Maßgeschneiderte Räder vom Oboisten
Der Oboist der Berliner Philharmoniker, Christoph Hartmann, lässt exklusive Fahrräder herstellen. Er sieht eine Verbindung zwischen diesem Hobby und dem Oboenspielen.
Auf einer kleinen Bühne stehen sieben schwarz gekleidete Musiker und spielen Beethoven und Carl Maria von Weber. Das Ensemble Berlin stellt seine neue CD vor. Das Publikum steht zwanglos im weißgestrichenen Raum und bewundert die merkwürdige Korrespondenz zwischen den ehrwürdigen Holzinstrumenten und den gestylten Carbon-Fahrradrahmen, die an den Wänden hängen.
Christoph Hartmann: "Ich war in der Musikschule in Landsberg, hab Blockflötenunterricht gehabt und Klavierunterricht, und meine Klavierlehrerin war gleichzeitig Leiterin der örtlichen Musikschule. Und die hat mal zu mir gesagt in der Klavierstunde: Du, wir kriegen einen Oboenlehrer hier an der Musikschule, das wär doch was für dich! Und ich hab gesagt: Ja, ääh, vielleicht. Mal schauen. - Und dann: Okay, mach ich das! Und so habe ich angefangen, Oboe zu lernen."
Christoph Hartmann, 46, stammt aus Landsberg am Lech, studierte in München sein Instrument und ist seit 19 Jahren Oboist bei den Berliner Philharmonikern. Außerdem ist er Ehemann und Vater von einem sechsjährigen Sohn, er (mit-)veranstaltet in Landsberg kleine Sommerfestivals, als ausgezeichneter Instrumentalist gibt er Kammer- und Orchesterkonzerte und unterrichtet. Und er hat dieses leidenschaftliche Hobby: den Sport, Marathon laufen, aber vor allem: Rennradfahren!
"Das kam bei mir dann auch relativ heftig, diese Begeisterung für den Sport. Ich bin irgendwie so einer, der muss das dann immer gleich richtig ausprobieren, alles was ich mach, und hab das dann auch gleich richtig ausprobiert."
Und deshalb stieg der Oboist der Berliner Philharmoniker kurzerhand in seinem Lieblingsfahrradladen um die Ecke ein. Aber die Standardfahrräder sind für echte Rennradler ja doch ein Problem:
"Wenn jetzt einer lange Beine und kurzen Oberkörper hat, dann braucht er ein höheres Rad, was kürzer ist, und andersrum natürlich."
Mit ein paar Gleichgesinnten - einem Grafiker, einem Unternehmensberater, einem Sporttechniker und einem Fotografen - fing der Oboenbläser an, individuelle, also maßgeschneiderte Rennräder zu entwickeln.
"Wir sind viel in Italien. Wir haben dort eine Wohnung und sind dort so oft, wie es geht. Und in der Nähe von Mailand haben wir den Francesco Muraca gefunden, der hat einen Kompagnon, der spielt Kontrabass als Hobby. Das hat mich interessiert, da hab ich mal einen Artikel drüber gelesen über die, und bin da einfach mal hingefahren und hab mir die angeschaut und fand die total nett."
Und dann brauchten sie nur noch einen Namen für die schönen Fahrräder.
"Es fiel dann in die Zeit, als ich sehr viel mit Antonio Pasculli beschäftigt habe, weil ich Handschriften von Pasculli aus der Bibliothek von Palermo bekommen habe, mich das sehr interessiert hat und ich dann auch Aufnahme gemacht habe mit Werken von Pasculli."
Pasculli war ein italienischer Oboenvirtuose des ausgehenden 19. Jahrhunderts, und Christoph Hartmann stellte fest:
"Für mich wär's das Größte, ein Radel unterm Hintern zu haben, wo 'Pasculli' draufsteht. Und da haben wir die ersten Räder mit 'Pasculli' bauen lassen. Und das war toll ..."
Wenn man mit Christoph Hartmann plaudert, erzählt er kaum von seinem Musikerleben - mehr über das Doping und die Schmerzen bei der frühen Tour de France und über besondere Fahrradsättel. Aber irgendwie muss doch der Trampelsport mit dem anstrengende Oboeblasen zusammenhängen?
