Massentierhaltung in Brandenburg

Tierschützer im Zwist mit der Regierung

Mit Plakaten gegen Massentierhaltung und Tierquälerei demonstrieren Vertreter mehrerer Bürgerinitiativen am Freitag (25.11.2011) in Hannover am niedersächsischen Landwirtschaftsministerium.
Tierschutzverbände in und außerhalb Brandenburgs befassen sich nicht nur mit der Tierhaltung, sondern auch den Folgen © dpa / picture-alliance / Philipp von Ditfurth
Von Axel Flemming |
Mehrere Initiativen gegen Massentierhaltung werfen der brandenburgischen Landesregierung vor, Konflikte zu kaschieren. Sie halten den Umwelt- und Landwirtschaftsminister für voreingenommen und fordern ein Klagerecht für Tierschutzverbände.
Dirk Marx sitzt mit seiner Gitarre auf dem Pflaster vor dem Potsdamer Landtag. Links neben ihm ein Traktor, hinter ihm ein Tisch mit Aktenordnern. Darin 33.784 Unterschriften, die die Volksinitiative "Brandenburg stoppt Massentierhaltung" in den vergangenen Monaten gesammelt hat und nun der Landtagspräsidentin übergibt. Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer vom Bund für Umwelt und Naturschutz BUND:
"Die Umweltauswirkung der Massentierhaltung – das wird nicht mehr unterstützt. Wir haben 34.000 Unterschriften gesammelt von Brandenburgerinnen und Brandenburgern. Und ich denke, da wird sich die Landesregierung anschauen müssen, wie sie diese Forderung aufgreift und wie sie dieser auch in der Mehrheit in der Bevölkerung gerecht wird."
"Das ist keine gute Entwicklung"
Eine der Forderungen: Ein Klagerecht für Tierschutzverbände. Jetzt soll sich das Parlament damit befassen. Auf die Landwirtschaft ist Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke in seiner Regierungserklärung nur relativ diffus eingegangen:
"Die grünen Berufe bieten tausenden Brandenburgerinnen und Brandenburgern gute Arbeit. Diese Koalition will, dass das so bleibt. Entgegen der Aussagen mancher Schwarzweiß-Maler ist unsere Landwirtschaft eine vielfältige Landwirtschaft. Sie ist gekennzeichnet durch unterschiedliche Betriebsgrößen, Rechtsformen und Bewirtschaftungsarten."
Der Ministerpräsident, selbst von 2005 bis 2009 Landwirtschaftsminister, hat das Ressort Landwirtschaft vom Infrastrukturministerium wieder - wie zu seiner Zeit - mit dem Bereich Umwelt vereint; besetzt mit dem alten Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger.
Kritik vom BUND: "Vielleicht kann er ja die Umweltbewegung eines Besseren belehren. Aber ich denke, dass es einfach so ist, dass die Konflikte zwischen Umwelt und Landwirtschaft eher gedeckelt werden in einem Haus und nicht mehr an die Öffentlichkeit kommen. Das ist keine gute Entwicklung..."
Zusammenlegung von Gesundheit und Umwelt als Fehler
Politiker der Opposition von CDU und Grünen dagegen begrüßen den Schritt vorwärts in die Vergangenheit – zumindest was den Zuschnitt der Ressorts angeht. Axel Vogel, der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/die Grünen:
"Es ist kein Geheimnis, dass wir sehr deutlich gemacht haben, dass die Zusammenlegung von Gesundheit und Umwelt ein Fehler war, dass Landwirtschaft und Umwelt ganz zentral zusammen gehören. Wir haben nur Zweifel, an der Besetzung der Ministerstelle in dieser Funktion, weil wir beim vorhanden Minister oder jetzt neu eingesetzten Minister Vogelsänger nicht das Gefühl haben, dass er dem Umweltaspekt die Bedeutung zumisst, die ihm zukommt."
Kritisiert wird der Minister auch, weil er sich immer für Massentierhaltung ausgesprochen hat, auch wenn er den Begriff nicht gerne benutzt mit dem Hinweis, dass es ja keine "Massentiere" gebe.
Jörg Vogelsänger, Anhänger der konventionellen Landwirtschaft, der auch als Abgeordneter für die SPD im Landtag sitzt, kam bei der Unterschriftenübergabe der Volksinitiative "Stoppt Massentierhaltung" vor das Portal des Parlaments in Potsdam:
"Wir brauchen eine Akzeptanz und wir brauchen auch entsprechende Investitionen ins Tierwohl. Und darüber muss man reden. Deshalb begrüße ich es, dass wir diese Volksinitiative haben. Und der Landtag wird sich intensiv damit beschäftigen, weil eben auch die Landtagsabgeordneten da einen großes Interesse daran haben."
Die Unterschriften prüft jetzt der Landesabstimmungsleiter. Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) kündigte an, dass das Parlament spätestens im März 2015 über die Anliegen der Volksinitiativen entscheiden wird. Sänger Dirk Marx, der sich in der Bürgerinitiative "Schweinewind" Vetschau im Spreewald engagiert, macht sich keine großen Hoffnungen.
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