US-Präsident Donald Trump erlässt ein Dekret gegen soziale Netzwerke, hören Sie hier einen Beitrag zum Thema von Arthur Landwehr: Audio Player
„Da treffen zwei Goliaths aufeinander“
06:42 Minuten
Trump gegen Twitter: Weil die Plattform zwei Tweets des US-Präsidenten einem Faktencheck unterzog, will Trump soziale Netzwerke nun per Anordnung in die Schranken weisen. Medienrechtler Tobias Gostomzyk erklärt das Kräftemessen.
Kein Tag ohne Trump-Tweet: Bisher profitierten Twitter und der US-Präsident voneinander. Doch nachdem das soziale Netzwerk zwei seiner Tweets als irreführend kennzeichnete und mit einem Faktencheck versah, schäumt Donald Trump. Nun hat er eine Anordnung unterzeichnet, die Plattformen wie Twitter und Facebook nicht länger vor Strafverfolgung schützt und ihnen verbietet, politische Aussagen zu kommentieren.
Tobias Gostomzyk, Medienrechtler an der TU Dortmund, interpretiert diesen Kampf so:
„Da treffen zwei Goliaths aufeinander, die auch eine gegenseitige Abhängigkeit haben. Auf der einen Seite hat Trump 80 Millionen Follower und nutzt die sozialen Medien, insbesondere Twitter, für den täglichen Post, den alle auch gut aus den Nachrichten kennen. Auf der anderen Seite ist ein Tech-Konzern, der keine Regulierung haben möchte und über den auch die US-Regierung an verschiedenen Stellen schon mal schützend die Hand gehalten hat.“
Eine Kränkung des US-Präsidenten
Die Konfrontation zwischen Trump und Twitter erklärt Gostomzyk im Hinblick auf den US-Präsidenten auch psychologisch: „Hier gibt es eine Kränkung.“ Die Kennzeichnung der zwei Tweets als Falschnachrichten habe das „Fass vielleicht erst zum Überlaufen“ gebracht.
Zuvor habe Trump Twitter bereits vorgeworfen, Informationen einseitig darzustellen und die Sichtbarkeiten zu beeinflussen. „Das geschieht bei sozialen Netzwerken über Moderation und auch über Algorithmen. Die sollen die konservative Partei benachteiligt haben.“
Gostomzyk interpretiert das Verhalten Trumps als Drohgebärde – vor allem im Hinblick auf den anstehenden US-Wahlkampf. Allerdings: „Trump legt auch seinen Finger in eine Wunde, die soziale Netzwerke angreifbar macht.“ Es gehe um die Frage, ob diese ein neutrales Forum seien oder ob sie auch Einfluss auf die Inhalte hätten.
Es gebe eine Vermittlungsstruktur, die Einfluss auf Meinungsbildungsprozesse habe, so der Medienrechtler. Dazu gehörten beispielsweise Algorithmen, die entsprechend programmiert werden – und auch das Fact-Checking.
Das Geschäftsmodell sozialer Medien auf der Kippe
„Hier ist man an einer Grundsituation angekommen, die die Verantwortlichkeit von sozialen Netzwerken wie in einem Brennglas thematisiert“, resümiert Gostomzyk auch im Hinblick auf Bestrebungen in der EU, die Tech-Konzerne zu reglementieren. Er denke aber nicht, dass der Konflikt so weit gehen werde, dass es eine Verantwortlichkeit für jeden Inhalt gebe. Dann würde das Geschäftsmodell sozialer Medien „auf der Kippe stehen“.
(bth)