Matthias Weik, Marc Friedrich: Kapitalfehler. Wie unser Wohlstand vernichtet wird und warum wir ein neues Wirtschaftsdenken brauchen
Eichborn Verlag, Köln 2016
348 Seiten, 19,99 Euro, auch als E-Book
"Finanzbranche unter permanente Kontrolle stellen"
Das Eigenleben der Finanzmärkte macht zwar Reiche noch reicher, stürzt aber die Wirtschaft regelmäßig in Krisen, so die Autoren Matthias Weik und Marc Friedrich. Sie fordern: Kreditgeschäfte und Wertpapierhandel müssen viel strenger kontrolliert werden.
Die Krisen der letzten dreißig Jahre seien von den Finanzmärkten ausgegangen. Weil sich dort ein schlecht gemachter Kapitalismus ausgebreitet habe und ein Geldkarussell entstanden sei, das sich gleichermaßen von realer Wirtschaft wie vom Wettbewerb auf freien Märkten abgekoppelt habe.
Matthias Weik und Marc Friedrich halten die weltweite Vermögensverteilung schlicht für ineffizient. Wenn 0,1 Prozent der Weltbevölkerung, wenn neun Millionen Menschen entscheiden würden, wo und wie 80 Prozent des global verfügbaren Kapitals investiert werde, dann sei das Risiko des Irrtums denkbar schlecht gestreut. Zumal neun Zehntel allen Geldes nur innerhalb der virtuellen Geldwirtschaft zirkuliere.
Mit Joseph Schumpeter halten sie die kurzen Zyklen der Konjunktur und die langlaufenden der Innovation für ein unschönes, aber vertretbares Auf und Ab, für eine schöpferische Zerstörung in einem Entwicklungsprozess – aber eben nur dort, wo Güter und Dienstleistungen herstellt und konsumiert würden, zu transparenten Bedingungen für alle.
Wertpapiere müssten amtlich zugelassen
Die Finanzbranche dagegen verlangen sie, unter eine permanente Kontrolle und Regulierung zu stellen, die tagtäglich und antizyklisch durchzugreifen habe. Wertpapiere müssten amtlich zugelassen und vorab auf ihre Risiken geprüft werden. Auch dürften sie nur an öffentlichen Börsen gehandelt werden.
Sie würden nicht nur das lukrative, voluminöse, dafür aber intransparente Geschäft über den Bankschalter verbieten, sondern auch den superschnellen Hochfrequenzhandel per Computer. Spekulationsgeschäfte könnten durch eine Transaktionssteuer abgebremst werden wie auch durch ein Verbot, Aktien und Rentenpapiere leer zu handeln, also ohne sie tatsächlich zu besitzen.
Weik und Friedrich sprechen sich für eine konsequente Trennung in Geschäfts- und Investmentbanken aus. Sie zeigen sich zudem als Anhänger des Vollgeldsystems. Danach dürften die Notenbanken nicht länger den Kreditinstituten das Recht zur Geldschöpfung einräumen. Folglich würden nur so viele Kredite ausgereicht werden, wie es die Höhe der Einlagen eines Instituts erlaube.
Schuldenschnitt für arme Länder unausweichlich
Sie hielten es für besser, auf geordnete Weise die Euro-Währungsunion aufzulösen und in ein neu gestricktes System nach dem Vorbild von "Bretton-Woods" zu überführen. Auch eine reine Wirtschaftsunion gefällt ihnen besser als politische Union europäischer Staaten.
Bevor ihre Vorschläge fruchten könnten, das räumen sie ein, käme es zur einer harten Zeit der Anpassung, begleitet durch Rezession und tiefgreifende Strukturreformen. Auch ein Schuldenschnitt für Krisenländer, abgestützt durch einen Marshallplan für den Süden Europas, wäre unausweichlich.