McAllister: Briten und Deutsche kämpfen mit gleichen Mitteln
Die Wahlkampftechniken bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und den Parlamentswahlen in Großbritanien seien durchaus vergleichbar, sagt David McAllister, Vorsitzender der niedersächsischen CDU. Am Donnerstag wählt Großbritannien ein neues Parlament.
Marietta Schwarz: Zwei Wahlen stehen in dieser Woche an, zwei Wahlen, deren Ergebnis mehr denn je mit Spannung erwartet wird: In Großbritannien wird am Donnerstag ein neues Parlament gewählt und drei Tage später stimmen die Wähler in Nordrhein-Westfalen über die Sitzverteilung im Landtag ab. In Großbritannien sieht momentan alles nach einem Wahlsieg der Tories, also der Konservativen aus; an Rhein und Ruhr dagegen muss sich Ministerpräsident Rüttgers um sein Amt sorgen. Zugegeben, man würde diese beiden Wahlen nicht unbedingt in einen Topf werfen, wäre nicht gerade ein deutscher CDU-Landespolitiker zum Wahlkampfbesuch bei seinen britischen Parteifreunden gewesen. Sein Name ist David McAllister, er ist Vorsitzender der niedersächsischen CDU. Guten Morgen, Herr McAllister!
David McAllister: Guten Morgen!
Schwarz: Lassen sich denn diese beiden Wahlen in irgendeiner Weise vergleichen?
McAllister: Die Wahlen als solches lassen sich nicht vergleichen, aber die Wahlkampftechniken in beiden Ländern sind durchaus vergleichbar.
Schwarz: Inwiefern?
McAllister: Mir ist aufgefallen, am Wochenende, als ich in Großbritannien war, dass vieles, was im Wahlkampf gemacht wird, vergleichbar ist mit dem, was wir in Deutschland machen, von Veranstaltungen über Straßenwahlkampf bis hin zur wachsenden Bedeutung des Internets. Der größte Unterschied ist, dass in Großbritannien halt ausschließlich der Wahlkreis zählt, der gewonnene Wahlkreis durch das Mehrheitswahlrecht. Dadurch findet insbesondere in den schwer umkämpften Wahlkreisen ganz besonders viel Wahlkampf statt und dafür in anderen Regionen umso weniger.
Schwarz: Die Tories sind in Großbritannien auf dem Vormarsch, nachdem sie lange Zeit als unwählbar galten. Ist das nur der glücklosen Amtszeit von Premier Brown geschuldet?
McAllister: Nein nicht nur. Natürlich hat die Labour-Regierung nach so vielen Jahren auch an viel Ansehen verloren und Gordon Brown als Person ist auch umstritten bei vielen Briten. Aber dass die Tories wieder da sind, das ist ganz wesentlich ein Verdienst von David Cameron, der in den letzten Jahren diese Partei unglaublich modernisiert hat und viele Menschen aus der politischen Mitte wieder im wahrsten Sinne des Wortes wählbar gemacht hat.
Schwarz: Sie sind ja seit vielen Jahren mit ihm befreundet. Wie hat er denn das Image der Tories verändert in den letzten Jahren?
McAllister: Die Tories hatten in der Nach-Thatcher-Ära vor allen Dingen das sogenannte Image einer Nasty-Party, also einer bösen, einer fiesen Partei, eine Partei, die sich auf einige wenige Themen konzentriert hat und auch eher eine Partei für die Besserverdienenden war, und David Cameron hat die Partei komplett erneuert, zum einen inhaltlich, vor allen Dingen in der Familienpolitik, in der Umweltpolitik und in der Integrationspolitik. Aber David Cameron hat den Tories auch ein neues Gesicht gegeben, indem er auf neue Kandidaten gesetzt hat, auf mehr Frauen, auf mehr Kandidaten mit Migrationshintergrund und zum ersten Mal kandidieren bei den Konservativen auch Kandidaten, die offen homosexuell sind.
