Medien in der Türkei

Zensur und Selbstzensur

Eine Ausgabe der türkischen Tageszeitung Hürriyet steckt in einem Zeitungsständer.
Regierungskritische Medien wie die Zeitung "Hürriyet" stehen derzeit unter großem Druck © dpa/picture-alliance/Wolfgang Moucha
Luise Sammann im Gespräch mit Marianne Allweiss |
Um die Pressefreiheit in der Türkei ist es schlecht bestellt. Nicht nur weil kritische Journalisten verhaftet und angeklagt werden. Sondern auch weil die Regierung die Medien wirtschaftlich unter Druck setzen kann. Denn viele Medienbosse seien auch im Bausektor tätig, sagt Luise Sammann.
Dass es um die Pressefreiheit in der Türkei derzeit schlecht bestellt ist, wurde spätestens seit der Verhaftung regierungskritischer Journalisten im November deutlich. Weniger Aufmerksamkeit hat dagegen bisher ein vielleicht noch größeres Problem bekommen: die starke Verflechtung zwischen Medien und Wirtschaft in der Türkei, die zu vermehrter Selbstzensur führt.
Wer die Regierung kritisiert, bekommt keine Bauaufträge mehr
"Fast jeder Medienboss in der Türkei ist gleichzeitig im Bausektor oder im Energiesektor tätig", berichtet unsere Korrespondentin Luise Sammann.
"Da funktioniert das System dann einfach so, dass diese Leute ganz genau wissen, wenn ihre Zeitung oder ihr Fernsehkanal schlecht über die AKP-Regierung berichtet, dann gehen sie bei der Ausschreibung des nächsten Milliardenprojekts eben leer aus."
In einem aufstrebenden Land wie der Türkei mit seinen zahlreichen öffentlichen Bauprojekten spiele das eine große Rolle:
"Oft reicht dann schon ein Anruf von einem Politiker, und sofort entlassen diese Medien- und Wirtschaftsbosse einen ungewünschten Chefredakteur oder sorgen dafür, dass ein geplanter, kritischer Artikel eben gestrichen wird."
Keine wirklich freien Medien mehr
Ein weiteres Problem der Presselandschaft in der Türkei sei, dass es keine wirklich unabhängigen Medien mehr gebe, so unsere Korrespondentin:
"Die meisten Medien sind tatsächlich inzwischen direkt mit Erdogan bzw. der AKP verbandelt. Und die anderen sind wiederum mit der Opposition verbandelt. Das heißt, dass man einfach eine ganz freie Berichterstattung, die weder auf die eine noch auf die andere Seite zielt, mal hat, das findet man hier eigentlich gar nicht mehr."
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