Gelsenkirchens Kampf gegen illegale Müllkippen
Zwei Mülldetektive kümmern sich in Gelsenkirchen um illegal abgeladenen Abfall: Etwa zehn Meldungen gehen täglich beim städtischen Entsorgungsbetrieb ein – und die Ermittler finden oft genug Beweismittel, um die Verursacher zur Kasse zu bitten.
Neben zwei Altpapier- und Altglas-Containern an einer ruhigen Straße in Gelsenkirchen liegen mehrere Berge von Müll, achtlos dahingeworfen. Zwei Männer wühlen darin. Sie tragen gelbe Warnjacken und dicke schwarze Gummihandschuhe.
"Hier liegt wieder alles, über Staubsauger, Putzeimer, Schuhe ... Abdeckung vom Kofferraum, querbeet, eigentlich wie immer ... Kaffeebecher."
Die beiden Männer sind Müll-Detektive, ihre Namen wollen sie im Radio lieber nicht hören. Als Mitarbeiter des städtischen Entsorgungsbetriebs Gelsendienste versuchen sie, die Verursacher dieser illegalen Müllberge zu ermitteln – die Täter sozusagen.
Zwei Mitarbeiter als Müll-Detektive
Da arbeitet es sich besser anonym:
"Wir haben das früher immer sozusagen mitgemacht, aber haben uns dann entschieden, das Thema zu intensivieren und haben vor zwei Jahren entschieden, zwei Kollegen abzustellen, die sich nur um das Problem illegale Müllablagerung kümmern", sagt Tobias Heyne, Sprecher der Gelsendienste.
Täglich gehen bei dem Entsorgungsbetrieb etwa zehn Meldungen über illegale Müllablagerungen ein:
"Hier ist wieder das klassische Beispiel. Der Rewe-Markt hat abends zu. Wenn man 23, 24 Uhr hier hinkommt - Parkplatz ist leer, hier hinten hat man nur noch Grün, da kann man auch nicht beobachtet werden. Da fährt man dann mal schnell rein und schmeißt es eben dann hierhin."
Der zweite Müll-Detektiv blickt verdrossen auf den Tatort, während sein Kollege weiter nach Beweisen sucht.
"Nicht fündig geworden bis jetzt?" – "Nee."
Manchmal liegen in weggeworfenen Einkaufstüten noch Rechnungen oder auf Pappkartons kleben Paketscheine mit Namen und Adresse.
"Wir haben schon alles gefunden, über Rentenbescheide, Hartz IV-Abrechnungen, Lohnabrechnungen bis schieß mich tot, alles querbeet, man findet alles."
Hoffnung auf abschreckende Wirkung
Die beiden Männer hoffen, dass sich ihr Einsatz herumspricht – und in Zukunft Menschen davon abhält, Müll einfach so auf die Straße zu stellen.
"Seitdem die Kollegen unterwegs sind, also seit rund 24 Monaten, haben die schon knapp 600 Ordnungswidrigkeits-Verfahren eingeleitet. Und die Erfahrung zeigt, dass rund die Hälfte dieser Verfahren auch mit einem rechtskräftigen Bußgeldbescheid endet", erklärt Sprecher Tobias Heyne.
Etwa 120 bis 500 Euro Bußgeld kostet es, wenn man Müll nicht ordnungsgemäß entsorgt. Das kann schon wehtun, umso mehr, da die Entsorgungsbetriebe den meisten Privat-Müll kostenlos annehmen.
Die Männer setzen sich wieder in ihren Wagen und fahren den nächsten Standort an. Sie kennen die Orte mittlerweile genau, an denen häufig etwas abgelegt wird. Sie liegen im ganzen Stadtgebiet verteilt. Meistens sind es sogenannte Depot-Standorte, also Altglas- und Altpapier-Container, die als illegale Müll-Deponie missbraucht werden.
"Wir haben sogar Flyer in anderen Sprachen. Arabisch, Rumänisch, Türkisch, Farsi, ... Da weiß man genau, hier ist das schon zum dritten oder vierten Mal vorgekommen. Und dann schmeißen wir das in den Briefkasten, und dann hoffen wir, dass das nächste Mal ein Sperrmülltermin gemacht wird."