Schwarz: Sie, Herr McAllister, waren ja am Wochenende in London und in einem ziemlich umkämpften Wahlkreis, in Hammersmith. Wie versuchen Ihre Parteifreunde denn dort zu punkten?
McAllister: Nun will ich zunächst sagen, die Konservativen sind keine Parteifreunde der CDU, sondern wir seit Jahren politische Partner, auch wenn die Konservativen die Fraktionsgemeinschaft im europäischen Parlament verlassen haben. Also ich bin mit einem MP-Kandidaten von Haus zu Haus gegangen im Londoner Stadtteil Hammersmith und mir ist aufgefallen, dass es ein hohes Interesse gab an der Wahl; ich glaube, die drei TV-Debatten haben zu einer Repolitisierung der britischen Gesellschaft geführt, es gibt ein großes Interesse, eine große Neugier und die Briten merken auch, es wird ein Herzschlagfinale, es kommt tatsächlich auf jede Stimme gerade in diesen umkämpften Wahlkreisen an. Also in England sagt man too close to call, und man hat jetzt noch drei Tage Zeit, bis Donnerstag Abend wirklich die letzten Kräfte zu mobilisieren. Ich weiß nicht, ob am Ende eine absolute Mehrheit der Konservativen dabei rauskommen wird. Ich glaube, zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl eher nicht, wahrscheinlich werden die Konservativen auf einen politischen Partner angewiesen sein. Aber dass der nächste Premierminister David Cameron heißt, das war insbesondere nach der dritten TV-Debatte doch zu spüren.
Schwarz: Ja, relativ kurz vor knapp ist ein neuer Gegner auf den Plan getreten, der bisher in der Politik nicht so richtig ernst genommen wurde, sich aber glänzend verkauft, Sie haben es angedeutet, sind die Liberaldemokraten und ihr Vertreter Nick Clegg. Wer muss denn sich vor ihm mehr in Acht nehmen – die Tories oder Labour?
McAllister: Die britischen Liberalen sind die große Überraschung dieses Wahlkampfs, insbesondere in den ersten beiden Debatten hat Nick Clegg in der Tat gepunktet und für viele Briten, die bis dahin auch nicht so politisch interessiert waren, war das auch eine wirkliche Überraschung, ein neues Gesicht, neue Ideen. Die Liberalen sind in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen eher bei den Konservativen, sie sind aber in gesellschaftspolitischen Fragen ganz betont linksliberal, auch in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik, dort sind sie eher bei Labour. Wenn man sich die Wahlkreise anschaut, dann gibt es mehr Wahlkreise, wo Konservative und Liberale um den Platz eins kämpfen als Labour und Liberale; auf der anderen Seite fiel auf, dass David Cameron in den, gerade in der letzten Debatte, auch trotz der Angriffe gegen Nick Clegg, immer wieder versucht hat, ein persönlich gutes Verhältnis zum Ausdruck zu bringen. Also es wird, bleibt spannend auch nach der Wahl in Großbritannien und dadurch, dass die Liberalen noch mal jetzt an die 28 Prozent bekommen, werden sie wohl gute Chancen haben, um die 70, 80 Mandate zu erzielen, und das sind dann diejenigen, die entscheidend sein könnten bei der Mehrheitsvergabe.
Schwarz: Wenn die Tories nun auf die Zusammenarbeit mit den Liberalen angewiesen sein werden – wo liegen denn die größten Reibungspunkte?
McAllister: Also die Konservativen äußern sich überhaupt nicht über mögliche Koalitionen vor der Wahl, insofern ist alles Mögliche denkbar. Also man darf auch andere Optionen nicht ganz ausschließen, also eine Zusammenarbeit auch mit kleineren Regionalparteien, insbesondere mit den Walisern, mit Clyde Comery (Anm. d. Red.: Schwer verständlich im Hörprotokoll), pflegen die Tories ein ganz ordentliches Verhältnis, es gäbe auch die Möglichkeit einer Minderheitenregierung, auch das hat ja Großbritannien schon gehabt. Die größten Unterschiede zwischen den Lib-Dems sehe ich in der Außenpolitik, die Lib-Dems sind für einen klaren und schnellen Abzug der Briten aus Afghanistan; es gibt große Unterschiede in der Europapolitik, aber auch in Fragen der Zuwanderung.
