Das vollständige Gespräch mit Mathias Greffrath hören Sie hier:
Audio Player
"Der Westberliner Mittelstand wird subventioniert"
02:52 Minuten
Von "radikal überzogen" bis "politischer Kamikaze": Der Entwurf zum Berliner Mietendeckel stößt auf viel Kritik. Das geplante Gesetz führe zu merkwürdigen Verzerrungen, findet der Autor Mathias Greffrath. Dabei sei eine Mietpreisbremse an sich gut.
Über ein fehlendes Echo kann sich Berlins Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) nicht beklagen: Ihr Entwurf zu einem Mietendeckel für fünf Jahre ist selbst innerhalb des rot-rot-grünen Senats umstritten: So fordert die SPD "Augenmaß" und spricht von einem "Schnellschuss". Teils vernichtend sind die Kommentare in den Medien: "ökonomischen Irrsinn" erkennt Spiegel Online, einen "Fall für das Bundesverfassungsgericht" sieht das Handelsblatt.
Dabei soll der Mietendeckel darauf abzielen, der gemeinhin als "Mietenwahnsinn" bezeichneten Entwicklung in der Hauptstadt einen Riegel vorzuschieben. Denn in keiner anderen Stadt sind die Mieten innerhalb des vergangenen Jahrzehnts derart gestiegen: um fast 90 Prozent.
Doch auch der Schriftsteller und Journalist Mathias Greffrath kritisiert den Entwurf im Deutschlandfunk Kultur:
"Ich glaube, es ist ein Gesetz, das nicht gut gemacht ist, weil es zu so merkwürdigen Verzerrungen führt, dass jemand, der in einer schönen alten Altbauwohnung wohnt, dass der nur noch 6,03 Euro Miete zahlen soll - und jemand, dessen Haus zwischen 1991 und 2010 gebaut worden ist, acht Euro bezahlen muss. Da wird im Grunde der schöne alte Westberliner Mittelstand, der in Charlottenburger Altbauwohnungen wohnt, noch einmal subventioniert."
Schaden für städtischen Wohnungsbau
Man treffe mit dem Gesetz nicht die Großen, sondern Besitzer eines Mietshauses oder einer Eigentumswohnung, die sie für ihre Alterssicherung vermieteten. Und man nehme städtischen Wohnungsbaugenossenschaften, "die es gerade nötig hätten zu bauen und zu investieren, damit die nötigen Mittel" weg.
An sich findet Greffrath eine Mietpreisbremse gut. Nur müsse man gleichzeitig darüber nachdenken, wie das Wohnen in den großen Städten prinzipiell erträglich zu machen sei, "sodass die Innenstädte nicht veröden und alles immer weiter nach draußen gedrückt wird". Greffrath wies dabei auf mehr kommunalen Wohnungsbau nach dem Vorbild der Stadt Wien hin. Und: "Da muss man aber auch nachdenken, ob man nicht Geld freimachen sollte, um Genossenschaften zu fördern, sodass die Menschen es selbst in die Hand nehmen können."
(bth)