Der kleine Grenzverkehr in Gefahr
In der Grenzregion rund um Saarbrücken herrscht ein reger Austausch von Waren und Arbeitskräften. Die Händler in Saarbrücken befürchten Umsatzeinbußen, sollten die Pläne einer PKW-Maut Wirklichkeit werden.
Besucher aus Frankreich und Luxemburg sind in der Saarbrücker Innenstadt gern gesehene Gäste, sagt der stellvertretende Vorsitzendes des Vereins für Handel und Gewerbe, Michael Genth:
"Die Innenstadt hat je nach Tag und Anlass zwischen 15 und 25 Prozent Besucheranteil aus Frankreich. Hinzukommen 3, 4, 5 Prozent aus Luxemburg, sodass wir bis zu 30 Prozent Kunden aus dem nahen Ausland haben."
Die ausländische Kundschaft sorgt dafür, dass beim Handel die Umsätze sprudeln. Während die Luxemburger eher vom breiteren Warenangebot angelockt werden, nutzt die französische Kundschaft die Gelegenheit, preisgünstig einzukaufen, denn zu Hause ist das Preisniveau – von Käse, Wein und Fisch einmal abgesehen - deutlich höher.
"Wir kommen immer nach Saarbrücken und erledigen unsere Einkäufe hier. Lebensmittel, Fleisch. Ich kaufe Kleidung Lebensmittel, Kosmetik, eigentlich alles."
"Absolute Besuchsverhinderungssteuer"
Der Handel fürchtet daher die deutschen Pläne einer Straßennutzungsgebühr.
Genth: "Das ist in der momentan geplanten Art und Weise und auch in der Höhe eine absolute Besuchsverhinderungssteuer, ja."
Gegen eine Beteiligung an den Kosten der Infrastruktur hätte auch der Handel nichts einzuwenden, es müsse aber fair zugehen und der so wichtige kleine Grenzverkehr dürfe nicht zum Erliegen kommen, argumentiert Genth.
Das Luxemburger Straßennetz ist frei befahrbar und selbst in Frankreich wird differenziert. Nicht einmal alle französischen Autobahnen sind kostenpflichtig und die vielfach sehr gut ausgebauten Landstraßen sind gebührenfrei, erläutert der französische Generalskonsul in Saarbrücken, Frédéric Joureau:
"Es gibt zur Zeit keine Maut an der Grenze, das heißt zum Beispiel die Autobahn zwischen Nancy und Luxemburg ist mautfrei. So ist die Lage auch zwischen St. Avold nach Saarland hin. Diese Projekt ist für uns eine Überraschung, denn es wird uns nicht dabei helfen, unsere grenzüberschreitenden Projekte weiter zu pflegen."
"Wir geben dann kein Geld mehr aus in Deutschland"
Welche Reaktionen die Nachbarn zeigen werden, wenn sie erstmal nach Hubraum und Schadstoffklasse Straßennutzungsgebühren entrichten müssen, bleibt abzuwarten. Unter den französischen Gästen wird diese Frage kontrovers diskutiert.
"Das ändert nichts. Die Zigaretten kosten bei uns sieben und bei euch fünf Euro, also, ich werde weiter zum Einkaufen nach Saarbrücken fahren, ich wohne nur drei Kilometer hinter der Grenze."
"Ich bleibe dann zu Hause in Frankreich, ich kann mir das nicht leisten. Wir geben dann kein Geld mehr aus in Deutschland das ist das Problem."
Mit einer Vignette für einige Tag oder zwei Monate, die alternativ zur Jahresplakette angeboten werden sollen, können die Menschen im Grenzgebiet wenig anfangen, denn diese befristeten Lösungen entsprechen überhaupt nicht ihren Gewohnheiten. Obendrein seien etwa 100 Euro pro Fahrzeug einfach zu viel.
Passantin: "Bei drei Fahrzeugen in der Familie, müssen Sie drei Mal zahlen, das ist unmöglich."
Hürde für Pendler
Auch für etwa 18.000 französische Pendler, die täglich ins Saarland kommen, darunter zahlreiche Teilzeitbeschäftigte und Minijobber, dürfte die Maut eine Hürde darstellen. Erst vergangene Woche hat sich Arbeitsministerin Andrea Nahles mit ihrem französischen Kollegen François Rebsamen in Saarbrücken getroffen, um sich über die Fortschritte bei der grenzüberschreitenden Jobvermittlung zu informieren. Rebsamen stellt dabei erfreut fest, dass der regionale Arbeitsmarkt hüben wie drüben die Grenze ignoriert.
Rebsamen: "Les bassins d'emploi ignorent les frontières."
Für Andrea Nahles aber ist die Maut grundsätzlich kein Problem, auch nicht für die Grenzregionen:
"Wir sollten nicht so tun, als ob das nicht möglich ist. Zwischen Deutschland und der Schweiz und auch Österreich existieren seit Jahren solche Mautsysteme, die haben den Arbeitsmarkt nicht wirklich beeinträchtigt."
Die Schweiz aber begnügt sich mit 33 Euro pro Jahr und Fahrzeug und nicht alle Straßen sind mit Gebühren belegt.