"Jedes Instrument zu spielen, bedeutet ja auch eine körperliche Fähigkeit, sprich Bewegung der Finger, Koordination von Fingerbewegungen, geistigen Dingen und atmungstechnischen Dingen. Das muss ich irgendwie koordinieren. Und um so was zu trainieren, bringt einem ein Wissen von Trainingsmethoden aus dem Sport ... - kann man ohne Weiteres was verwenden.
Nehmen wir mal 'Strauss - Oboenkonzert': Das ist ein anstrengendes Konzert, wo wir körperlich fit sein müssen. Das muss ich natürlich auf meinem Instrument trainieren. Das heißt, wir spielen Tonübungen, die anstrengend sind, wo ich meine Kondition trainiere. Wir spielen Tonleiterübungen, dass ich die Abläufe der Finger, die Bewegungsabläufe außerhalb des Stückes trainiere, weil: Wenn ich so einen Bewegungsablauf immer anhand von dem Musikstück, dem Werk, das ich gerade spielen möchte, trainiere, nutze ich das Stück ab und bin nicht offen für meine musikalischen Ideen."
Und die lebt er natürlich, heutzutage, auch auf CDs aus. Wie viele das sind, auf denen er gespielt hat, kann er gar nicht genau sagen. Seltsam. Bei den Fahrrädern ist das ganz anders.
"Ha! Ich hab ein Stadtrad, ein Faltrad, ein Faltrennrad, ich hab noch eins, zwei, drei vier Rennräder, ein Montainbike, ein ehemaliges Paris-Roubaix-Original-Profirad und so Sachen - ach, es stehen schon etliche rum!"
Und wie viele Oboen?
"Mehr!"
Das Faltrennrad ist übrigens für die Tourneen: Wie kann man sonst schon mal in China oder Japan eine Radtour machen? Mit den Fahrrad-affinen Kollegen aus dem Orchester geht das. Und damit es nicht kaputt geht auf dem Flughafengepäckband, kommt das Faltrennrad in einen Extra-Faltrennradkoffer, der allein schon beinahe 1000 Euro kostet. Aber billig ist dieses Pasculli-Hobby ja auch nicht: Die Rahmen kosten zwischen ein- und zweieinhalbtausend Euro – ohne Räder, Sattel, Lenker, Spezialmänteln und sonstigem Zubehör einschließlich Radfahr-Allwetter-Jacken, die so elegant sind, dass man damit glatt in die Philharmonie gehen könnte.
Link:
Homepage von Christoph Hartmann
Christoph Hartmann: "Ich war in der Musikschule in Landsberg, hab Blockflötenunterricht gehabt und Klavierunterricht, und meine Klavierlehrerin war gleichzeitig Leiterin der örtlichen Musikschule. Und die hat mal zu mir gesagt in der Klavierstunde: Du, wir kriegen einen Oboenlehrer hier an der Musikschule, das wär doch was für dich! Und ich hab gesagt: Ja, ääh, vielleicht. Mal schauen. - Und dann: Okay, mach ich das! Und so habe ich angefangen, Oboe zu lernen."
Christoph Hartmann, 46, stammt aus Landsberg am Lech, studierte in München sein Instrument und ist seit 19 Jahren Oboist bei den Berliner Philharmonikern. Außerdem ist er Ehemann und Vater von einem sechsjährigen Sohn, er (mit-)veranstaltet in Landsberg kleine Sommerfestivals, als ausgezeichneter Instrumentalist gibt er Kammer- und Orchesterkonzerte und unterrichtet. Und er hat dieses leidenschaftliche Hobby: den Sport, Marathon laufen, aber vor allem: Rennradfahren!
"Das kam bei mir dann auch relativ heftig, diese Begeisterung für den Sport. Ich bin irgendwie so einer, der muss das dann immer gleich richtig ausprobieren, alles was ich mach, und hab das dann auch gleich richtig ausprobiert."
Und deshalb stieg der Oboist der Berliner Philharmoniker kurzerhand in seinem Lieblingsfahrradladen um die Ecke ein. Aber die Standardfahrräder sind für echte Rennradler ja doch ein Problem:
"Wenn jetzt einer lange Beine und kurzen Oberkörper hat, dann braucht er ein höheres Rad, was kürzer ist, und andersrum natürlich."
