Medien

Ein Plädoyer für konstruktiven Journalismus

Blick hinter die Kulissen bei der Tagesschau.
Katastrophen und Kriege beherrschen oft die Nachrichten. Konstruktiver Journalismuis könnte da eine lohnende Ergänzung sein © picture alliance / dpa / Marcus Brandt
Tobias Hochscherf im Gespräch mit Liane von Billerbeck |
Verbrechen, Pannen, Katastrophen: Journalisten stellen die schlechten Nachrichten gern in den Mittelpunkt. Mehr Konstruktives wünscht sich dagegen der Medienwissenschaftler Tobias Hochscherf.
Halb Nordengland steht unter Wasser und die britische Regierung hat zu wenig Geld in den Hochwasserschutz investiert. Fast die Hälfte der Deutschen verstehen ihre Steuererklärung nicht – auch rund um die Feiertage fehlt es nicht an schlechten Nachrichten. Einige Zuhörer meinen da: Bringt doch mal etwas Positives.
Zu viele Verbrechen und Katastrophen
"Grundlegend ist ein bisschen was falsch gelaufen im Journalismus in den letzten Jahren", sagte der Professor für audiovisuelle Medien von der Fachhochschule Kiel, Tobias Hochscherf, im Deutschlandradio Kultur. "Denn Negativismus ist ein entscheidender Faktor bei der Nachrichtenauswahl geworden, neben örtlicher Nähe, Relevanz, Prominenz." Das führe leider dazu, dass oftmals nur über Verbrechen, Tragödien, Pannen und Katastrophen berichtet werde.
Gute Beispiele oder Erfolgsgeschichten als Themen
Hochscherf erinnerte an den Satz des verstorbenen Spiegel-Herausgebers Rudolf Augstein, dass die Aufgabe von Journalisten sei, zu sagen, was ist. Das bedeute, dass auch das Positive dazugehöre, gute Beispiele oder sogar Erfolgsgeschichten. Es gebe Regionen in der Welt, die beispielsweise gute Lösungen für den Hochwasserschutz gefunden hätten oder Staaten, deren Steuererklärung verständlicher sei. Dies darzustellen sei das Anliegen des konstruktiven Journalismus. Er zeige Beispiele auf, die helfen könnten, unser Leben zu verbessern. "Deshalb ist konstruktiver Journalismus sicherlich auch besser als zum Beispiel positiver Journalismus als Begriff", sagte der Medienwissenschaftler.
Journalisten auch weiter unbequeme Kritiker
Hochscherf sagte, es gebe Themen, wo sich dieses Vorgehen nicht eigne. "Es ist eine vornehmliche Aufgabe von Journalisten unbequeme Kritiker zu sein." Es sei weiterhin die Aufgabe von Journalisten, Dinge aufzudecken, die nicht gut liefen. Sie müssten Politikern und Institutionen auf die Finger schauen, berichten, was nicht funktioniert und Skandale offenlegen. "So ein bisschen sind Journalisten auch Mephisto als Geist, der immer verneint." Der konstruktive Journalismus sei keine Abkehr von diesen Aufgaben, sondern er ergänze das Rollenverständnis von Journalisten. Hochscherf nannte als Beispiel die Flüchtlingskrise, bei der es auch Berichte gegeben habe, die positive Beispiele für den Umgang mit Flüchtlingen thematisierten.
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