Schwarz: Der niedersächsische CDU-Vorsitzende David McAllister über die bevorstehenden Wahlen in Großbritannien, Herr McAllister, ich danke Ihnen für das Gespräch!
McAllister: Ja, vielen Dank, thank you!
David McAllister: Guten Morgen!
Schwarz: Lassen sich denn diese beiden Wahlen in irgendeiner Weise vergleichen?
McAllister: Die Wahlen als solches lassen sich nicht vergleichen, aber die Wahlkampftechniken in beiden Ländern sind durchaus vergleichbar.
Schwarz: Inwiefern?
McAllister: Mir ist aufgefallen, am Wochenende, als ich in Großbritannien war, dass vieles, was im Wahlkampf gemacht wird, vergleichbar ist mit dem, was wir in Deutschland machen, von Veranstaltungen über Straßenwahlkampf bis hin zur wachsenden Bedeutung des Internets. Der größte Unterschied ist, dass in Großbritannien halt ausschließlich der Wahlkreis zählt, der gewonnene Wahlkreis durch das Mehrheitswahlrecht. Dadurch findet insbesondere in den schwer umkämpften Wahlkreisen ganz besonders viel Wahlkampf statt und dafür in anderen Regionen umso weniger.
Schwarz: Die Tories sind in Großbritannien auf dem Vormarsch, nachdem sie lange Zeit als unwählbar galten. Ist das nur der glücklosen Amtszeit von Premier Brown geschuldet?
McAllister: Nein nicht nur. Natürlich hat die Labour-Regierung nach so vielen Jahren auch an viel Ansehen verloren und Gordon Brown als Person ist auch umstritten bei vielen Briten. Aber dass die Tories wieder da sind, das ist ganz wesentlich ein Verdienst von David Cameron, der in den letzten Jahren diese Partei unglaublich modernisiert hat und viele Menschen aus der politischen Mitte wieder im wahrsten Sinne des Wortes wählbar gemacht hat.
Schwarz: Sie sind ja seit vielen Jahren mit ihm befreundet. Wie hat er denn das Image der Tories verändert in den letzten Jahren?
McAllister: Die Tories hatten in der Nach-Thatcher-Ära vor allen Dingen das sogenannte Image einer Nasty-Party, also einer bösen, einer fiesen Partei, eine Partei, die sich auf einige wenige Themen konzentriert hat und auch eher eine Partei für die Besserverdienenden war, und David Cameron hat die Partei komplett erneuert, zum einen inhaltlich, vor allen Dingen in der Familienpolitik, in der Umweltpolitik und in der Integrationspolitik. Aber David Cameron hat den Tories auch ein neues Gesicht gegeben, indem er auf neue Kandidaten gesetzt hat, auf mehr Frauen, auf mehr Kandidaten mit Migrationshintergrund und zum ersten Mal kandidieren bei den Konservativen auch Kandidaten, die offen homosexuell sind.
Schwarz: Sie, Herr McAllister, waren ja am Wochenende in London und in einem ziemlich umkämpften Wahlkreis, in Hammersmith. Wie versuchen Ihre Parteifreunde denn dort zu punkten?
