Mathias Énard: Kompass
Hanser Verlag, 432 Seiten, 25 Euro
"Nostalgiker ohne Bitterkeit"
Mathias Énard wurde zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse mit dem Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet. Unsere Literaturkritikerin Barbara Wahlster würdigt den Schriftsteller als wichtigen Brückenbauer zwischen Orient und Okzident.
"Er ist ein Nostalgiker, der diese Waffe der Nostalgie ohne Bitterkeit führt", zitierte Literaturkritikerin Barbara Wahlster die Laudatorin Leyla Dakhli im Deutschlandradio Kultur. Mit dem französischen Schriftsteller und Übersetzer Mathias Énard sei ein ungemein gebildeter, produktiver Autor mit dem Buchpreis zur Europäischen Verständigung gewürdigt worden. Er habe Arabisch und Persisch studiert, viele Jahre im Nahen Osten verbracht und unterrichte heute Arabisch in Barcelona.
Den Orient gibt es nicht mehr
Die Historikerin Dakli und Énard hätten sich schon 1996 in Damaskus kennengelernt. "Es war eine sehr freundschaftliche und auch sehr bewegende Rede, weil sie so sehr betont hat, dass der Orient, den sie damals kennengelernt haben, alle beide, den gibt es nicht mehr", sagte Wahlster. Es sei eine ganz andere Zeit mit der Hoffnung auf Öffnung gewesen. "Für Énard ist es ganz klar, dass er zwar die Welten, den Osten wie den Westen verknüpft, aber auch die politischen Ereignisse im Nahen Osten und den politischen Islam ganz deutlich benennt als feindlich." Der Schriftsteller mache keine naiven Verkürzungen. Der Preisträger habe in seiner Rede Europa als Kontinent gewürdigt, der sich erfunden habe.
In Gedanken unterwegs
Énard wird auch für seinen jüngsten Roman "Kompass" geehrt. Es ist die Geschichte eines Musikwissenschaftlers, der sich von Wien aus noch einmal in Gedanken an die Orte seiner Forschungsreisen begibt: nach Istanbul, Damaskus, Aleppo, Palmyra. Ein Buch über die Passion des Westens für den Orient.
Der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung wird seit 1994 jährlich vergeben und zählt zu den wichtigsten Literaturpreisen in Deutschland. Mit diesem Preis werden Persönlichkeiten gewürdigt, die sich in Buchform um das gegenseitige Verständnis in Europa verdient gemacht haben. Eine Jury bestimmt die Preisträger für den mit 20.000 Euro dotierten Preis.