Medienwissenschaftler zur Corona-Krise

"Nicht-Wissen auszuhalten, ist das große Kunststück"

13:55 Minuten
Menschen schauen die Rede der Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Wohnzimmer.
Viele Menschen haben gerade jetzt in der Coronakrise ein besonderes Informationsbedürfnis. © Getty Images / Justin Paget
Moderation: Britta Bürger |
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Seit Wochen beherrscht das Coronavirus die Berichterstattung. Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen zeigt sich mit deren Qualität zufrieden, rät aber zu einem besonnenen und gefahrenbewussten Umgang mit noch Unbekanntem.
"Diese Situation ist ernst und sie ist offen." Die Worte der Kanzlerin waren klipp und klar. Angela Merkel hat in ihrer Rede an die Nation deutlich gemacht, dass wir nicht wissen, wie lange die Corona-Krise dauern und wie sie ausgehen wird. Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen lobt diese Rede als "Meisterleistung der Krisenkommunikation". Wie aber steht es um die Krisenkommunikation in den Medien?

Glänzender Journalismus

Auch mit der journalistischen Leistung in diesen Tagen zeigt sich Pörksen durchaus zufrieden: "Der seriöse Journalismus informiert, oft auf glänzende, auch auf fragende und auch auf zweifelnde Weise", sagt er, "denn man muss ja etwas bewerten, was man so noch nicht bewerten kann, etwas erklären, was noch gar nicht ganz im Letzten erklärbar ist".
Auf der anderen Seite gebe es sehr viel Desinformation und zwar in Form von Verschwörungstheorien, die vor allem verharmlosten oder für Hysterie sorgten. Diese kursierten aber vor allem über über E-Mail, WhatsApp und soziale Medien.

Die fünfte Gewalt der vernetzten Vielen

Pörksen spricht von einem "längst medienmächtig gewordenen Publikum", das er "die fünfte Gewalt der vernetzten Vielen" nennt. Das Informationsbedürfnis der Leserinnen und Hörer auf der einen und das Nicht-Wissen der Journalisten auf der anderen Seite - zumindest in diesem Stadium kurz nach Eintreten eines Extremereignisses - führten dazu, dass ein Informationsvakuum entstehe, das aber bespielt werde.

Nicht-Wissen aushalten

Dies sei die Zeit der Spekulationen, Vermutungen und bloßen Behauptungen, so Pörksen. Schließlich gingen viele Medien oft sofort auf Sendung: "Also mit Nicht-Wissen umzugehen, Nicht-Wissen auszuhalten - auf eine besonnene Weise und dann aber auch auf eine gefahrenbewusste Weise. Das ist, glaube ich, das große Kunststück, das noch gelernt werden muss."
Für Pörksen beginnt Panikmache in den Medien dann, "wenn man gewissermaßen permanent und in Echtzeit irgendwelche Pseudo-Zäsuren vermittelt: Der 100. Infizierte da, der erste Tote dort." Der Medienwissenschaftler rät deshalb zu einer Informationsdiät, um nicht in einen Zustand ständiger Selbstverstörung oder Abwehr abzugleiten: Zwei, drei Mal am Tag informieren, reiche völlig aus.
(ckr)
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