Ein neuer Fall mit nützlichen Beweismitteln
Die Männer steigen an einem anderen Container-Standort aus – das Bild hier ist ähnlich.
"Wir haben hier zum Beispiel einen alten Koffer, Zeitungen, Pappkartons, die dorthin geworfen sind, alte Schuhe."
Tobias Heyne zeigt hinter den Altpapier-Container, während einer der Müll-Detektive seine Kamera holt. Er hat offenbar etwas entdeckt.
"Jetzt haben wir einen Karton gefunden, wo ein Adressaufkleber drauf ist, der wird jetzt fotografiert und die Adressaufkleber werden ausgeschnitten als Beweismittel."
"Ist ja nicht weit weg von hier ... das passt ja."
"Ist ja nicht weit weg von hier ... das passt ja."
"Derjenige wird dann angeschrieben von uns. Ja, hoffen wir mal, dass er dann auch zur Rechenschaft gezogen wird."
Etwa die Hälfte der eingeleiteten Verfahren endet mit einem Bußgeldbescheid. In einigen Fällen reden sich die Verdächtigen aber auch raus oder sind umgezogen – und nicht mehr auffindbar.
So etwas ärgert den Gelsenkirchener Oberbürgermeister Frank Baranowski:
"Wenn erstmal was dasteht, glauben ja viele, man könnte einfach was dazustellen. So entwickelt sich das ja, und wird immer unansehnlicher. Und wir haben uns überlegt: Wie könnte man denn dem begegnen?"
Ein Wachdienst für problematische Orte
Die Stadt und ihr Entsorgungsbetrieb Gelsendienste entwickelten einen Plan: Um die Täter möglichst auf frischer Tat zu ertappen, haben sie einen Wachdienst damit beauftragt, besonders problematische Standorte zu überwachen. Seit gut fünf Monaten liegt der nun auf der Lauer, erklärt der Betriebsleiter der Gelsendienste, Ulrich Husemann:
"Mit einem großen Erfolg. Damit haben wir eigentlich gar nicht gerechnet. Erfolg im Negativen, weil eigentlich: Schade, dass wir so viele Leute erwischt haben."
Es habe bisher etwas mehr als 60 Observationen gegeben – und etwa 30 Mal sei der Wachdienst fündig geworden, wie Husemann und Baranowski anhand der Beweisfotos erläutern.
"Das ist am hellichten Tage: Da kommt ein Lieferwagen eines Unternehmens, und die laden am hellichten Tage ihren Müll da ab. Also ich finde, das ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten", sagt Baranowski.
Neben solchen Gewerbetreibenden seien auch Privatpersonen erwischt worden – ein Querschnitt der Gesellschaft, sagt der Oberbürgermeister und schickt hinterher:
"Unsere Botschaft ist: Fühlt euch nicht zu sicher, wenn ihr das macht. Die Gefahr ist, dass wir euch packen und dass es dann richtig teuer wird."
Bequemlichkeit kann teuer werden
Zurück an den Container-Standorten in der Stadt haben die beiden Müll-Detektive wieder Kartons mit Adressaufklebern gefunden.
"Der stand jetzt oben auf dem Container ... "
"Die müsste man eben auch ein bisschen klein machen, die passen da so nicht rein. Ist eben auch das Problem: Die Leute sind ein bisschen bequem, packen das dann daneben."
"Die müsste man eben auch ein bisschen klein machen, die passen da so nicht rein. Ist eben auch das Problem: Die Leute sind ein bisschen bequem, packen das dann daneben."
Diese Bequemlichkeit könnte den Verursacher jetzt teuer zu stehen kommen. Die beiden Müll-Detektive packen ihre Kamera wieder ein und steigen ins Auto – es geht zurück ins Büro: Beweise abheften, Ordnungswidrigkeitsverfahren in die Wege leiten. Und morgen früh gehen sie dann wieder auf die Suche.