Maude Barlow: „Das Wasser gehört uns allen!"

Wenn Wasser zur Ware wird

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Cover des Buchs "Das Wasser gehört uns allen": Vor blauem Hintergrund befindet sich ein illustrierter großer weißer Wassertropfen.
Milliarden Menschen haben nur zu verseuchtem Wasser Zugang, kritisiert Maude Barlow in ihrem Buch "Das Wasser gehört uns allen!". © Kunstmann Verlag / Deutschlandradio
Von Johannes Kaiser |
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Konzerne verkaufen Wasser teuer in Plastikflaschen, an vielen Orten haben sie die Wasserversorgung aufgekauft. In ihrem neuen Buch wirbt die kanadische Aktivistin Maude Barlow dafür, das Wasser in die öffentliche Hand zurückzuholen.
Das Recht auf freien Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht. Alle haben Anspruch auf sauberes Trinkwasser und auf Sanitäranlagen. Niemandem darf wegen fehlender finanzieller Mittel der Zugang zu sicherem und erschwinglichem Wasser verwehrt werden.
So die immer wiederkehrende Forderung der kanadischen Publizistin Maude Barlow, die dafür 2005 den Alternativen Nobelpreis erhielt. Forderungen, denen sich auch die UNO 2015 einstimmig als Ziel für 2030 anschloss.

Buch der Hoffnung

Doch noch immer müssen Milliarden Menschen kilometerweit laufen, um Quellen zu erreichen, und trinken Milliarden Menschen verseuchtes Oberflächenwasser, so die Kanadierin in ihrem neuen schmalen Buch. "Das Wasser gehört uns allen!", das sie selbst "ein Buch der Hoffnung" nennt, liest sich letztendlich wie eine Fortschreibung ihres Bestsellers "Blaues Gold", das bereits 2002 erschien.
Unterteilt in fünf Kapitel nennt Maude Barlow zunächst zahlreiche erschreckende Fakten zum Thema: So stirbt alle zwei Minuten ein Kind unter fünf Jahren an Durchfallerkrankungen – verursacht durch verseuchtes Wasser. Der Klimawandel verschärft diese Probleme zusätzlich, denn er trifft die Armen. Angesichts zunehmender Wasserknappheit wird vor allem ihnen der Bezug von Wasser erschwert. Denn Wasser ist zum Handelsgut großer Wasserkonzerne geworden, wie die Autorin heftig kritisiert.

Liberalisierung der Wasserwirtschaft

Weltweit haben Großkonzerne die öffentlichen Wasserversorgungsunternehmen aufgekauft und privatisiert. Ein typisches Resultat laut Maude Barlow: In Detroit wurde binnen vier Jahren knapp 95.000 Haushalten der Wasserhahn zugedreht, weil die Bürgerinnen und Bürger die um 400 Prozent gestiegenen Preise nicht mehr bezahlen konnten. Betroffen war vor allem die schwarze Bevölkerung. Und während ihnen das Wasser abgestellt wurde, blieben Unternehmen und Golfresorts trotz unbezahlter Wasserrechnungen unbehelligt.
Zur gleichen Zeit sichern sich weltweit internationale Lebensmittelkonzerne den Zugang zu wichtigen Süßwasserreservoirs, um das kostbare Nass in Flaschen zu füllen und es anschließend teuer zu verkaufen. Oftmals sinkt der Grundwasserspiegel in den Gemeinden rund um die Wasserfabriken so dramatisch, dass Brunnen trockenfielen, so Barlow. Weiteres Ergebnis dieses Wasserabzapfens: eine Flut von Plastikflaschen. Weltweit werden jede Minute eine Million Plastikflaschen verkauft. Über 90 Prozent werden nicht recycelt, landen in Deponien, Flüssen, im Meer.

Konkrete Tipps und Anweisungen

Besonders am Herzen liegen Maude Barlow daher die "Blue Communities". Das sind Gemeinden und Städte, die sich verpflichten, Wasser- und Sanitärversorgung als Menschenrechte zu schützen, Wasser in öffentliche Hand zurückzuholen und den Verkauf von Flaschenwasser in städtischen Einrichtungen zu verbieten.
Die ausführliche Aufzählung der "Blauen Gemeinden" in den USA und Europa ist auf Dauer etwas ermüdend, versteht sich wohl vor allem als Handlungsanweisung für Wasserschutzaktivistinnen und -aktivisten. Die finden im Anhang des 175-seitigen Buches mehrere Resolutionsentwürfe, mit denen sie vor Ort Politikerinnen und Politiker zum Handeln aufrufen können.
Der Erfolg dieser weltweiten Bewegung verdankt sich Maude Barlow zufolge auch aus der Tatsache, dass hier nicht gegen etwas protestiert wird, sondern für etwas geworben. Es sind positive Ziele, für die gekämpft wird. Das erleichtert das Engagement.

Maude Barlow: "Das Wasser gehört uns allen! Wie wir den Schutz des Wassers in die öffentliche Hand nehmen können"
Aus dem Englischen von Wolfgang Müller
Kunstmann Verlag, München 2020
172 Seiten, 16 Euro

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