El Vy ist eine Reise in die 80er
The National gibt es seit 1999, die Band hat es bis an die Spitze der US-Charts geschafft. Jetzt geht ihr Sänger Matt fremd, mit El Vy - einem Projekt, das nur aus ihm und seinem Partner Brent Knopf besteht.
El Vy, ein Name der nichts, ja rein gar nichts zu bedeuten hat. Sagt Matt Berninger. Er und der sechs Jahre jüngere Brent Knopf - früher bei der Band Menomena, heute bei Ramona Falls. Sie kennen sich seit vielen Jahren und wollten schon immer mal etwas zusammen machen. Herausgekommen ist ein Album mit ambitioniertem, doppelbödigem Pop, der an die 80er und 90er-Jahre erinnert. Im Titelsong "Return To The Moon" hört man ein bisschen Talking Heads heraus.
Einen Song weiter sind INXS wieder lebendig...
Hört sich fast so an, als hätte da jemand nach 16 Jahren in derselben Band Nachholbedarf in Sachen "anderer Sound"gehabt. Und ach ja, Roxy Music und Bryan Ferry haben El Vy ebenfalls im Programm
"Es war nicht so, dass ich nach einer anderen kreativen Ausdrucksmöglichkeit neben The National gesucht hätte. Die Band ist mir dafür absolut genug. Ich glaube, ich habe mir die anderen Typen in der Band angesehen, wie sie Soloprojekte machten und bemerkte, wie gut ihnen das getan hat. Deshalb habe ich auf Tour, anstatt zu After Show-Partys zu gehen, lieber an diesen Songs gearbeitet - anstatt die ganze Nacht zu trinken. Obwohl ich Bier und Wein trank, während ich diese Songs schrieb..."
Matt Berninger, ein blonder Mittvierziger mit Brille, sitzt in einer Hamburger Hotelsuite. Er ist eher nebenbei so eine Art Rockstar. Seine Stimme ist dunkel, aber was sie sagt, klingt lebensaufgeräumt und freundlich. Brent Knopf ist auch da, aber er redet eher ungern. Er ist der Mann für den Sound von El Vy, der sich mit seiner Synthetik und den Retro-Pop-Bezügen erheblich von The National unterscheidet. Über Jahre haben sich die beiden Song-Ideen übers Internet hin und her geschickt, zwischen Portland und Los Angeles, wo Berninger seit drei Jahren mit Frau und Tochter lebt.
Musik, die sein Leben prägte
"Paul Is Alive", ein Song, den Matt Berninger als Schlüsselsong des Albums bezeichnet, ist ein gutes Beispiel für diese Arbeitsweise:
"'Paul is alive' ist ein alter Beatles-Witz, aber es ist auch der Name meines Vaters. Ich habe das Lied an Weihnachten geschrieben und mein Vater ist an Weihnachten geboren. Brent schickte mir in der Weihnachtszeit eine Email mit neuer Klaviermusik. Da war ich gerade bei meinen Eltern um Weihnachten zu feiern. Meine Familie war da, die meiner Schwester, mein Bruder. Alle im Haus schliefen, nur ich konnte nicht und schrieb Melodien und Texte zu diesem Klavierstück, das Brent geschickt hatte. Und dann ist mir am Weihnachtsmorgen eingefallen, dass ich kein Geburtstagsgeschenk für meinen Vater hatte. Im Song geht es nicht darum, dass mein Dad geboren ist. Es ist eher eine Collage mit Geschichten über meine Eltern - in einer fiktionalen Version. Man kann aber sagen: Dieser Song setzt die Stimmung für das gesamte Album."
Cincinnati in Ohio, wo Matt Berningers Eltern heute noch leben, ist auch der Handlungsort des ganzen Albums. Hier ist Matt Berninger 1971 zur Welt gekommen, hier verbrachte er in den 80-ern seine Jugend und entdeckte Musik, die sein Leben prägen sollte...
"Ich fing an, über Orte in Cincinnati zu schreiben, wo Leute in Goth oder Punk-Outfits herumhingen. Kids, die The Cure oder Ministry hörten und sich mit denen stritten, die auf Van Halen standen. Wenn man sich mit einer bestimmten Art Musik verbindet, findet man sich selbst. Zumindest war das bei mir so. Ich verband mich mit etwas, das außerhalb von Cincinnati lag: Morrissey zum Beispiel. Da war dieser Mensch, der in England lebte, wo ich noch nie war, und ich wusste genau, was er meint."
"Ich fühlte mich niemals so allein wie in dem Moment, als ich las, dass die Minutemen tot sind", singt Matt Berninger im Song "It's A Game". D. Boon, Sänger und Gitarrist der einflussreichen Hardcore-Band Minutemen, war 1985 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Die verbliebenen Bandmitglieder, Mike Watt und George Hurley, gründeten danach die Band Firehose. Auch sie kommen als Charaktere in Matt Berningers persönlicher Indie-Enzyklopädie der 80-er vor. Ist "Return To The Moon"also Matt Berningers persönlichste Platte?
"Nein, überhaupt nicht. Alles, was ich schreibe, ist persönlich. Auf diesem Album gibt es allerdings mehr Autobiografisches als auf jeder Platte von The National...Es gibt Songs, die mit meiner Familie und meiner Jugend zu tun haben. Ich denke darüber nach, warum ich der geworden bin, der ich bin. Es hat sicher damit zu tun, dass ich meiner sechsjährigen Tochter beim Aufwachsen zusehe. Dabei, wie sie eine eigene Persönlichkeit wird."