MdB Hänsel über Mesale-Tolu-Prozess

Gespenstisch, willkürlich und konstruiert

Ein Mann hält am 15.05.2017 in Neu-Ulm (Bayern) ein Schild in den Händen, auf dem die Freilassung der in der Türkei inhaftierten Mesale Tolu Corlu gefordert wird.
Mesale Tolu arbeitete als Journalistin und Übersetzerin in der Türkei. Wie lange sie noch im Gefängnis bleiben muss, ist unklar © dpa/picture-alliance/Stefan Puchner
Heike Hänsel im Gespräch mit Dieter Kassel |
Die deutsche Journalistin Mesale Tolu bleibt in der Türkei in Haft. Die Linkenpolitikerin Heike Hänsel beschreibt den Prozess als politisch motiviert und gespenstisch: mit einem hinter einem Monitor verborgenen Richter und einem gelangweilten Staatsanwalt.
Die deutsche Journalistin Mesale Tolu muss in türkischer Haft bleiben. Das zuständige Gericht hat für sie und fünf weitere Angeklagte die Untersuchungshaft verlängert. Als einzige Bundestagsabgeordnete beobachtet Heike Hänsel von der Linken den Prozess gegen Tolu. Im Deutschlandfunk Kultur erneuerte sie ihre Vorwürfe gegen die türkische Justiz: Das Verfahren gegen Tolu sei ein politischer Schauprozess mit einer konstruierten Anklage, sagte Hänsel. Sie fordert deswegen "deutlich mehr politischen Druck" von der Bundesregierung auf die Türkei, damit die "deutschen Geiseln" freigelassen werden.
Ali Riza Tolu (2.v.r) zeigt am 11.10.2017 vor dem Gerichtsgebäude in Silivri (Türkei) das Victory-Zeichen. In dem Gebäude begann an diesem Tag der Prozess gegen seine Tochte, die deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu.
Prozess gegen Mesale Tolu. Ihr Vater Ali Riza Tolu zeigt vor dem Gerichtsgebäude in Silivri das Victory-Zeichen.© dpa / Can Merey
Die Atmosphäre rund um das Gefängnis Silivri bei Istanbul, in dem der Prozess stattfindet, beschrieb Hänsel als "gespenstisch". Das Areal sei schwer bewacht, selbst Panzer seien in der Nähe des Gerichts aufgefahren. Den Richter habe man im Prozess wenig gesehen, "er saß immer hinter einem großen Monitor". Der Staatsanwalt sei offenbar gelangweilt gewesen und habe oft abwesend mit den Fingern gespielt. Tolu hingegen habe "erstaunlich gefasst" gewirkt und bei ihrer Verteidigungsrede einen "mental starken Eindruck" hinterlassen, so die Linkenpolitikerin.
Ein Porträt der Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel (Die Linke)
Heike Hänsel beobachtet den Prozess gegen Tolu in der Türkei© picture alliance / dpa / Michael Latz
Von der Bundesregierung verlangt Hänsel nun eine "klare Ansage" an den türkischen Staatspräsidenten Erdogan. "So wie der Prozess bisher gelaufen ist, glaube ich nicht, dass es zu einer Freilassung von Mesale Tolu kommen wird", sagte Hänsel. Tolu ist bereits seit April mit ihrem inzwischen dreijährigen Sohn inhaftiert. Ihr werden Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und Terrorpropaganda vorgeworfen. Damit drohen ihr bis zu 20 Jahre Gefängnis. Tolu weist die Vorwürfe zurück. In der Türkei sitzen derzeit nach Angaben von Hänsel elf Deutsche aus politischen Gründen in Haft. (ahe)
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