Viel Land für viel Golf
Viel Land, wenige Menschen: In Mecklenburg gibt es viele Golfplätze, deren Nutzung außerdem weniger kostet als in anderen Regionen. Aber bei der Vermarktung gibt es durchaus Lücken.
Es ist kalt. Die Temperaturen liegen gerade so über Null. Auf der Driving-Ranch holen sich Spieler ihre Ballkontingente aus dem Automaten: Immer 30 Stück für zwei Euro. Sie schieben ihre dreirädrigen Trolleys mit den Golftaschen zu den Abschlagsmatten. Heute können die Schläge nur geübt werden; über die Golfbahnen zieht noch der Frühnebel. Der Platz ist gesperrt. Ausreichend Zeit für Übungen mit Golftrainer Oliver Heuler:
"Die Erfahrungen die ich da mache sind immer die gleichen: Dass die Leute erst mal mit gewissen Vorbehalten kommen in die Richtung 'Na ja, ist das nicht viel zu teuer.' Aber auch in die Richtung 'Ist das überhaupt so spannend'. Und in dem Moment, wo der erste Ball getroffen wird - und sei es nur aus Zufall und weit durch die Luft fliegt, sagt eigentlich jeder 'Wow, das hätte ich nicht vermutet, wieviel Spaß mir das macht.'"
Cheftrainer Oliver Heuler beobachtet, wie zehn Männer skeptisch ihre Übungstaschen mit den Schlägern begutachten. Drei Männer werfen Golfbälle in die Luft, andere machen Luftschläge mit dem Driver, dem größtem Golfschläger im Sortiment. Ein Kegelclub hat sich zum Schnuppertraining angemeldet:
"Der Kegelclub, der vorher schon den Frühschoppen genommen hat, ist jetzt nicht mit der Überzeugung dahergekommen 'Ja, wir treten nachher in den Golfclub ein.' Aber die gehen häufig mit dem Gedanken 'Mensch, sollten wir doch mal überlegen, ob wir nicht noch mal kommen."'
Die letzten Jahre im Rückblick: Golf in Mecklenburg ist eine Erfolgsgeschichte
17 Golfplätze gibt es in Mecklenburg-Vorpommern und weitere Anlagen sind in der Planung. Vor elf Jahren waren es erst zwei Anlagen und die Mitgliederzahl lag knapp über der 1000er Grenze. Seither geht es mit der Sportart steil aufwärts. Von einem Golf-Boom-Land will Rüdiger Born, Präsident des Golfverbandes Mecklenburg-Vorpommern, trotzdem nicht sprechen:
"Aber grundsätzlich: Wenn man die letzten Jahre betrachtet, dann ist es durchaus eine Erfolgsgeschichte. Also man darf das auch nicht falsch sehen. Wir haben gegenwärtig 15.000 Mitglieder, das ist mehr als die Bundesländer Sachsen und Thüringen zusammen haben."
Einmal im Jahr kommt Bernhard Langer zu einem Profi-Turnier der Senioren nach Mecklenburg-Vorpommern. Preisgeld: 300.000 Euro. Langer hat als Profi-Golfer den Sport in Deutschland bekannt gemacht. Seine Bilanz:
"Wir haben uns sicherlich sehr entwickelt seit den 80er Jahren. Wir hatten wenige Golfplätze, fast keine öffentlichen Anlagen. All das hat sich entwickelt. Sicherlich nicht explosiv wie Tennis damals, was aber vielleicht gar nicht schlecht ist. Denn wenn man zu viele Anlagen auf einmal baut, dann hat man vielleicht Schwierigkeiten."
Bernhard Langer kennt sich aus, denn viele Golfclubs im Bundesland stecken in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Einigen Golfinvestoren droht sogar die Insolvenz. Rüdiger Born nennt Gründe:
"Der Unterhalt eines Golfplatzes kostet in etwa 500.000 Euro im Jahr. Dann sind da die Investitionskosten und vor allem muss man auch das Knowhow haben. Und gerade in Bereichen wie Golf wird auch mal gerne das Hobby zum Beruf gemacht."
Die regionale Identität ist ein wichtiger Faktor
Was der Golfpräsident nicht sagt: Die meisten Golfclubs bzw. Golfclub-Besitzer sind an der wirtschaftlichen Talfahrt selbst schuld, weil sie auf ihren Anlagen eher die Vorurteile bestätigen als Golf als Breitensport bekannt zu machen:
"Das beginnt mit der regionalen Identität, wie man sich hier verwurzelt fühlt, weil, es sind natürlich zu großen Teilen Investoren gewesen, die aus anderen Bundesländern gekommen sind. Sie müssen einfach stärker im Netzwerk arbeiten und sie müssen auch die entsprechenden Angebote im Land nutzen, sprich: sich auch einbringen."
Zwischen 900 und 1500 Euro Jahresbeitrag verlangen die Golfclubs im Land und liegen damit deutlich unter den Tarifen von Clubs aus den alten Bundesländern. Allerdings gehören dort die meisten Clubs den Mitgliedern und nicht irgendwelchen anonymen Investoren, die nur Interesse daran haben, dass ihre Anlagen wirtschaftlich florieren. Eine Zusammenarbeit der Clubs, wie in anderen Bundesländern, gibt es in Mecklenburg-Vorpommern nicht, was Tobias Woitendorf vom Tourismusverband kritisiert:
"Daneben sind sicherlich Kooperationen der Plätze untereinander und das muss ja nicht an einer Bundesland-Grenze halt machen. Durchaus gibt es da noch Chancen, um die Attraktivität der Golfregion Mecklenburg-Vorpommern zu erhöhen."
Genug geschnuppert. Die Golf-Übungsstunde ist vorbei. Die Mitglieder des Kegelclubs packen ihre Schläger ein. Bis auf zwei Männer. Sie wollen weiterspielen, wollen "mindestens noch 100 Bälle schlagen", sagen sie. Und der Golftrainer lächelt wie ein Angler, der einen kapitalen Fisch am Haken hat.