Bettelnde Roboter und dudelnde Matratzen
Ein Roboter, der in Einkaufszentren bettelt, eine Matratze, die Dudelsack spielen kann: Auch in diesem Jahr wusste die Ars Electronica in Linz mit witzigen Installationen zu überzeugen.
Es hämmert, pfeift und piepst im Dritten Untergeschoss des Ars Electronica Center, wo die Ausstellung "Device Art", übersetzt "Geräte-Kunst", gezeigt wird. Diese Kunstform wurde vor zehn Jahren von Hiroo Iwata von der Universität Tsukuba in Japan mitbegründet. Bei "Device Art" ist das Gerät der Inhalt. Die Kunstwerke sind spielerisch und können für den Alltagsgebrauch vermarktet werden.
Wie zum Beispiel "Otamatone" - ein Musikinstrument in Form einer Musiknote mit Augen und Mund. Entwickelt wurde es von Nobumichi Tosa und dem skurril-komischen Künstlerkollektiv Maywa Denki.
Zum Spielen greift man mit einer Hand auf den Notenhals und mit der anderen auf den Kopf, wie eine Ausstellungsbetreuerin erklärt:
"Ich kann hier auf der Griffleiste spielen, und wenn ich da rechts links auf die Noppen drücke, kann ich das Mündchen auch noch öffnen und so den Ton variieren."
Das Zeug zum Produkt hat auch "Popapy" von Masahiko Inami und Kentaro Yasu von der National University of Singapore. Die gefalteten Tiere und Autos aus Papier haben es in sich, erklärt Yasu:
"Auf der zweidimensionalen Postkarte ist ein Stück Kunststoff aufgeklebt, der bei Hitze schrumpft. Ein Stück Aluminium dient als Wärmeleiter. Steckt man die Karte in die Mikrowelle, faltet sie sich selbst zum 3D-Objekt."
Sehr nützlich ist auch der "Beggar Robot" des slowakischen Künstlers Sašo Sedlaček. Er ist aus alten Computern als Körper und einem kleinen Bildschirm als Kopf gebaut und hat Hände aus Leiterplatten.
Sašo Sedlaček hat den Roboter in Einkaufszentren aufgestellt, wo bettelnde Menschen üblicherweise vertrieben werden. Der Roboter durfte bleiben.
Durch Pumpen entsteht Musik
Das Soziale stand auch für den Bulgaren Ivan Petkov im Vordergrund, als er seine "Mattresspipe" entwickelte. Petkov studiert in Linz "Interface Cultures", der Studiengang zeigt Studentenarbeiten am Hauptplatz. Die Mattresspipe ist eine große Luftmatratze, an der ein Blasebalg und zwei Schläuche mit Flöten der traditionellen bulgarischen Sackpfeife angeschlossen sind. Durch Pumpen und Bewegungen auf der Matratze entsteht Musik.
"Das ist mit diesem Ziel gemacht damit dieses Instrument von einem individuellen Instrument zu einem kollaborativen Instrument wird. Und es geht darum dass es uralte Technologie verwendet in Verbindung mit einem Konsumprodukt."
Auch César Escudero verbindet Alt und Neu in seinem "Tapebook". Er hat Facebook-Postings über Medienkunst von Künstlern und Philosophen mit Google Translate vorlesen lassen und auf alte Audiokassetten aufgenommen, die man sich mit einem Kassettenrekorder anhören kann.
Die Ausstellungen, Konzerte, Vorträge und Diskussionen der Ars Electronica sind über die ganze Innenstadt von Linz verteilt. Damit man alle Events findet, gibt es dieses Jahr besonders viele geführte Touren, auch an versteckte Orte wie den Bischofshof. "Sonotopia" heißt die Audio-Installation der beiden Linzer Anatol Bogendorfer und Peter Androsch im Innenhof des barocken Gebäudes, für die sie den Klang des Raumes aufgenommen und arrangiert haben und über Regenrinnen, Kanalgitter, Fenster und Gewölbe wieder abspielen.
Meditatives Spiel für Auge und Ohr
Vom Bischofshof ist es nicht weit zum Mariendom, der ebenfalls als Ausstellungsraum genützt wird. Im linken Seitenschiff hat der Künstler und Musiker Ei Wada aus Tokyo sechs Tonbandmaschinen hochkant aufgestellt und am Ende jedes Magnetbandes einen Heliumballon befestigt. Wird das Band abgespielt, steigt der Ballon hoch, wird es zurückgespult, wird er hinuntergezogen. So entsteht ein meditatives Spiel für Auge und Ohr mit dem Namen "Flying Records".
Ein Highlight der Ars Electronica war sicherlich die achtminütige Performance "Mirage" des japanischen Künstlerkollektivs "Grinder-Man" im Dom. Der Besucher trägt einen Datenhelm, vor ihm gehen zwei Tänzer rasch hin und her. Was er in seinem Helm sieht, ist aber nur zum Teil das, was soeben geschieht. Manchmal sieht er die Tänzer in der Gegenwart, manchmal aus der Vergangenheit, manchmal überlagern sich zwei Aufnahmen. Die Performance hat zum Ziel, unsere Vorstellung von der Wirklichkeit zu verändern.
Radikal Neues hat die Ars Electronica ansonsten diesmal nicht gezeigt. Gut gelungen ist jedoch der Versuch, die Kulturinstitutionen zu öffnen und die Medienkunst überall in der Stadt zu zeigen.