Fernweh: Warum reisen wir?
Darüber spricht Gisela Steinhauer am Samstag, den15. April von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Matthias Politycki. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de – sowie auf Facebook und Twitter.
Informationen über Matthias Politycki
Literaturhinweis: Matthias Politycki: "Schrecklich schön und weit und wild. Warum wir reisen und was wir dabei denken", Hoffmann und Campe, 2017
"Jede Reise ist zu Beginn ein Ausweg"
Matthias Politycki ist oft die Hälfte des Jahres unterwegs, 97 Länder hat er schon bereist. Warum tut er sich das an? "Es lohnt immer!", meint der Schriftsteller. Unterwegs findet er Stoffe für seine Geschichten - und wird angespornt zu weiteren Reisen.
Die Deutschen gelten als Reise-Weltmeister; viele treibt es regelmäßig in die Ferne. Kaum ein Fleckchen auf der Erde, das nicht bereits von deutschen Urlaubern erkundet wurde. Dabei sollten wir eher von "Tourismus-Weltmeistern" reden, findet Matthias Politycki. Der Schriftsteller ist ein Reisender im ursprünglichen Sinne: ein Entdecker, der sich und die Welt erkunden will – jenseits der vorgeschriebenen Pfade der Reiseführer. Mit seinen 61 Jahren war er bereits in 97 Ländern unterwegs. Aber das Reisen hat Matthias Politycki auch verändert; darüber hat er sein neuestes Buch geschrieben: "Schrecklich schön und weit und wild. Warum wir reisen und was wir dabei denken".
"Der Reisende ist der Suchende per se, und was er auf seiner Suche findet, es spornt ihn nur zu weiterer Suche an", so begründet er auch seine eigene Reiselust, immerhin ist er oft mehr als die Hälfte des Jahres unterwegs.
"Ich habe eine habituelle Unruhe, ich muss fahren, einfach um des Fahrens willen. Dieses unterwegs sein und den Wind zu spüren, das sind ganz großartige Erlebnisse."
Von diesen Erlebnissen erzählt nicht nur dieses Buch, das Reisen zieht sich durch sein schriftstellerisches Schaffen.
Unbeschwertes Reisen kaum mehr möglich
"Reisen ist für mich aber nicht etwa Lebenselixier; es ist auch eine Aufgabe. Manche Freunde fragen mich: Warum tust du dir das an? Weil ich Stoffe haben will und muss. Ich gehe auf Müllberge und in die Höhen, um Geschichten zu finden."
Matthias Politycki beschäftigt aber auch die Entwicklung der Tourismusindustrie, die ein Entdecken in der Fremde und den Kontakt mit den Einheimischen immer schwieriger mache. Ein unbeschwertes Reisen in den heutigen unruhigen Zeiten ist für ihn persönlich kaum mehr möglich:
"Spätestens seit der Flüchtlingskrise 2015 hat das Reisen auch eine schreckliche Dimension bekommen. Dazu kommen die zahlreichen regionalen Kriege und die dahinterstehende Konfrontation der Kulturen, viele afrikanische und arabische Touristenländer von einst haben sich in Hochburgen des Terrorismus verwandelt. Die Unschuld des Reisens ist jedenfalls dahin."
Dennoch treibt es ihn weiter durch die Welt: "Es lohnt immer! Zwar ist die Exotik der Fremde mittlerweile arg reduziert, aber den Alltag der Fremde gibt es nach wie vor, darin kann man sich neu erfahren wie eh und je." Seine Erfahrung: "Jede Reise ist zu Beginn ein Ausweg, in ihrem Verlauf ein Umweg – und am Ende ein Rückweg zu uns selbst."