Die Jungen haben "die Schnauze voll von den alten Tanten SPD und CDU"
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Die Politikerrunde am Wahlabend erinnert den Regisseur Matthias Lilienthal an eine Frank-Castorf-Komödie. Dass Armin Laschet mit seiner unterlegenen CDU gerne regieren möchte, wäre für ihn allerdings eine Tragödie. Jetzt seien die Grünen gefragt.
Die Elefanten-Runde am Wahlabend hatte für Matthias Lilienthal durchaus noch komödiantischen Unterhaltungswert. Der Theateregisseur fühlt sich an eine knallige Frank-Castorf-Komödie à la "Pension Schöller" erinnert.
Dass Armin Laschet mit seiner unterlegenen CDU gerne die Nachfolge von Angela Merkel antreten, (weiter-)regieren möchte und Sondierungsgespräche mit FDP und Grünen anstrebt, ist für den ehemaligen Intendaten der Münchner Kammerspiele allerdings eher eine Tragödie - sollte es so weit kommen.
Ein "Weiter so" wäre eine Unverschämtheit
Tragisch wäre, "wenn in dieser vollkommen überalterten Gesellschaft der jungen Generation, die ja dezidiert anders gewählt hat, wieder ein politischer Wechsel nach 16 Jahren politscher Konfliktlosigkeit gestohlen wird". Dies wäre dann "eine totale Unverschämtheit".
In der Altersgruppe der jungen Wähler unter 25 haben zwar die Grünen am besten abgeschnitten, gleich danach kommt jedoch die FDP. Er habe seinen 24-jährigen Sohn danach gefragt, wie es möglich sei, dass die FDP bei den Jungen so erfolgreich ist, berichtet Lilienthal.
"Er hat gesagt: 'Du, die einzigen beiden Parteien, die auf Instagram und auf Twitter präsent waren, waren die FDP und die Grünen', und die hätten das total cool gemacht. Und selbst zur FDP hätte es eine Untersuchung gegeben, dass die die Umweltsachen total gut umsetzen."
Er habe seinem Sohn daraufhin gesagt, er solle "diesen Mist" nicht glauben. Für Lilienthal steht fest: Die Generation seines Sohnes habe "von diesen alten Tanten SPD und CDU einfach die Schnauze voll".
Höchste Zeit für einen Wechsel - auch wenn es die SPD ist
Dass die FDP wieder einmal der Kanzlermacher ist, ist für den Theatermann "ein unangenehmes Déjà-vu". Aber diese bittere Pille müsse man wohl schlucken. Denn: Es sei endlich Zeit für einen Wechsel – "und wenn es nur von der CDU zur SPD ist", betont Lilienthal.
Die "schönste politische Zeit" seien für ihn die Jahre der rot-grünen Koalition zwischen 1998 und 2005 gewesen. Diese habe für politischen Aufbruch und viele politische Modernisierungsversuche gestanden.
Der Jugend endlich zu ihrem Recht verhelfen
Am wichtigsten ist für Lilienthal, dass Jugendliche und junge Erwachsene nach all den Beeinträchtigungen durch die Pandemie "ein extremes Recht darauf haben, dass ihre Interessen durchgesetzt werden – auch auf Kosten der Wirtschaft. Und das erhoffe ich mir von den Grünen".
Am zurückliegenden Wahlkampf habe ihn vor allem die extreme Nabelschau der meisten Parteien gestört, die alle Konflikte in der Welt ausgeblendet habe.
Er setze jetzt viel Hoffnung auf die Grünen in der neuen Regierung – für das Klima – und
auf "seinen allerliebsten Kulturpolitiker", Carsten Brosda, SPD-Kultursenator in Hamburg[AUDIO]
. Lilienthal hofft, dass Brosda "das Angebot zurückweist, Kanzleramtsminister zu werden und stattdessen ein Kulturministerium leitet, das auch ein richtiges Kulturministerium wird".
(mkn)
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