Medienkongress

Pressefreiheit, Pegida und Hass

Pressefreiheit und Meinungsfreiheit sind bedroht
Pressefreiheit und Meinungsfreiheit sind bedroht © Imago / Martin Bäuml Fotodesign
Von Ludger Fittkau |
Hass, Verleumdung, Ressentiments: Das Internet setzt Journalisten nicht nur durch User-Kommentare unter Druck. Die Jagd nach hohen Klickzahlen verändert auch die Berichterstattung. Wie sich ihre Branche gewandelt hat, diskutierten Journalisten bei einem Kongress in Frankfurt.
Das Image der Journalisten war nie sehr groß. Nach den Politikern sind sie die am Schlechtesten angesehene Berufsgruppe. Daran erinnerte gleich zu Beginn der Frankfurter Diskussionsveranstaltung Brigitte Fehrle, Chefredakteurin der Berliner Zeitung. Mit Liebesentzug könne der Journalismus leben. Doch der Pegida-Slogan "Lügenpresse" sei etwas ganz anderes, so Fehrle:
"Diese Art von Hass und Bösartigkeit und Verleumdung, die ist schon neu und die macht mir auch persönlich wirklich Sorgen. Dieses Wort Lügenpresse ist ja ein Wort, dass den Journalismus wirklich beschmutzen soll und was ihn herabwürdigen soll. Und was mir daran Sorgen macht ist, dass offensichtlich von vielen Leuten nicht erkannt wird, dass wenn wir sagen: Meinungsfreiheit, Pressefreiheit – das es kein Privileg der Journalisten ist, sondern dass es eine gesellschaftliche Errungenschaft ist."
Thomas Ammann, Vizechefredakteur des "Stern" berichtete auf dem Podium von körperlichen Übergriffen auf Kollegen während der Pegida-Demonstrationen. Im Grund aber, so Ammann, ginge es den Dresdener Demonstranten nicht um das freie und wahrhaftige Wort, wenn sie "Lügenpresse" skandieren:
"Es geht ja darum, dass die Presse schreiben soll, was die Demonstranten oder die, die da die Aktivisten sind, eigentlich wollen. Wenn man es nicht tut, ist man die Systempresse. Und beides sind Begriffe, die wir ja hinlänglich kennen – eben auch aus der Zeit des Nationalsozialismus. Insofern sind Journalisten ja immer Ziel von Angriffen, wenn wir nicht tun, was der jeweilige Betroffene erwartet."
Klar ist aber auch: Journalisten sind nicht die Hauptgegner der Pegida-Bewegung. Das unterstrich Mathias Müller von Blumencron, der Chefredakteur "Digitale Medien" der FAZ . Die Medien seien aus Sicht der Dresdener Demonstranten nur ein Teil des Gesamt-Systems, gegen das sie sich wenden:
"Wir haben hier eine anti-elitäre Bewegung, die nicht nur Journalisten trifft, sondern im Prinzip das gesamte Establishment und noch viel, viel mehr Leute. Eigentlich alle, die Funktionen in Unternehmen, Medien, Staat und sonst wie einnehmen."
Das Fernsehen ist auch von Empörungsspiralen betroffen
Auch das Fernsehen sei nicht von den aktuellen Empörungsspiralen im öffentlichen Raum ausgenommen, versicherte Peter Kloeppel, Chefmoderator von RTL. Gerade das Internet trage maßgeblich dazu bei, die gesellschaftliche Kommunikationsatmosphäre zu vergiften:
"Und das diese Diskussionen im Internet, in dem natürlich auch Foren existieren, und in denen natürlich auch gewissen Brandbeschleuniger unterwegs sind, und auch tatsächlich so eine Eskalationsspirale existiert."
Ernsthafte Kritik von Lesern wird ernstgenommen
Ernsthafte Kritik-Mails der Online-User an die Redaktionen müssten auch ernst genommen werden, Hass-Schreiben jedoch werden geblockt. Darüber herrschte Konsens in der Frankfurter Journalisten-Runde.
Mathias Müller von Blumencron hob schließlich noch das Positive hervor, dass das Internet aus seiner Sicht mit sich gebracht habe. Der FAZ-Online-Chef betonte trotz vieler Meinungsäußerungen voller Ressentiments im Netz das demokratische Potential dieses Mediums:
"Ich glaube, dass sich Journalismus zum Besseren verändert hat. Das sich Informationsmöglichkeiten, die wir den Lesern übers Netz geben über die vielen, vielen exzellenten Stories, die mittlerweile übers Netz entstehen, sind gigantisch gewachsen. Das Internet an sich ist das Beste, was dem Journalismus passieren konnte. Es hat neue Konkurrenz gebracht."
Von dieser Belebung profitiert der Journalismus, jedoch noch nicht die Verlage. Für sie ist das Internet nach wie vor ein Verlustgeschäft. Dennoch müssen auch die seriösen Zeitungen ihren Online-Auftritt weiterentwickeln, verlangte die Chefredakteurin der Berliner Zeitung, Brigitte Fehrle. Doch auch Online müssten journalistische Prinzipien weiter Geltung haben. Nicht alles, was angeklickt wird, sei auch wichtig. Bei der Berliner Zeitung sei die am meisten aufgerufene Geschichte eine Story über einen Hund im Dachsbau gewesen. Nett, aber nicht wirklich relevant, so Fehrle:
"Das Problem, das ich sehe ist, dass im Netz die Kriterien für Journalismus, die wir anwenden, mit dem was Allgemein an Informationen kreucht und fleucht, immer mehr verschwimmen. Und da ist unsere große Aufgabe, klarzumachen mit unseren Marken natürlich, was Journalismus ist und wofür der steht."
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