McAllister: Nun will ich zunächst sagen, die Konservativen sind keine Parteifreunde der CDU, sondern wir seit Jahren politische Partner, auch wenn die Konservativen die Fraktionsgemeinschaft im europäischen Parlament verlassen haben. Also ich bin mit einem MP-Kandidaten von Haus zu Haus gegangen im Londoner Stadtteil Hammersmith und mir ist aufgefallen, dass es ein hohes Interesse gab an der Wahl; ich glaube, die drei TV-Debatten haben zu einer Repolitisierung der britischen Gesellschaft geführt, es gibt ein großes Interesse, eine große Neugier und die Briten merken auch, es wird ein Herzschlagfinale, es kommt tatsächlich auf jede Stimme gerade in diesen umkämpften Wahlkreisen an. Also in England sagt man too close to call, und man hat jetzt noch drei Tage Zeit, bis Donnerstag Abend wirklich die letzten Kräfte zu mobilisieren. Ich weiß nicht, ob am Ende eine absolute Mehrheit der Konservativen dabei rauskommen wird. Ich glaube, zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl eher nicht, wahrscheinlich werden die Konservativen auf einen politischen Partner angewiesen sein. Aber dass der nächste Premierminister David Cameron heißt, das war insbesondere nach der dritten TV-Debatte doch zu spüren.
Schwarz: Ja, relativ kurz vor knapp ist ein neuer Gegner auf den Plan getreten, der bisher in der Politik nicht so richtig ernst genommen wurde, sich aber glänzend verkauft, Sie haben es angedeutet, sind die Liberaldemokraten und ihr Vertreter Nick Clegg. Wer muss denn sich vor ihm mehr in Acht nehmen – die Tories oder Labour?
McAllister: Die britischen Liberalen sind die große Überraschung dieses Wahlkampfs, insbesondere in den ersten beiden Debatten hat Nick Clegg in der Tat gepunktet und für viele Briten, die bis dahin auch nicht so politisch interessiert waren, war das auch eine wirkliche Überraschung, ein neues Gesicht, neue Ideen. Die Liberalen sind in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen eher bei den Konservativen, sie sind aber in gesellschaftspolitischen Fragen ganz betont linksliberal, auch in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik, dort sind sie eher bei Labour. Wenn man sich die Wahlkreise anschaut, dann gibt es mehr Wahlkreise, wo Konservative und Liberale um den Platz eins kämpfen als Labour und Liberale; auf der anderen Seite fiel auf, dass David Cameron in den, gerade in der letzten Debatte, auch trotz der Angriffe gegen Nick Clegg, immer wieder versucht hat, ein persönlich gutes Verhältnis zum Ausdruck zu bringen. Also es wird, bleibt spannend auch nach der Wahl in Großbritannien und dadurch, dass die Liberalen noch mal jetzt an die 28 Prozent bekommen, werden sie wohl gute Chancen haben, um die 70, 80 Mandate zu erzielen, und das sind dann diejenigen, die entscheidend sein könnten bei der Mehrheitsvergabe.
Schwarz: Wenn die Tories nun auf die Zusammenarbeit mit den Liberalen angewiesen sein werden – wo liegen denn die größten Reibungspunkte?
McAllister: Also die Konservativen äußern sich überhaupt nicht über mögliche Koalitionen vor der Wahl, insofern ist alles Mögliche denkbar. Also man darf auch andere Optionen nicht ganz ausschließen, also eine Zusammenarbeit auch mit kleineren Regionalparteien, insbesondere mit den Walisern, mit Clyde Comery (Anm. d. Red.: Schwer verständlich im Hörprotokoll), pflegen die Tories ein ganz ordentliches Verhältnis, es gäbe auch die Möglichkeit einer Minderheitenregierung, auch das hat ja Großbritannien schon gehabt. Die größten Unterschiede zwischen den Lib-Dems sehe ich in der Außenpolitik, die Lib-Dems sind für einen klaren und schnellen Abzug der Briten aus Afghanistan; es gibt große Unterschiede in der Europapolitik, aber auch in Fragen der Zuwanderung.
Schwarz: Der niedersächsische CDU-Vorsitzende David McAllister über die bevorstehenden Wahlen in Großbritannien, Herr McAllister, ich danke Ihnen für das Gespräch!
McAllister: Ja, vielen Dank, thank you!