oft unter extrem schwierigen Bedingungen sesshaft werden mussten. Amerika ist auf gestohlenem Land gebaut, sagte eine Enkelin Sitting Bulls vor Jahren auf einer Gedenkfeier am Wounded Knee:
"Wir Lakota sind die wahren Landbesitzer. Das Land bedeutet alles. Alles, was wir sind. Und deswegen wollen sie es. Daran hat sich bis heute nichts geändert."