Mit ein paar Gleichgesinnten - einem Grafiker, einem Unternehmensberater, einem Sporttechniker und einem Fotografen - fing der Oboenbläser an, individuelle, also maßgeschneiderte Rennräder zu entwickeln.
"Wir sind viel in Italien. Wir haben dort eine Wohnung und sind dort so oft, wie es geht. Und in der Nähe von Mailand haben wir den Francesco Muraca gefunden, der hat einen Kompagnon, der spielt Kontrabass als Hobby. Das hat mich interessiert, da hab ich mal einen Artikel drüber gelesen über die, und bin da einfach mal hingefahren und hab mir die angeschaut und fand die total nett."
Und dann brauchten sie nur noch einen Namen für die schönen Fahrräder.
"Es fiel dann in die Zeit, als ich sehr viel mit Antonio Pasculli beschäftigt habe, weil ich Handschriften von Pasculli aus der Bibliothek von Palermo bekommen habe, mich das sehr interessiert hat und ich dann auch Aufnahme gemacht habe mit Werken von Pasculli."
Pasculli war ein italienischer Oboenvirtuose des ausgehenden 19. Jahrhunderts, und Christoph Hartmann stellte fest:
"Für mich wär's das Größte, ein Radel unterm Hintern zu haben, wo 'Pasculli' draufsteht. Und da haben wir die ersten Räder mit 'Pasculli' bauen lassen. Und das war toll ..."
Wenn man mit Christoph Hartmann plaudert, erzählt er kaum von seinem Musikerleben - mehr über das Doping und die Schmerzen bei der frühen Tour de France und über besondere Fahrradsättel. Aber irgendwie muss doch der Trampelsport mit dem anstrengende Oboeblasen zusammenhängen?
"Jedes Instrument zu spielen, bedeutet ja auch eine körperliche Fähigkeit, sprich Bewegung der Finger, Koordination von Fingerbewegungen, geistigen Dingen und atmungstechnischen Dingen. Das muss ich irgendwie koordinieren. Und um so was zu trainieren, bringt einem ein Wissen von Trainingsmethoden aus dem Sport ... - kann man ohne Weiteres was verwenden.
Nehmen wir mal 'Strauss - Oboenkonzert': Das ist ein anstrengendes Konzert, wo wir körperlich fit sein müssen. Das muss ich natürlich auf meinem Instrument trainieren. Das heißt, wir spielen Tonübungen, die anstrengend sind, wo ich meine Kondition trainiere. Wir spielen Tonleiterübungen, dass ich die Abläufe der Finger, die Bewegungsabläufe außerhalb des Stückes trainiere, weil: Wenn ich so einen Bewegungsablauf immer anhand von dem Musikstück, dem Werk, das ich gerade spielen möchte, trainiere, nutze ich das Stück ab und bin nicht offen für meine musikalischen Ideen."
Und die lebt er natürlich, heutzutage, auch auf CDs aus. Wie viele das sind, auf denen er gespielt hat, kann er gar nicht genau sagen. Seltsam. Bei den Fahrrädern ist das ganz anders.
"Ha! Ich hab ein Stadtrad, ein Faltrad, ein Faltrennrad, ich hab noch eins, zwei, drei vier Rennräder, ein Montainbike, ein ehemaliges Paris-Roubaix-Original-Profirad und so Sachen - ach, es stehen schon etliche rum!"
Und wie viele Oboen?
"Mehr!"
Das Faltrennrad ist übrigens für die Tourneen: Wie kann man sonst schon mal in China oder Japan eine Radtour machen? Mit den Fahrrad-affinen Kollegen aus dem Orchester geht das. Und damit es nicht kaputt geht auf dem Flughafengepäckband, kommt das Faltrennrad in einen Extra-Faltrennradkoffer, der allein schon beinahe 1000 Euro kostet. Aber billig ist dieses Pasculli-Hobby ja auch nicht: Die Rahmen kosten zwischen ein- und zweieinhalbtausend Euro – ohne Räder, Sattel, Lenker, Spezialmänteln und sonstigem Zubehör einschließlich Radfahr-Allwetter-Jacken, die so elegant sind, dass man damit glatt in die Philharmonie gehen könnte.
Link:
Homepage von Christoph Hartmann