Medienpädagoge über Netflixserie "Squid Game"

Ein Thema für den Ethikunterricht

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Eine Szenenfoto aus einem Film: Männer in roten Uniformen tragen Maske und Gewehre. Vor ihnen liegen Menschen in grünen Overalls im Sand.
Bis zum bitteren, brutalen Ende: In "Squid Game" kämpfen Mittellose um das große Geld. Es ist ein Spiel auf Leben und Tod. © picture alliance / Netflix / Everett Collection |
Björn Friedrich im Gespräch mit Nicole Dittmer · 03.11.2021
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Ein Wettkampf auf Leben und Tod, brutal inszeniert: Gerade bei jüngeren Zuschauern ist die Netflixserie "Squid Game" beliebt. Dennoch müsse man nicht pauschal um das seelische Wohl jugendlicher Zuschauer fürchten, sagt Medienpädagoge Björn Friedrich.
"Rotes Licht – grünes Licht, wer sich danach bewegt ist tot!" Was nach einem Kinderspiel klingt, ist Teil von "Squid Game". Die koreanische Netflixserie erzählt seit September in neun Folgen die Geschichte von Menschen, die sich verschuldet haben und sich deshalb auf diese Spiele einlassen, weil am Ende ein Preisgeld in Millionenhöhe winkt.
Jedoch nur für einen von ihnen – alle anderen sterben. Es geht also ums nackte Überleben, die Reichen ergötzen sich als Publikum am Kampf der Armen. Und das wird so drastisch und brutal in Szene gesetzt, dass sich viele Erwachsene um das seelische Wohl der Kinder und Jugendlichen sorgen, die sich "Squid Game" mit großer Faszination anschauen.
Die Serie ist freigegeben ab 16 Jahren – doch viele Zuschauerinnen und Zuschauer sind offenbar deutlich jünger. Auf Schulhöfen würden die Spiele auf Leben und Tod bereits von Grundschülern nachgespielt, berichten Lehrkräfte. Wenn auch bislang ohne schwerwiegende Vorfälle.

Der Wettbewerbscharakter des Spiels fasziniert

Der Medienpädagoge Björn Friedrich, der für die bundesweite Einrichtung Studio im Netz tätig und selbst Vater eines elfjährigen Sohnes ist, beobachtet das Phänomen und seine Auswirkungen unter anderem auf Social-Media-Plattformen. Dort habe "Squid Game" bereits Spuren hinterlassen, beispielweise in Form von geteilten Memes:
"Es ist dieser Wettbewerbscharakter, der uns Menschen seit jeher fasziniert", erläutert er. "Spiele um Leben und Tod gab es auch schon in der Antike, etwa bei den Gladiatoren." Es gebe aus jüngerer Zeit bereits andere popkulturelle Adaptionen solcher Spiele, zum Beispiel "Die Tribute von Panem". Die Netflixserie sei allerdings brutaler inszeniert.
Seinem Sohn erlaube er deshalb nicht, sich "Squid Game" anzuschauen, sagt Friedrich. Er hält jedoch nichts davon, gleich von "pauschalen Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft" zu sprechen – etwa, dass die Serie zur Gewalt anstachele.

Wie spielen Kinder "Squid Game" nach?

Bezogen auf Kinder, die "Squid Game" auf Schulhöfen nachspielen, rät der Medienpädagoge dennoch, genau hinzuschauen. "Rotes Licht, grünes Licht" sei "an sich ein harmloses Spiel. Die Frage ist nur: Was passiert mit den Verliererinnen und Verlierern – wie werden die bestraft? Und wenn es da dann zu körperlichen Auseinandersetzungen kommt, zu Prügelstrafen oder ähnlichem, dann muss man natürlich einschreiten."
Grundsätzlich reagiere sicherlich jedes Kind anders auf die in "Squid Game" gezeigte Brutalität – je nach Vorerfahrung mit ähnlichen Medien. Während einige Kinder Angst zeigten, könnten andere die Bilder gut wegstecken.

In der Schule thematisieren

"Aber dadurch werden die Kinder ja nicht alle zu Massenmördern. Diese kausale Wirkung von Medieninhalten ist von der Forschung widerlegt." Deshalb müssten sich Eltern keine Sorgen machen, dass eine Serie wie "Squid Game" ihre Kinder "entscheidend beeinflusst".
Es sei sicherlich gut, sich die Serie gemeinsam mit den Kindern anzuschauen und darüber zu reden. Auch sei es überlegenswert, "Squid Game" vielleicht in der Schule ebenfalls zu thematisieren, etwa im Ethikunterricht.
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